Von der Sterneküche zur Gastronomiechefin mit Fernoffice-Anteil

| Gastronomie Gastronomie

Die erste Forelle schlachtete Lisa-Marie Boser im Alter von neun Jahren in der elterlichen Gastronomie. Damit stand für die Erlangerin fest, dass sie Köchin werden will. Seit zehn Jahren führt sie in ihrer Heimatstadt ihre eigene Gastronomie, das food & flavour Eventcatering – und das, obwohl ihr die Bank während der Corona-Pandemie zur Insolvenz riet. 

Vom Hochzeitsbuffet über das 4-Gang-Menü beim Firmenevent bis hin zum Fingerfood beim Festival bewirtet Boser heute 300 bis 400 Veranstaltungen im Jahr. Dabei stand ihr Unternehmen in der Corona-Zeit kurz vor dem Aus. Grund dafür: In ihrem erfolgreichsten Geschäftsjahr 2019 hatte Boser gerade die Küche in einem alten Bürogebäude mit 130.000 Euro renoviert. Von einem Tag auf den anderen aber fließt kein Geld mehr in den Betrieb, um die Investition zurückzuzahlen. Die staatlichen Soforthilfen treffen erst mit einer Verzögerung von knapp eineinhalb Jahren ein. Für Boser aber ist Aufgeben keine Option. Einen Kredit erhält sie aus ihrem nahen Umfeld.

“Ich wollte mich um keinen Preis wieder fest anstellen lassen. Als Leihköchin in der Sterneküche hatte ich viel gelernt, aber teilweise steckt die Branche einfach noch in den 50er-Jahren fest. Das wurde mir bewusst, als ich gehört habe, dass der männliche Küchenchef in der gleichen Position wie ich und mit genauso guten Zeugnissen 800 Euro mehr als ich im Monat verdient hat", erzählt Gastronomin Lisa-Marie Boser.

Rüstige Rentner und Rentnerinnen gesucht

Bis heute findet Boser für den Umgang mit den Herausforderungen der Branche wie dem Fachkräftemangel ihren eigenen Weg. Als sie wieder nach neuen Mitarbeitern sucht, ist ihre Anzeige genauso unkonventionell wie die Gastronomin selbst: Rentnerinnen und Rentner sind explizit erwünscht und Erfahrung in der Gastronomie nicht notwendig. Boser schult ihr Personal und schenkt ihrem 24-köpfigen Team, von dem der Großteil älter als 55 ist, großes Vertrauen.

“Ich weiß auch einfach, dass ich mich auf meine Mitarbeiter verlassen kann. Mit meinem Küchenchef kann ich mich per Zoom austauschen und Warenbestellungen über kollex aus der Ferne tätigen. Drei Tage später ist die Lieferung bei meinem Team. Das erlaubt mir auch mal zwei Monate im Winter von Thailand aus zu arbeiten", sagt Boser. 

Motorrad & Theater: Gastronomie ist, was wir daraus machen

Goldgriffe und rote Klappsitze aus Samt – das Markgrafentheater ist für Boser ein magischer Ort. Als Kind stand sie dort sogar selbst schon einmal auf der Bühne. Als sie sich für die Bewirtschaftung vorstellt, kommt sie allerdings ein paar Minuten zu spät, weil sie direkt vorher noch in der Fahrstunde für ihren Motorradführerschein steckt. Die drei Frauen, die sie interviewen, sind von Bosers Unkonventionalität jedoch hingerissen und verzeihen ihr die Verspätung. Sie engagieren Bosers Team auf der Stelle für die feste Bewirtung des Theaterhauses.

Neue Freiräume durch Digitalisierung

"Traut Euch" lautet der Ratschlag, den Boser an ihre Branchenkolleginnen weitergibt. Die Digitalisierung erlaubt Gastronominnen längst neue Freiräume, die nur darauf warten, genutzt zu werden. Bosers Beispiel inspiriert, neue Wege einzuschlagen. Dabei zählen für die Geschäftsführerin die Unterstützung aus der Gemeinschaft und das Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter mehr als Ellenbogen. Ihre Vorstellungskraft will Boser übrigens als nächstes für das Schreiben von einem Fantasy-Roman nutzen.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine neue Umfrage zeigt, welche Potenziale und Risiken virale Social-Media-Trends für Kleinunternehmen bergen. Insbesondere in der Gastronomie hadern Betriebe mit der Trendidentifikation und dem finanziellen Risiko, obwohl die Übernahme einen positiven Einfluss auf den Umsatz haben kann.

Der Guide Michelin erweitert sein Bewertungssystem und führt eine neue Auszeichnung für Weingüter ein. Nach den Sternen für Restaurants und den 2024 präsentierten Keys für Hotels sollen die neuen Trauben einen Maßstab für die besten Weingüter weltweit setzen.

Im Europa-Park wurde der Grundstein für ein neues Mitarbeiter-Restaurant mit integrierter Zentralküche gelegt. Das Bauvorhaben erstreckt sich über vier Stockwerke mit insgesamt 4.500 Quadratmetern Fläche und soll im August 2026 fertiggestellt werden.

Im Kindercafé in Lüneburg beschwert sich wohl niemand über laute Kinder. Im Gegenteil. Laut und lustig soll es zugehen. Solche Orte sind in Städten immer häufiger zu finden.

Nach sechs Jahren Abwesenheit kehrt Jamie's Italian mit einem neuen strategischen Partner und einem überarbeiteten Konzept in die britische Gastronomieszene zurück. Die Neueröffnung soll im Frühjahr 2026 in London stattfinden.

Der Landkreis Harz treibt die touristische Entwicklung des Brockenplateaus voran und setzt dabei auf ein neues Gastronomiekonzept: Die Restaurantkette Timberjacks soll das kulinarische Angebot auf dem höchsten Gipfel Norddeutschlands übernehmen. Auch das Hotel soll ausgebaut werden. Die Eröffnung ist für das Jahr 2027 geplant.

Aktuelle Daten von OpenTable beleuchten die Entwicklungen der deutschen Gastronomiebranche im kommenden Jahr. Im Mittelpunkt stehen der Wunsch nach gemeinsamen Erlebnissen, die Bereitschaft für Spontanität und ein anhaltendes Wachstum bei speziellen Anlässen.

Der Harzer Kreistag hat einstimmig über die Vergabe der Bewirtschaftung von Hotel und Gastronomie auf dem Brocken entschieden. Demnach ist Landrat Thomas Balcerowski (CDU) beauftragt, mit einem Göttinger Restaurantketten-Betreiber über einen Gewerbepachtvertrag zu verhandeln, teilte ein Landkreissprecher am Abend mit. 

Reserviert und dann einfach weg? Für Gastronomen sind unentschuldigte "No-Shows" mehr als nur eine Lappalie – sie bedeuten massive Umsatzeinbußen und weniger Trinkgeld für das Personal. Eine Umfrage zeigt, wie weit verbreitet das Problem ist und welche drastischen Maßnahmen Gastwirte jetzt ergreifen.

Steigende Kosten, erhöhte Komplexität und ein sich wandelndes Gästeverhalten setzen deutsche Cafés zunehmend unter Druck. Ein neuer Business-Guide von SumUp zeigt die notwendigen Strukturen für wirtschaftliche Stabilität im Jahr 2026.