Raucherkneipen: Initiative will auch letzte Ausnahmen verbieten

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Wer eine Zigarette zum Bier möchte, kann dafür in zahlreichen deutschen Kneipen drinnen sitzenbleiben. Beim Rauchverbot in der Gastronomie gibt es in den meisten Bundesländern Ausnahmeregelungen. Nur in Bayern, Nordrhein-Westfalen und im Saarland ist der Nichtraucherschutz strenger. Hier gehen Raucherinnen und Raucher zum Qualmen vor die Kneipentür. Für die Nichtraucher-Initiative Deutschland mit Sitz im bayerischen Unterschleißheim ist dieser «Flickenteppich an Regelungen» ein unhaltbarer Zustand. Ein bundesweites striktes Rauchverbot wäre ihr zufolge von Vorteil für Gäste und Beschäftigte.

Der Inhaber des Hofbräu Raucher Stüberl in Hamburg, Peter Krall, sagt: «Es gibt doch genug Nichtraucherkneipen, lasst doch die Raucherkneipen. Wenn ich mich wirklich daran störe, dann gehe ich da nicht hin.» Auf einer Feier für die Kippe vor die Tür zu gehen, findet er ungemütlich, außerdem sei es laut für die Anwohner. «Die Leute erkälten sich, die Leute frieren, das alles haben Sie bei uns nicht.» In seiner Kneipe gebe es außerdem seit fünf Jahren eine «riesige Luftaustauschanlage», so dass es deutlich weniger verqualmt rieche als in gewöhnlichen Raucherkneipen. Er habe viele Kneipen erlebt, die wegen des Rauchverbots pleite gegangen seien.

Ernst-Günther Krause von der Nichtraucher-Initiative sagt: «Wenn es wirklich nur Raucher wären, die in Raucherkneipen gehen, wäre es etwas Anderes.» Aber es gebe einen gewissen Gruppenzwang oder Partnerzwang für Nichtraucherinnen und Nichtraucher, mit in Raucherkneipen zu kommen. «Da heißt es dann gern "Hab' dich doch nicht so".» Aus Sicht des geschäftsführenden Vorstandsmitglieds Krause wird der Schutz der Raucher so über den Schutz der Nichtraucher gestellt, das sei unakzeptabel. Dabei könne doch jeder im Freien rauchen.

«Nach den guten Entwicklungen in Bayern oder in NRW müssen andere Länder jetzt nachziehen. Wenn ein großes Land wie Hessen sich dazu entscheidet, das hätte schon eine Signalwirkung.» Allerdings: Derzeit plane die Landesregierung nicht, die Regelungen im Hessischen Nichtraucherschutzgesetz zu verschärfen, teilt das Sozialministerium des Landes auf Anfrage mit.

Einer der beiden Geschäftsführer der 2022 eröffneten Kneipe Lotte am Zoo in Berlin-Charlottenburg sieht es pragmatisch. «So viele Raucherbars gibt es gar nicht, man hat gegebenenfalls schon einen Vorteil, wenn man das Rauchen erlaubt», sagt Marc Rosenfeld. Auch hier gibt es eine Abluftanlage, wie er betont. Es rauchten aber weniger Gäste als erwartet. «Liegt auch daran, dass wir viele Touristen zu Gast haben und im Ausland das Rauchen in Kneipen meist nicht mehr erlaubt ist.»

Rosenfeld geht davon aus, dass Deutschland da in den nächsten Jahren nachzieht. «Ich finde schon, dass Rauchen ein Stück weit zur Kneipenkultur dazugehört. Aber es wäre auch kein Weltuntergang, wenn es nicht mehr möglich wäre.»

Das Bezirksamt zählt in Charlottenburg-Wilmersdorf rund 200 Rauchergaststätten. Ein Überblick über die zahlenmäßige Entwicklung liegt hier nicht vor, anders als in Berlin-Mitte, wo das Bezirksamt einen Anstieg verzeichnet: «2017 gab es 66 Raucherkneipen im Bezirk. Aktuell sind dem Bezirk 88 Raucherkneipen bekannt.» Berliner Nichtraucher beklagen allerdings, dass die Regeln teils nicht eingehalten würden, weder von Wirten noch von Gästen, gerade bei späterer Stunde und steigendem Alkoholpegel.

Viele deutsche Städte erfassen die Anzahl der Raucherkneipen nicht statistisch. Die Stadt Mainz in Rheinland-Pfalz teilt mit: «Von der Tendenz her ist jedoch zu beobachten, dass der Trend eher zu einer Nichtraucherkneipe geht.»

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) kritisiert, in Raucherräumen und Raucherkneipen sei die Tabakrauchbelastung hoch und der Rauch ziehe auch in angrenzende Räume. Nur eine vollständig rauchfreie Umwelt gewähre einen umfassenden Schutz vor Passivrauchen. «Daher sollten die Bundesländer ihre Nichtraucherschutzgesetze überarbeiten und eine vollständig rauchfreie Gastronomie, einschließlich Verbot der Nutzung von Tabakerhitzern, E-Zigaretten und Wasserpfeifen, einführen», erklärt die Leiterin Stabsstelle Krebsprävention, Katrin Schaller.

Der Branchenbundesverband Dehoga bezeichnet die Rauchverbote mit klar definierten Ausnahmen als guten Kompromiss. «Es gilt: Dort, wo gegessen wird, wird nicht geraucht.» Das werde allgemein akzeptiert. «In Ländern wie NRW und Bayern mit einem strikten Rauchverbot sieht es leider anders aus. Hier sind die Umsätze in der getränkegeprägten Gastronomie eingebrochen, viele kleine Eckkneipen sind mit den Jahren auf der Strecke geblieben», heißt es von dem Bundesverband.

Die Dehoga Nordrhein erklärt rückblickend, die Situation sei anfangs schwierig gewesen. «Der Unmut hat sich aber längst gelegt, man hat sich gewöhnt», sagt die stellvertretende Geschäftsführerin Isabel Hausmann. «Es ist kein Thema mehr, das Gros unserer Gastronomen findet das gut. Solange nicht das Rauchen draußen verboten wird, sind Gäste und Gastronomen zufrieden mit der Situation.»

In Bayern gehen Kneipengäste seit 2010 zum Qualmen vor die Tür. In einem Volksentscheid hatte sich eine Mehrheit für ein strenges Rauchverbot in Gaststätten, Clubs, Kneipen und Bierzelten ausgesprochen. «Natürlich gab es damals im Nachgang zu der Entscheidung heftige Diskussionen», erinnert sich der Geschäftsführer der Dehoga in Bayern, Frank-Ulrich John. «Aber mittlerweile ist das überhaupt kein Thema mehr. Es wird gelebt, es funktioniert.» (dpa)


 

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