Verdacht auf Menschenhandel: Vietnamesische Azubis verschwinden aus Berliner Berufsschulen

| Gastronomie Gastronomie

Vietnamesische Auszubildende in Berliner Berufsschulen sind das zentrale Thema einer rbb24 Recherche, die besorgniserregende Entwicklungen aufzeigt: Schüler erscheinen nicht mehr zum Unterricht, es gibt massive Sprachprobleme und den Verdacht auf Ausbeutung bis hin zum Menschenhandel. An der Brillat-Savarin-Schule in Berlin-Weißensee soll rund ein Drittel der vietnamesischen Schüler einfach verschwunden sein.

Großes Verschwinden: Ein Drittel fehlt im Unterricht

Die rbb24 Recherche beleuchtet das alarmierende Problem des Fernbleibens von Schülern an der Brillat-Savarin-Schule, einer der größten Ausbildungsstätten im Gastgewerbe in Deutschland. Sebastian Riesner, Vertreter der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und Mitglied der Schulkonferenz, schilderte im Rahmen der Recherche die Situation drastisch: "Niemand weiß, wo die abgeblieben sind".

Riesner äußerte die Befürchtung, dass die jungen Menschen "Günstigstenfalls in irgendwelchen Nagelstudios, schlimmstenfalls in der Prostitution, wo sie ihre Schulden abbezahlen" landen. Die Gewerkschaft spricht von "Arbeitskräfteschleusung und modernem Menschenhandel" und befürchtet, dass "viele der Azubis ganz und gar vom Arbeitsmarkt verschwinden, um in irgendwelchen schwarzen Arbeitsmärkten, Küchen oder Nagelstudios ihre Schulden abzuarbeiten."

Das Bundeskriminalamt (BKA) teilte auf Nachfrage der rbb24 Recherche mit, dass ihm "vereinzelt Hinweise zu potenzieller Ausbeutung von vietnamesischen Auszubildenden vor" liegen.

Massive Mängel bei Deutschkenntnissen trotz Zertifikat

Die rbb24 Recherche enthüllte zudem massive Verständigungsschwierigkeiten unter den vietnamesischen Azubis. Obwohl ein B1-Sprachzertifikat formal für das Ausbildungsvisum erforderlich ist, spricht ein Großteil der rund 700 Azubis aus Vietnam an der Brillat-Savarin-Schule kaum Deutsch.

Gerrit Buchhorn, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gastronomieverbands Berlin (Dehoga), beschrieb die Situation gegenüber der rbb24 Recherche als "sehr sehr schwierig." Er führte aus, dass die Azubis dem Unterricht kaum folgen könnten und die Lehrer "teilweise überfordert" seien. Der "Regelbetrieb [sei] schwierig aufrechtzuerhalten." Buchhorn schloss nicht aus, "Dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht." Ähnliche Probleme sollen laut NGG auch an anderen Berliner und bundesweiten Ausbildungszentren bestehen.

Undurchsichtiger Vermittlungsmarkt als Auslöser

Die rbb24 Recherche weist auf ein zwielichtiges Vermittlungssystem hin. Die Mehrheit der vietnamesischen Jugendlichen wird durch private Agenturen in Vietnam angeworben. Für diese Vermittlung verlangen die Agenturen nach Informationen der rbb24 Recherchebis zu 20.000 Euro. Viele junge Menschen nehmen dafür Schulden auf.

Die Migrationsexpertin Mimi Vu stuft den Markt als "undurchschaubar" ein und warnte, dass "Viele dieser privaten Vermittlungsagenturen sind Teil eines größeren internationalen Netzwerks organisierter Kriminalität" seien. Dies schließe den Handel mit gefälschten Sprachzertifikaten ein. Menschen, die hoch verschuldet und ohne Deutschkenntnisse nach Deutschland kämen, seien einem "extrem hohen Risiko ausgesetzt, hier ausgebeutet zu werden", so Vu.

Der Dehoga-Chef Buchhorn erhält nach eigenen Angaben "mehrere Mails die Woche mit Vermittlungsangeboten" und spricht von einem "ganzen Markt, der da herrscht."

