Schausteller warnen vor Sterben der deutschen Weihnachtsmarkttradition

| Gastronomie Gastronomie

Höchstens Glühwein to go statt geselliger Weihnachtsmärkte: Die Corona-Krise wirbelt liebgewonnene Adventstraditionen gehörig durcheinander. Die Schausteller warnen angesichts abgesagter Adventsmärkte gar vor einem Sterben der deutschen Weihnachtsmarkttradition.

Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Schaustellerbund (DSB), sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Schaustellergeschäft lebe von etwa 5000 Unternehmen, allesamt Familienbetriebe. «Wenn sie die Corona-Krise nicht überleben, wird es die Volksfeste und Weihnachtsmärkte, so wie wir sie kennen und lieben, zukünftig nicht mehr geben.» Das diesjährige Verbot von Festen und Weihnachtsmärkten komme «in seiner Wirkung einem Berufsausübungsverbot gleich» und bedeute für die Mehrzahl der Vereinsmitglieder einen kompletten Einnahmeausfall. Vielen drohe der Untergang.

Die Überbrückungshilfen des Staates seien lückenhaft und holten Schausteller kaum in der saisonbestimmten Lebenswirklichkeit ab, betonte der DSB. Der Verband glaube, dass Weihnachtsmärkte auch unter Corona-Bedingungen an frischer Luft möglich gewesen wären - etwa mit größeren Abständen und durchdachten Hygienekonzepten.

«Die Weihnachtsmärkte waren die letzte Chance der Schausteller, in diesem Jahr noch mit der eigenen Hände Arbeit Geld zu verdienen», betonte Hakelberg, «nachdem fast all unsere circa 10 000 Volksfeste den verordneten Schließungen zum Opfer gefallen sind».

Glühwein-to-go-Stände, wie sie mancherorts vor Cafés, Läden und Restaurants improvisiert werden, sehen die Schausteller als «Ungleichbehandlung», da diese Möglichkeit nur Gewerbetreibenden, die nicht vom Arbeitsplatz Volksfest abhängig seien, offenstehe.

In Erfurt dürfen offene alkoholische Getränke schon nicht mehr zum Mitnehmen verkauft werden. Damit werde ein Schlupfloch geschlossen, hieß es von der Stadt. Dort, wo Alkohol konsumiert werde, bildeten sich Gruppen und es entstehe eine hohe Infektionsgefahr.

Eigentlich eröffnen die meisten Weihnachtsmärkte im deutschsprachigen Raum nach Totensonntag, also ab diesem Montag (23. November).

Viele Märkte sind aber schon abgesagt worden wegen eines zu hohen Infektionsgeschehens, darunter der weltberühmte Christkindlesmarkt in Nürnberg und der Dresdner Striezelmarkt als einer der ältesten Weihnachtsmärkte der Welt.

In vielen Städten sollen nun lediglich Weihnachtsbeleuchtung und zentral aufgestellte Weihnachtsbäume für Stimmung sorgen.

Den Kommunen gehen dabei auch erhebliche Einnahmen verloren. Die Stadt Hannover zum Beispiel büßt einem Sprecher zufolge rund 440 000 Euro ein. Auch der Einzelhandel leidet, da sich Weihnachtsmärkte normalerweise belebend auf die Innenstädte auswirken und zusätzliche Besucher in die stationären Geschäfte ziehen.

Schon Anfang November hatten in einer Yougov-Umfrage für die Deutsche Presse-Agentur mehr als zwei Drittel der erwachsenen Bundesbürger damit gerechnet, dass Weihnachtsmärkte im Corona-Winter ausfallen.

Am Mittwoch wollen die Länderchefs zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise entscheiden. Für Montag wird erwartet, dass die Ländervertreter über einen Vorschlag beraten. Erwartet wird, dass die bis 30. November geltenden Einschränkungen verlängert oder gar verschärft werden.

