Gastgewerbe ohne Verständnis für Ende der Modellprojekte

| Hotellerie Hotellerie

Nach etwa zwei Wochen, in denen das Cafe Wiecker mit seinem Außenbereich den Marktplatz in Wernigerode belebte, kehrt nun wieder die Stille zurück. Die beschlossene bundeseinheitliche Corona-Bremse lasse keinen Spielraum zu, hieß es aus der Staatskanzlei Sachsen-Anhalts - am Samstag endet der Versuch. Die Modellprojekte für die Gastronomie und die Hotellerie im Harz und in Mansfeld-Südharz werden somit vorzeitig abgebrochen.

Bis zuletzt hatten mehrere Gastronomiebetriebe im Harz und zwei Hotels in Mansfeld-Südharz in Absprache mit dem Wirtschaftsministerium und den Landkreisen geöffnet. Besucher mussten einen tagesaktuellen negativen Corona-Test vorweisen. Ergänzt wurde das Konzept von den üblichen Hygieneregeln, wie dem Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes und der Adressangabe zur Kontaktnachverfolgung bei Infektionen. Sachsen-Anhalts Landesregierung hatte die Möglichkeit der versuchsweisen Öffnungen in ihrer Corona-Landesverordnung geschaffen.

Die Öffnung habe viel Positives bewirkt, sagte Café-Inhaber Michael Wiecker. Die Menschen hätten wieder einen Hauch Normalität bei Kaffee und Kuchen verspürt, die Mitarbeiter seien wieder eingestiegen und der Betrieb habe zumindest einen Teil seines Umsatzes gehabt. Bis zu 160 Stühle hatte Wiecker auf der Sonnenseite des Marktplatzes aufgestellt. Die Kundennachfrage sei in seinen Augen völlig zufriedenstellend gewesen, das erarbeitete Sicherheits- und Hygienekonzept habe gut funktioniert.

Für das vorzeitige Ende des Modellversuchs zeigt Wiecker nur bedingt Verständnis. «Es muss doch möglich sein, mit dem gegebenen Konzept Menschen draußen zu bedienen», sagt der Unternehmer. Studien hätten gezeigt, dass die Mehrzahl der Infektionen in geschlossenen Räumen geschehe und nicht an der frischen Luft. Auch Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) habe er regelmäßig über den Fortgang der Öffnungen informiert. «Er schien sich gefreut zu haben, dass das gut läuft und das Konzept funktioniert.»

Völlig konsterniert und mit Wut im Bauch blickt Hotelbetreiber Clemens Ritter von Kempski auf die neue Corona-Bremse. Das Gesetz enthalte keinen Passus zu den Modellprojekten und zum Bestandsschutz. Dabei habe der Gesundheitsausschuss des Bundestages die Beibehaltung von Modellprojekten unter bestimmten Voraussetzungen empfohlen. «Wenn die Bundesregierung die Empfehlungen der Fachgremien, die mit Fraktionskollegen besetzt sind, ignoriert, frage ich mich, mit welchen Argumenten die Gesetze gefüllt werden.» Von Kempski hatte in Mansfeld-Südharz im Rahmen des Versuches zwei Hotels geöffnet.

Die Öffnungen seien eine Blaupause für eine unbürokratische, zielgerichtete und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Ministerpräsidenten, Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD), dem Landkreis und dem Unternehmen gewesen, sagte der Hotelbetreiber. «Wir haben 120 Leute aus der Kurzarbeit geholt. Die Arbeit war beinahe euphorisch.» Auch die Gäste seien trotz Einschränkungen, wie dem Tragen von FFP2-Masken im öffentlichen Bereich, voller Dankbarkeit nach einer langen Zeit der Entbehrung gewesen. Die Leute hätten förmlich nach dieser Abwechslung gelechzt und, so berichtet es von Kempski, sogar teilweise angeboten, mehr für das Zimmer zu zahlen, um sicher buchen zu können.

