Das Bundeskartellamt hält die Geschäftsbedingungen von Booking.com für fragwürdig. Ob Bestpreisklauseln in den Verträgen mit den Hotels den freien Wettbewerb - auf Kosten der Verbraucher – beschränken, prüft am Dienstag (9.00 Uhr) der Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH) in einem Kartellverfahren. Ob schon eine Entscheidung verkündet wird, ist offen.
Auf Portalen wie Booking, HRS und Expedia finden Nutzer eine Vielzahl an Hotelzimmern und anderen Unterkünften, die sie ohne Extra-Kosten direkt über die Seite buchen können. Für jede erfolgreiche Vermittlung kassiert der Betreiber vom Hotel eine Provision.
Für die Nutzung von Booking.com mussten sich Hotels verpflichten, ihre Zimmer auf der eigenen Internetseite nicht günstiger anzubieten als auf der Plattform. Experten nennen das «enge» Bestpreisklausel.
Wegen «weiter» Bestpreisklauseln, die sich auch auf konkurrierende Portale und den Offline-Vertrieb erstrecken, war das Kartellamt in der Vergangenheit bereits gegen den damaligen Marktführer HRS vorgegangen. Sie sind seit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf von 2015 rechtskräftig verboten. In der Folge hatte Booking damals auf die «enge» Klausel umgestellt. Danach dürfen die Hotels Interessenten zum Beispiel an der Rezeption oder telefonisch ein besseres Angebot machen, aber nicht im Internet dafür werben.
Das Bundeskartellamt hält auch diese Klausel für problematisch und hatte sie Booking Ende 2015 für den deutschen Markt verboten. Bestpreisklauseln sicherten den Verbrauchern nur vermeintlich den günstigsten Preis. Tatsächlich sei die Provision für die Plattform einkalkuliert - die bei der direkten Buchung nicht anfallen würde.
In diesem Rechtsstreit stellte sich das OLG Düsseldorf allerdings auf die Seite der Portale - und kippte die Verfügung 2019. Hauptargument der Richter: Ohne die Klausel würden die Hotels die Breitenwirkung von Booking.com nur noch nutzen, um Interessenten auf ihre Seite zu locken. Dort gebe es das Zimmer dann billiger, Booking gehe leer aus.
Laut Kartellamt verzichtet Booking trotzdem auf die Klauseln, bis die Frage in Karlsruhe entschieden ist. Dort haben die Wettbewerbshüter Rechtsbeschwerde gegen den OLG-Beschluss eingelegt.
Sollte der BGH das Verbot der Klausel wiederherstellen, drohen Schadenersatz-Forderungen. Wegen der früher verwendeten «weiten» Klauseln haben rund 2000 Hotels beim Berliner Landgericht bereits Sammelklage gegen Booking eingereicht. Der Hotelverband Deutschland (IHA), der die Klage unterstützt, geht davon aus, dass eine Untersagung der «engen» Klausel den Schaden noch steigern könnte. «Wir wollen das Unternehmen mit dieser Politik nicht davonkommen lassen», sagte Hauptgeschäftsführer Markus Luthe. „Nach mehrmonatigen, eigentlich konstruktiv verlaufenden Vergleichsverhandlungen hat Booking.com Ende Oktober vergangenen Jahres (2019) überraschend den Verhandlungstisch verlassen und willkürlich 66 an der Initiative teilnehmende Hotels vor einem niederländischen Gericht in Amsterdam auf ‚negative Feststellung seiner Haftung‘ verklagt. Damit blieb den übrigen 2.000 Hotels keine andere Option, als nunmehr selbst beim Landgericht Berlin eine Sammelklage einzureichen“, erläutert Otto Lindner als Vorsitzender das Vorgehen des Hotelverbandes Deutschland (IHA).
Der Bundesgerichtshof hat im letzten August die rechtliche Wirksamkeit eines Beschlusses mit großer Tragweite für die Hotellerie vorerst kassiert. Das Oberlandesgereicht in Düsseldorf hatte 2019 die engen Ratenparitätsklauseln von Booking.com für erforderlich und verhältnismäßig erklärt. Dagegen hatte das Bundeskartellamt Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt. Markus Luthe frohlockt damals und und schriebt in einem Blog-Post: „Der Bundesgerichtshof hat die Zerstörung des Kartellrechts gestoppt und lässt dem Skandalbeschluss des OLG Düsseldorf vom 4. Juni 2019 zugunsten von „Booking.com“ keine Rechtskraft zukommen!“ Mit tiefer Erleichterung und Befriedigung habe er dem Beschluss entnommen, dass der BGH die Rechtsbeschwerde angenommen habe.