In Baden-Württemberg hatte SPD-Landeschef Andreas Stoch einheitliche Corona-Regeln und klare Ansagen für Adventsmärkte gefordert. «Wenn wir im Dezember in einem Landkreis Märkte mit Maskenpflicht haben und im Nachbarkreis nicht, wenn es in einem Ort Alkohol-Ausschank gibt und im nächsten Ort nicht, dann gibt die Politik einen chaotischen Glühwein-Tourismus vor.» Corona-Hotspots von Feiernden vor Weihnachten müssten unbedingt verhindert werden.

Mancherorts gibt es indes kreative Lösungen, um Weihnachtsmärkte doch möglich zu machen. Am Niederrhein ist ab 10. Dezember in Kalkar ein «Drive-In»-Weihnachtsmarkt auf dem weitläufigen Gelände des Freizeitparks Wunderland geplant. Die Besucher sollen auf einer rund 2,5 Kilometer langen Strecke in ihren Autos bleiben und auf dem einstigen Kraftwerksgelände Kunstschnee, Musik, Eintopf und Glühwein sowie eine Krippe mit echten Kamelen geboten bekommen. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Im Zuge der Neupositionierung des Conservatorium Hotels als Mandarin Oriental Conservatorium, Amsterdam eröffnet Anfang 2026 das erste Ottolenghi-Restaurant in den Niederlanden.

Der Lieferando Report 2025 analysiert die aktuellen Entwicklungen im deutschen Liefermarkt. Neben einem massiven Wachstum bei koreanischen Gerichten und viralen Food-Trends etabliert sich der Dienst zunehmend als Lieferquelle für Non-Food-Artikel.

Die Jeunes Restaurateurs Deutschland ziehen Bilanz für das Jahr 2025. Neben der politischen Arbeit im Bundestag und dem Einsatz für einen reduzierten Mehrwertsteuersatz standen soziale Charity-Projekte sowie kulinarische Innovationen im Mittelpunkt.

Die Mercedes-Benz Gastronomie führt am Standort Sindelfingen einen autonomen Kochroboter ein. Das System soll ab Sommer 2026 die Kapazitäten in der Kantine erhöhen und eine durchgängige Mahlzeitenversorgung für Schichtarbeiter gewährleisten.

Tschechien hat mit der feierlichen Michelin-Gala am 11. Dezember einen bedeutenden Meilenstein erreicht: Erstmals vergab der Gourmetführer landesweit Auszeichnungen und beschränkte sich damit nicht mehr nur auf die Hauptstadt Prag.

Eine aktuelle Untersuchung des Zahlungsdienstleisters SumUp zeigt die Hauptsorgen von Kleinunternehmen in der Gastronomie. Gestiegene Betriebskosten und der Fachkräftemangel führen zu reduzierten Gewinnspannen und fordern von den Betrieben schnelles Handeln.

Die britische Gastronomiekette Heavenly Desserts expandiert nach Deutschland. Das Unternehmen eröffnete jetzt seine erste Filiale auf dem deutschen Markt. Standort ist das Westfield-Center in Hamburg.

Die Boilerman Bar in der Hamburger HafenCity präsentiert sich nach Umbau mit einem neuen Interieur und erweitertem Platzangebot. Ein interner Wechsel an der Spitze der Bar-Leitung ist vollzogen. Der Fokus liegt weiterhin auf Highballs, insbesondere mit Rum.

Die aktuelle Selektion des Guide Michelin für die Türkei umfasst insgesamt 54 neue Restaurants. Mit der erstmaligen Aufnahme der Region Kappadokien in den Guide spiegelt die Auswahl die kulinarische Vielfalt des Landes wider und umfasst nun Istanbul, Izmir, Muğla und Kappadokien.

Eine aktuelle Umfrage in der Hamburger Gastronomie beleuchtet, welche Kriterien für Gäste bei der Restaurantwahl ausschlaggebend sind und wie sich das Konsumverhalten über verschiedene Altersgruppen hinweg verändert.