Hotelgastronomie-Leitfaden für Immobilienentwickler

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Von Marc Schnerr

Hotelgastronomie ist ein, wenn nicht sogar der wichtigste Erfolgsfaktor für die Hotellerie der Zukunft – sowohl in der Außenwirkung als auch im Profit. Denn Menschen wollen Erlebnisse und die Gastronomie ist der Ort, wo Magie entsteht, wie Erfolgsbeispiele weltweit beweisen. Die Strategie der Zukunft für Hotelgastronomie erfordert deshalb ein Umdenken bei der Planung von Hotel- und Immobilienentwicklung. Unter der These „Form Follows F&B and People“ fassen die F&B Heroes die Vorgehensweise für konzeptionelles Food & Beverage zusammen. Beim Hotelimmobilienkongress 2023 in Frankfurt am Main erläuterte Tim Plasse, Head of Strategy des Beratungs- und Managementunternehmens für das Gastgewerbe, Handel und Immobilienbranche, die fünf zentralen Eckpunkte für den strategischen Umgang mit Hotelgastronomie

1. Konzept vor Planung

Die Hotelgastronomie ist der Bereich mit der höchsten Komplexität bei Hotelimmobilien. Flächenmäßig meist klein, hat sie aber sowohl technisch, baulich als auch in der Wahrnehmung der Gäste und für die Mitarbeitenden den größten Impact. In der Realität ist die Gastronomie jedoch bei vielen Hotelentwicklungen für alle Beteiligten eine Blackbox und steht bei Planungen ganz hinten an. Dadurch werden wertvolle Chancen vergeben oder kostenintensive Fehlentscheidungen getroffen.

Diese Erkenntnis führt zu einem neuen Verständnis für die Planung von Food & Beverage-Bereichen in Hotels. Der neue Weg heißt: Erst Konzept dann Planung. Sich die Zeit nehmen, um hinsichtlich der Zielsetzung Klarheit zu gewinnen: Wofür steht die Gastronomie? Welche Werte soll sie transportieren?

Die richtige Reihenfolge der Vorgehensweise: Im ersten Schritt wird die People-orientierte Strategie entwickelt, die Gäste und Mitarbeitende gleichermaßen ins Zentrum stellt. Daraus werden Konzept und Business-Model abgeleitet. Erst dann erfolgt die – realitätsnahe - Planung.

2. Klarheit in der Komplexität erhalten

Ein häufiger Fehler bei der Planung ist das Denken in Extremen. Das Resultat sind Ressourcen- und Platzverschwendung und eine im Vergleich zu anderen Dienstleistungsbranchen niedrige Produktivität. Eine realistische Planung berücksichtigt die besondere Situation der Gastronomie in Hinblick auf den Mitarbeiter_innenmangel sowie die hohe Volatilität und Komplexität. Effizienz (auch durch den Einsatz von Technologie) kann bereits im Grundriss verankert werden, dies gilt vor allem für den Raum, aber auch für Logistik, Prozesse und Arbeitsabläufe. Durch die konzeptionelle Planung unter Berücksichtigung realistischer Parameter wird eine klare, verbindliche Grundlage für alle weiteren Schritte gewonnen.

3. Timing: Einbeziehung von Anfang an minimiert Fehlentscheidungen

Jede Fläche hat ihre Story, Überlegungen hinsichtlich Destination und Frequenz sollten frühzeitig berücksichtigt werden. Ferner bilden planerische Vorgaben und das Business Model des Gesamtprojektes den Kontext für die konzeptionellen Überlegungen. Die Empfehlung: Nicht abwarten, bis Betreiber_innen oder Pächter_innen feststehen, sondern frühzeitig die Rahmenbedingungen auf Konzeptgrundlage schaffen. Dieser Rahmen lässt Raum- und Gestaltungsfreiheit zu und schafft Klarheit, bis hin zur Produkt- bzw. Pächter_innenwahl.

4. ESG und Nachhaltigkeit werden zum Konzept-Grundpfeiler

ESG (Environmental Social Governance) und Nachhaltigkeit stehen mehr denn je im Fokus. Nicht nur die Gesetzgeber, auch viele Interessensgruppen – Firmen, Reiseveranstalter, Gäste, Mitarbeitende – erwarten heute nachhaltiges Wirtschaften in allen Bereichen. Die Gastronomie bietet sich als perfekte Plattform an, wo Nachhaltigkeit wirkungsvoll umgesetzt und erlebbar gemacht werden kann.

Ansätze zur Integration von Nachhaltigkeit bei Konzeption und Planung:

• Durch Reduktion mehr erreichen: Ein spezifisches, eindeutiges Angebot statt der häufig anzutreffenden großen Vielfalt ist nachhaltiger und effizienter im Einkauf, bei der Produktion und im Service. Ein weiteres Plus: Ein klares, übersichtliches Angebot erleichtert dem Gast die Entscheidung und unterstützt den Verkauf.

• Flächen sinnvoll planen: Kleinere, dafür gut genutzte Flächen reduzieren die Investitionen und steigern Effizienz sowie Produktivität.

• Plant Based als intrinsischer Beitrag zur Nachhaltigkeit: Das Kochen mit Pflanzen ist nachhaltig und gesund. Pflanzenbasierte Küche ist preiswert und beruht auf ganzheitlichem Wirtschaften.

• Technologie wird Teil des Prozesses: Durch Technologie (Robotik, Systemküchen) und Digitalisierung (datenbasierte Entscheidungen) können Prozesse und Logistik verbessert und reduziert werden.

5. Perspektivwechsel: Gastronomie ist Chance

Im Ausland steht die Gastronomie oft für High Class Restaurantkonzepte und Gäste besuchen dort die Hotelrestaurants in großer Zahl. Was bedarf es, damit auch in Deutschland die Hotelgastronomie ähnlich angesehen und beliebt ist?

Die Gastronomie muss aus sich heraus so spannend und faszinierend sein, dass Gäste allein wegen ihr kommen. Statt vom Hotel wird die Gastronomie vom öffentlichen Raum heraus gedacht: Sie ist offen für auswärtige und einheimische Gäste, ist Lebensraum und Plattform für Vielfalt, Austausch und Miteinander. Sie stärkt die lokale Identität durch Kooperationen und nimmt eine Führungsrolle bei Themen wie Innovation, Technologie, New Work und Kultur ein.

Gastronomie ist eine große Chance für Hotels, die sich bewusst dafür entscheiden. Sie ist Differenzierungsmerkmal und schafft sogleich die Voraussetzung, Teil der lokalen Szene und Community zu sein. Erfolgsbeispiele sind die Gekko Group mit ihren Marken Roomers, Provocateur und Gekko House sowie die ACE Hotels in New York und London. Auf der anderen Seite hat die Gastronomie mit Hotel einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Gastronomie-Mitbewerbern ohne Zimmerangebot, vor allem in Hinblick auf Liquidität. Eines der ersten Projekte, welches die Gastronomie prominent in das Zentrum von Konzept und Planung stellt, war das East Hotel in Hamburg mit seinem innovativen Gastronomie- und Hotelansatz.

Fazit

Hotelgastronomie kann der Antwort auf die Frage nach der Hotellerie der Zukunft sein. Voraussetzung ist ein Perspektivwechsel und ein konzeptioneller Ansatz. Nachhaltige, ganzheitliche und erfolgreiche Gastro-Konzepte im Hotel entstehen durch eine strategische Entwicklung und Konzeptionierung.


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