Die Zahl der Auszubildenden aus Vietnam steigt indes kontinuierlich an. Allein im Jahr 2024 kamen deutschlandweit rund 4.000.

Forderungen nach staatlicher Regulierung des Systems

Als Reaktion auf die durch die rbb24 Recherche aufgezeigten Missstände fordern Interessensvertreter der Branche eine Regulierung des Systems. Der Dehoga Berlin bemängelt die fehlende Qualitätskontrolle der privaten Vermittlungsagenturen und wünscht sich ein Kontroll-System.

Die NGG stellt grundsätzlich die Überlassung der Azubi-Vermittlung an Privatfirmen in Frage. NGG-Vertreter Riesner fordert, die Anwerbung dürfe "eigentlich nur über die Bundesagentur für Arbeit laufen." Es bedürfe "klare, gesetzlich vorgegebene Rahmenbedingungen," denn "wenn Menschen in prekäre Beschäftigungsverhältnisse kommen oder hier gänzlich verschwinden, dann kann das einem Rechtsstaat nicht egal sein."


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Nach der Bestätigung eines Masernfalls im Landkreis Erding berichtet das Gesundheitsamt jetzt, dass der Behörde bislang keine weiteren Verdachts- oder Infektionsfälle gemeldet wurden. Die betroffene Person war während der infektiösen Phase in einer Filiale der Fastfood-Kette Burger King in Erding tätig.

Die internationale Expansion des Guide Michelin erreicht Neuseeland. Welche Auswirkungen die Aufnahme in den renommierten Führer auf die lokale Gastronomie und den Tourismus haben wird und welche Städte im Fokus stehen.

Nach der Bestätigung eines Masernfalls im Landkreis Erding ruft das Gesundheitsamt die Bevölkerung zur erhöhten Wachsamkeit und zur Überprüfung des eigenen Impfstatus auf. Die betroffene Person war während der infektiösen Phase in einer Filiale von Burger King in Erding tätig.

Das Le Faubourg in der City West feiert sein Jubiläum mit einem modernisierten Brasserie Konzept, besonderen Menüangeboten und einer Bilanz seiner Rolle als Förderer junger Kochtalente.

Nach einer sechsmonatigen Umbauphase hat L’Osteria den Standort ihres ersten Restaurants in Nürnberg unter dem neuen Namen „L’Osteria Numero Uno“ wiedereröffnet. Auf die Gäste wartet ein neues Konzept, welches sich vornehmlich auf das Außerhaus-Geschäft sowie Pizza konzentriert.

Die Berliner Kaffeekette LAP Coffee steht im Zentrum von Kontroversen und ist Opfer gezielter Farbattacken geworden. In den letzten Tagen kam es zu koordinierten Angriffen auf mehrere Filialen in verschiedenen Berliner Stadtteilen. Gründer Ralph Hage rechnete jetzt den Gewinn pro Tasse vor.

Starbucks hat den Verkauf der Mehrheit ihres Geschäfts in China an die Investmentfirma Boyu Capital bekannt gegeben. Die Transaktion erfolgt im Rahmen der Gründung eines Joint Ventures zum Betrieb der Starbucks-Filialen in der Volksrepublik. Boyu erwirbt seine Beteiligung basierend auf einem Unternehmenswert von rund vier Milliarden US-Dollar.

Yum! Brands hat offiziell eine Überprüfung strategischer Optionen für seine Pizzakette Pizza Hut eingeleitet. Mögliche Ergebnisse sind ein vollständiger Verkauf, ein Joint Venture oder die Veräußerung einer Beteiligung.

Die neue Ausgabe des Wirtshausführer Österreich sieht eine positive Entwicklung in der heimischen Wirtshausszene. Im Fokus stehen Nachhaltigkeit und innovative Konzepte junger Wirte.

Das Restaurant Sphere Tim Raue im Berliner Fernsehturm ist vom Schlemmer Atlas als „Neueröffnung des Jahres 2025“ prämiert worden. Die Auszeichnung wurde im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Schloss Fleesensee übergeben.