Auch der Landkreis Harz, der Anfang der Woche noch von einer möglichen Verlängerung der Projekte über den 30. April sprach, zeigte sich ernüchtert: «Gleichwohl hätten wir die Modellprojekte gern weitergeführt», teilte der Kreis mit. Leider habe es dafür keine Signale gegeben. Ein Antrag auf Verlängerung beim Land habe angesichts der Corona-Bremse keinen Erfolg. «Das Modell war aber nicht umsonst, da wir die Testkapazitäten deutlich steigern konnten und durch die Praxiserfahrung Probleme identifizieren und beseitigen konnten.» Bei künftigen Öffnungsszenarien werde man deshalb entsprechend einen Vorsprung haben.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Hotellerie steht vor einer Phase tiefgreifender Veränderung: Märkte schwanken, Kosten steigen, das Reiseverhalten verschiebt sich spürbar – und technologische Entwicklungen verändern, wie Gäste Reisen planen. In dieser Situation mahnt Philipp Ingenillem, Gesellschafter von Online Birds, zu Weitblick und Haltung. Ein Gastbeitrag.

Im Naturresort & Spa Schindelbruch im Harz ist ein neuer 25 Meter langer Natursteinpool in Betrieb genommen worden. Zur offiziellen Einweihung schwamm der Olympiasieger Lukas Märtens die ersten Bahnen im ganzjährig beheizten Becken. Das Wellnesshotel in Alleinlage gilt als Vorreiter bei der kompensierten CO₂-Bilanz.

In Friedrichshafen am Bodensee könnte ein B&B-Hotel mit 96 Zimmern entstehen. Die Pläne für das Bauvorhaben wurden dem Gestaltungsbeirat der Stadt in einer öffentlichen Sitzung präsentiert. Das Projekt befinde sich derzeit in einer frühen Phase, vergleichbar mit einer Machbarkeitsstudie.

Nach dem Insolvenzverfahren der Lindner Hotels AG kehrt das Parkhotel Oberstaufen in die Hand der Gründerfamilie zurück. Der Enkel des Gründers übernimmt das Haus in Oberstaufen, das ab dem 1. Juli 2025 nicht mehr zur Lindner Hotel Group gehört, und richtet es neu aus. Ein erfahrener General Manager ist für die operative Führung des 87-Zimmer-Hotels verantwortlich.

Das Flushing Meadows Hotel beendet nach zwölf Jahren seinen Betrieb in München. Das Haus, das durch seine Dachterrasse, sein Design und unkonventionellen Gästezimmer bekannt wurde, bleibt noch bis zum 20. Dezember geöffnet. Danach ist endgültig Schluss.

Rocco Forte Hotels hat die Eröffnung eines zweiten Standorts in Apulien bekanntgegeben. Die Masseria del Cardinale soll im Jahr 2028 in Fasano an den Start gehen und das Italien-Portfolio der Gruppe ergänzen.

Meliá Hotels erweitert das eigene Portfolio an Luxus- und Lifestyle-Marken und hat für das Jahr 2026 insgesamt 23 neue Hoteleröffnungen bestätigt. Die Expansion erstreckt sich über Südostasien und Südamerika bis nach Europa und in den Indischen Ozean.

Der Hotelkonzern Accor plant für das Jahr 2026 die Eröffnung von rund 350 neuen Häusern weltweit. Auch in der DACH-Region kommen ein paar Häuser hinzu. Mit dem Wachstum früherer Jahre ist der Ausbau der Geschäftstätigkeiten hierzulande allerdings nicht zu vergleichen.

Die PKF Hospitality Group hat die Hotelgruppe B&B Hotels offiziell als die schnellstwachsende Hospitality-Marke Europas für das Jahr 2025 ausgezeichnet. Die Ehrung unterstreiche die Position der Gruppe im Budget- und Economy-Segment sowie deren Rolle als Impulsgeber im europäischen Value-for-Money-Markt.

Die europäische Kollektion unabhängiger Boutiquehotels Quality Lodgings vergrößert ihr Portfolio um acht neue Häuser. Damit wächst die Sammlung auf insgesamt 126 Hotels in acht Ländern. In Deutschland umfasst die Kollektion nun 30 Adressen.