Zwei renommierte Restaurants in Deutschland haben ihren Michelin-Stern verloren. In sehr persönlichen Facebook-Posts äußern sich Björn Swanson vom FAELT in Berlin und Wolfgang Becker vom BECKERS Hotel & Restaurant in Trier zu diesem Einschnitt – mit ganz unterschiedlichen Tönen, aber viel Tiefgang.
„Ein Kuss meiner Kinder ist mir mehr wert als jeder Stern“ – Björn Swanson über das FAELT
In gewohnter Direktheit wendet sich Björn Swanson auf Facebook an seine Community. „Ja, der Stern ist weg. Wahrscheinlich sogar begründet und auch nicht so richtig unerwartet, wenn ich ehrlich sein darf“, schreibt der Gastronom und Ex-Sternekoch. Swanson, der seit über 20 Jahren in der Spitzengastronomie arbeitet, zieht dabei eine schonungslos persönliche Bilanz: „Ich habe alles dafür geopfert. Meine Ehe nach fast 19 Jahren, die ersten Schritte meiner Kinder, die ersten Worte, die ersten Geburtstage.“
Er schildert, wie ihn die Aberkennung des Sterns nicht mehr aus der Bahn wirft – im Gegenteil: „Seit Dienstag schlafe ich seit langem wieder ruhiger, das Restaurant ist voll und täglich kommen Reservierungen rein.“ Der Verlust sei für ihn kein Drama, sondern ein Moment der Klarheit: „Wir ändern nichts, erfinden uns nicht neu oder machen für irgendeinen Guide etwas anders. Wir kochen worauf wir Lust haben.“ Dass der Michelin besonderen Wert auf Kontinuität und Berechenbarkeit lege, sieht Swanson als legitime Grundlage für die Entscheidung.
Mit einem versöhnlichen, fast erleichterten Ton endet sein Beitrag: „Ein Kuss meiner Kinder ist mir mehr wert als jeder Stern und damit habe ich meinen Frieden gemacht. Zum ersten Mal in über 20 Jahren.“
„Überrascht – und auch verletzt“ – Wolfgang Becker über den Sternenverlust in Trier
Weniger gelöst, dafür umso nachdenklicher reagiert Wolfgang Becker auf das Ende einer Ära: „Der Verlust unseres MICHELIN-Sterns nach 24 Jahren hat mich zutiefst getroffen“, beginnt sein Facebook-Post. Überraschung und Verletzung schwingen in seinen Worten mit: „Mit dieser Entwicklung habe ich nicht gerechnet.“
Becker betont die Bedeutung des Sterns nicht nur für das Ego, sondern für Sichtbarkeit und wirtschaftliche Existenz: „Gerade für ein Restaurant wie unseres, das nicht im Zentrum, sondern am Rand von Trier liegt, ist Sichtbarkeit – gefunden zu werden – entscheidend.“ Der Wegfall des Sterns sei daher nicht nur emotional, sondern auch ökonomisch spürbar.
Auch Becker sieht strukturelle Veränderungen in der Michelin-Welt: „Früher war oft ein langer, konstanter Weg über Jahre notwendig, bis ein Stern vergeben wurde. Heute werden teils Restaurants ausgezeichnet, die erst wenige Monate geöffnet haben.“ Das Tempo habe zugenommen, die Toleranzgrenze sei gesunken – „manchmal, so wirkt es, genügen Kleinigkeiten.“
Trotz aller Enttäuschung bleibt der Blick nach vorn: „Wir nehmen die Entscheidung des Guide ernst und sehen sie als Anlass, uns offen zu hinterfragen. Aber wir werden uns davon nicht entmutigen lassen.“ Mit Stolz spricht Becker von seinem Team, seiner Familie – und dem ungebrochenen Wunsch, ein Ort für „Menschen, die gutes Essen lieben“ zu bleiben.
Zwei Stimmen, zwei Perspektiven – ein gemeinsamer Wendepunkt
Während Swanson in Berlin mit Berliner Charme und persönlicher Befreiung auf den Verlust reagiert, zeigt Becker in Trier die tiefere Erschütterung eines über Jahrzehnte gewachsenen Lebenswerks. Beide jedoch eint die Leidenschaft für ihr Handwerk – und die Entschlossenheit, auch ohne Stern für kulinarische Qualität und Gastlichkeit zu stehen.