Soft-Skills: Was sich für Gastronomen immer auszahlt

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Gastronom gehört zu denjenigen Berufen, die in Deutschland jeder selbstständig ausüben darf, ohne dazu eine besondere Berufsausbildung genossen zu haben – wenngleich es natürlich dennoch verschiedenste Vorgaben und zudem mehrere berufsspezifische Ausbildungen gibt; etwa die Fachkraft für Gastronomie.

Viele Gastronomen sind deshalb Quereinsteiger, selbst wenn in der Praxis eine erhebliche Mehrheit zumindest einschlägige Berufserfahrung besitzt, beispielsweise als Koch. Häufig fokussieren sich diese Personen deshalb für ihre Fortbildung (respektive Weiterbildung, als völliger Gastro-Neuling) ausschließlich auf die Kernfähigkeiten eines Gastronomen. Namentlich Betriebswirtschaft, Personalmanagement und natürlich die grundsätzliche Gestaltung von Speisen und Getränken.

Doch so wichtig diese Hard-Skills sind, so sehr zeigt sich der Unterschied zwischen einem Gastronomen und einem exzellenten Gastronomen darin, dass letzterer zusätzlich ein breites Feld von Soft-Skills besitzt. Weniger direkt-unternehmerische Fähigkeiten, die dafür aber für den erfolgreichen Betrieb eines Hauses und sehr zufriedene Gäste fast noch wichtiger sind als die genannten Hard-Skills.

1. Lagerhaltung

Für viele Gastronomen beschränkt sich das Thema Lagerhaltung auf drei Dinge:

  1. Es gelten die Vorgaben von HACCP und Gute-Hygiene.
  2. Alles muss aus wirtschaftlicher Sicht nach dem Motto „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ vorhanden sein.
  3. Die am schnellsten ablaufenden Zutaten werden zuvorderst gelagert.

Sicherlich sind das wichtige Kerninhalte, jedoch ist eine gastronomische Lagerhaltung deutlich breiter aufgestellt. Sie umfasst ein Lagern auf eine Weise, durch die jede Zutat hinsichtlich der Häufigkeit ihrer Benutzung zugriffsbereit untergebracht wird.

Das Thema betrifft außerdem korrekte Unterbringungsmethoden hinsichtlich der praktischen Anforderungen einer möglichst reibungslosen Arbeitskette. Und nicht zuletzt vergisst gute Lagerhaltung niemals die Technik:

Ein Gastronom sollte zumindest wissen, wie man einen Hubwagen nicht nur fehlerfrei bedient, sondern ihn schnell und dennoch schadlos durch womöglich enge Gänge und Kurven lenkt. Je nach Art der Gastronomie kann dies sogar deutlich größere Lagertechnik umfassen. Bei Gabelstaplern jeglicher Größe sind die Sicherheitsanforderungen sehr detailliert und umfangreich, womit aber naturgemäß eine sehr hohe Leistungsfähigkeit dieses Fahrzeugs einhergeht; wichtig nicht zuletzt in der Systemgastronomie.

Viele Kammern bieten verschiedene diesbezügliche Schulungen an. Sie wahrzunehmen, ist definitiv für keinen Gastronomen vergeudete Zeit.

2. Grafische Gestaltung

Die Karte gehört zu denjenigen Dingen, die viele Gastronomen selbst gestalten – aus verständlichen Gründen. Ebenso übernehmen viele das Design des Türschildes, zudem Flyer und eine ganze Reihe anderer grafischer Elemente.

Leider, so muss man sagen, lässt sich derartiges sogar in guten Häusern oft bemerken – es mangelt schlicht an der Expertise. Erneut gilt: Ein Gastronom muss definitiv kein Profi-Grafiker sein. Aber wenn er zumindest maßgebliche Elemente seines Hauses selbst gestalten möchte, sollte er Verständnis der folgenden Dinge besitzen:

  • Der generelle Umgang mit einem fähigen Grafikprogramm. Das muss nichts kosten. Das quelloffene, nichtkommerzielle „GIMP“ beispielsweise darf auch im gewerblichen Bereich genutzt werden – gilt allerdings als weniger anwenderfreundlich als kommerzielle Konkurrenzprodukte.
  • Die Zusammenhänge zwischen den Farben.Nicht jede Farbe darf mit jeder anderen kombiniert werden. Außerdem gilt es, sie im Rahmen von gastronomischen Corporate Colors gezielt zu kombinieren und einzusetzen.
  • Die Wirkung von Schriftarten und grafischen Elementen. Ein Gastronom muss vielleicht kein eigenes Logo für das Haus gestalten können. Wohl aber sollte er in der Lage sein, grafische Elemente und Schriften zu einem optisch stimmigen Gesamtbild zu kombinieren.

Hierzu sind definitiv keine Betriebsausgaben nötig. Entsprechende Lehrvideos finden sich unter anderem auf YouTube zuhauf. Bloß sollten Gastronomen sich die Zeit nehmen, diese nicht nur aufmerksam anzuschauen, sondern nach ihren Vorgaben und Tipps zu arbeiten.

Wichtig: Natürlich gehört es ebenso dazu, sämtliche Schriftstücke vor Veröffentlichung von einer kundigen Person auf ihre Rechtschreibung überprüfen zu lassen. Fehler an gut sichtbarer Stelle (etwa in der Karte) können schwer auf einem ansonsten positiven Image lasten.

3. Musikverständnis

Musikalische Hintergrunduntermalung gehört in vielen Häusern dazu – und trägt definitiv zu einem insgesamt attraktiven Ambiente bei. Tatsächlich trägt Musik jedoch sehr starke Züge eines „Züngleins an der Waage“:

  • In jeglicher Hinsicht gute Musik kann das Gasterlebnis bereichern, ja sogar den Konsum und die Verweildauer steigern.
  • Schlechte Musik hingegen kann das nicht nur ins Gegenteil verkehren, sondern sogar ein anderweitig schlüssiges Gesamtkonzept gefährden.

Einfach formuliert: Wenn bei einem guten Italiener zum dritten Mal innerhalb nur einer Stunde „Una festa sui prati“ oder ein ähnlicher bekannter italienischer Schlager überlaut an den Gästenerven feilt, schmeckt das beste Risotto Calabrese gleich weniger gut – und das restliche Ambiente verliert ebenfalls seinen Glanz.

Sollte ein guter Gastronom ein DJ sein? Ja, ein Stück weit durchaus. Zumindest sollte er verstehen, wie wichtig die richtige Musik zum Essen ist und deshalb in der Lage sein, passende von unpassenden Stücken unterscheiden zu können. Ferner sollte er nicht nur auf „Play“ drücken, sondern Gästestimmungen analysieren und darauf basierend gezielt Musik spielen können.

Viele Gastronomen (selbst in hochstehenden Häusern) machen es sich hier deutlich zu einfach. Oft wählen sie beispielsweise die im Internet breit verfügbaren Playlists und lagern somit eine extrem wichtige Fachkompetenz an unbekannte Dritte aus.

Natürlich muss das alles mit der GEMA in Einklang gebracht werden. Einzig auf GEMA-freie Musik zu setzen, kann jedoch ebenso wenig die Antwort aller Fragen sein, wenn die Musik mehr sein soll als ein Hintergrund, weil er einfach dazugehört.

Zudem sollten Gastronomen ein Mindestverständnis für Schallausbreitung und die dahinterstehende Technik mitbringen. Was im Restaurant hinter dem Tresen gespielt wird, kann an nahen Tischen viel zu laut, dafür an weiter entfernten Orten gar nicht mehr hörbar sein.

4. Getränkekunde

Muss der Betreiber einer klassisch-deutschen Schankwirtschaft ein Getränkeexperte sein? Wohl kaum. Hier lässt die häufige Bindung an die Brauerei bereits grundsätzlich nicht viel Variation zu. Zudem werden nur wenige Gäste in einem solchen Haus komplexere Getränke wünschen, die über Longdrinks und einige wenige Weine und Basis-Spirituosen hinausgehen.

Doch bereits in einer nicht minder klassisch-deutschen Speisegaststätte sollte der Gastronom deutlich mehr von Getränken verstehen – ähnlich wie in praktisch allen anderen gastronomischen Spielarten.

Leider handelt es sich hierbei um eine etwas in Vergessenheit geratene Kunst; zumindest außerhalb von Häusern, die gezielt mit einer großen Getränkeauswahl werben: Viele Gastronomen verstehen es kaum mehr, den Gast beispielsweise für das richtige Getränk zum Essen zu beraten. Entweder wird das Thema dann gar nicht angesprochen oder auf die Kenntnisse des Gastes ausgelagert.

Erneut genügt Basiswissen hier nicht. Wer etwa zum Fisch grundsätzlich nur zu Weißwein raten kann, bietet keine wirkliche Beratung, sondern schränkt nur die Auswahl des Gasts auf der Karte etwas ein: Zur Forelle Blau ein Chardonnay, Grauburgunder oder doch eher ein Riesling? 

Es bietet sich diesbezüglich für ambitionierte Gastronomen durchaus an, önologische Basiskurse beziehungsweise solche zu anderen Getränken zu absolvieren. Solche Lehrgänge sind oftmals Ein- oder Zweitagesveranstaltungen. Das macht zwar aus einem Gastronomen sicherlich keinen Sommelier (diese sehr umfangreiche Spezialausbildung dauert mindestens ein halbes Jahr). Wohl aber vermitteln die Kurse ein Mindestmaß an Wissen, um Gäste grundlegend zu beraten und die Getränkekarte in Eigenregie perfekt auf die Speisekarte abstimmen zu können.

5. Warenkunde

Sicherlich erhält nicht jeder Gastronom jede einzelne Zutat direkt vom Erzeuger. Für viele bedeutet der Einkauf, selbst auf Beratung angewiesen zu sein, etwa durch das Fachpersonal im Großhandel. Grundsätzlich ist daran nichts auszusetzen, solange ein Gastronom wenigstens über die Fähigkeit verfügt, die Qualität der Ware bewerten zu können, damit der Erfolg seines Hauses nicht allein von den Fähigkeiten des Großmarktpersonals abhängt.

Wer es jedoch darauf anlegt, ein eingangs erwähnter exzellenter Gastronom zu sein, der sollte erneut bereit sein, deutlich weiter zu gehen. Das bedeutet im Klartext: Sich möglichst rasch alle Kenntnisse anzueignen, die es über die im Haus verwendeten Produkte zu wissen gibt. Etwa:

  • Wie unterscheidet sich der Geschmack von Zucht- und Wildlachs und welche Rolle spielen Fanggebiet und -jahreszeit?
  • Wie genau setzen sich verschiedene Würzmischungen zusammen und wie wirkt sich dies auf den Geschmack einer Speise aus?
  • Wie wurden die Tiere für einen bestimmten Rinder-Cut ernährt? Um welche Rasse handelt es sich und was bedeutet das für Geschmack, Lagerhaltung, Zubereitung und Konsistenz?

Hier genügt es für exzellente Gastronomen beispielsweise definitiv nicht, im Großmarkt Schweinefilet aus europäischer Freilandhaltung zu kaufen. Da sollte schon bekannt sein, ob es sich etwa um ein echtes Ibérico handelt (das sich dementsprechend hauptsächlich von Eicheln ernährt und dabei sehr viel bewegt hat) oder welche exakte Nahrung die Tiere erhalten haben.

Ein exzellenter Gastronom ist automatisch ein ausgesprochener Warenkundler. Er weiß um sämtliche wichtige Fakten aller bei ihm eingesetzten Zutaten. Nur dadurch ist er in der Lage, seinen Gästen exakt seinen Vorstellungen entsprechende Speisen und Getränke höchster Qualität anzubieten und damit einen wirtschaftlich erfolgreichen Weg zu beschreiten, der sein Haus über diejenigen herkömmlicher Gastronomen erhebt.


 

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