Zwischen Homeschooling, Homeoffice und Rettung der Firma

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Viele Hotels und Restaurants werden von Unternehmerpaaren geführt – diejenigen mit kleinen Kindern und Schulkindern sind während der Corona-Krise zwischen Homeschooling, Homeoffice und Rettung der Existenzgrundlage mehrfach belastet. Wie gehen die Paare, Familien und Unternehmer damit um?

Alexander Winter, CEO der arcona Hotels & Resorts in Rostock und seine Frau Christiane Winter-Thumann, Kommunikationschefin des Unternehmens, stehen seit Wochen unter Strom. „Die Herausforderung, allen gerecht zu werden, ist enorm“, bestätigen sie. Ihre beiden Kinder (9 und 12) besuchen die Grund- beziehungsweise die Gesamtschule in Rostock. Anfangs war das Homeschooling noch sehr holprig, dann haben sich die Schulen schnell darauf eingestellt.

Winter-Thumann findet hier klare Worte: „Mit zwei Kindern in unterschiedlichem Alter und mit differenziertem Betreuungsaufwand ist es nicht möglich, nebenbei konzentriert zu arbeiten.“ Die Gespräche mit den Banken bezüglich der möglichen Kredite, die Beantragung der Soforthilfen, die Kommunikation mit den Mitarbeitern, die Sorgen um die Zukunft – das alles musste professionell gehandhabt werden. „Wir haben uns dann schnell geeinigt, dass mein Mann weiterhin ins Büro geht, ich habe vormittags den Kindern bei ihren Aufgaben geholfen und am Nachmittag gearbeitet. Dennoch fanden oft Online-Meetings und Webinare statt, die ich nicht alle absagen konnte. Da huscht dann schon oft ein Kind durchs Bild, aber so geht es derzeit ja allen Teilnehmern“, sagt sie. Ganz „nebenbei“ stehen auch noch Hausarbeit und Kochen auf dem Programm – und die Kinder bei Laune halten. Und über allem wabern die Fragen über die Zukunft: „Wir haben große Verantwortung für unsere Mitarbeiter, den Familien und uns selbst gegenüber. Auch wir fragen uns: Wie geht es weiter?“, gibt Christiane Winter-Thumann zu.
 

Arbeiten für die Zeit danach

Arcona hat vor gut einem Jahr die Entscheidung getroffen, die Stadthotellerie mit 17 Hotels zu verkaufen und sich neu zu fokussieren. Die verbliebenen sechs Häuser sind Ferien- und Freizeitbetriebe. „Aber wir fragen uns: wird das auch tatsächlich auch unsere Zukunft sein? Das treibt uns genauso wie unsere Branchenkollegen um.“ Eine Antwort hat das Ehepaar, das vor 13 Jahren zusammen mit Partner Stephan Gerhard die arcona Hotels & Resorts von der Deutschen Seereederei übernommen hatte, noch nicht. „Aber wir arbeiten mit unseren Teams daran, neue Vermarktungsideen und Vertriebswege zu entwickeln und so für die Zeit danach gewappnet zu sein“, sagt Winter-Thumann.

Privat haben sie alle vier festgestellt, dass die Krise zusammenschweißt. „Die Kinder genießen die Zeit mit uns sehr, Familie ist eben das Grundfest unseres Lebens – und das zu sehen und zu spüren ist für alle eine große Bereicherung“, betont auch Alexander Winter, der zu „normalen“ Zeiten sehr viel dienstlich unterwegs ist. Bezüglich der Schulen würde er sich wünschen, dass diese die Krise auch als Chance sehen und sich dem „Zahn der Zeit“ anpassen. „Digitalisierung ist nicht neu und sollte auch dort als neue Lernmöglichkeit gesehen und umgesetzt werden. Wichtig ist hierbei, alle Kinder aller Schichten mitzunehmen.“

„Mehr unterwegs als im üblichen Betrieb“

Früh auf den Beinen ist derzeit auch täglich Anton Schmaus, Sternekoch und Unternehmer mit vier Gastronomiebetrieben in Regensburg. Er führt zusammen mit seiner Frau Anna Schmaus die EinSchmaus GmbH und betreut „nebenbei“ die einjährige Tochter. „Ich habe das Gefühl, ich bin derzeit mehr gefordert und unterwegs als im üblichen Betrieb“, sagt Schmaus. Er hat schnell festgestellt, dass er nicht nur zuhause sein kann. 

„Meine Frau und ich waren uns sofort einig, dass wir helfen wollen.“ Deshalb hat er sich dem Projekt „Kochen für Helden“ angeschlossen. Nun steht er täglich in der Kantine der Klinik Barmherzige Brüder in Regensburg und kocht zusammen mit seinem Team über 800 Portionen. Mit zwei weiteren Unternehmern beliefert er noch Pflegekräfte, Ärzte, Nachtdienste und Supermarktangestellte. Nachmittags versucht er seine Frau zu entlasten und Zeit mit der Tochter zu verbringen – und zeitgleich Rezepte für eine Instagram-Kampagne der Deutschen Nationalelf zu schreiben. 

Abends diskutieren sie dann oft darüber, wie es weitergehen wird, sobald die Restaurants wieder öffnen dürfen. Die kleine Tochter wird dann wohl erst einmal zwischen Küche und Gastraum spielen. „Ich will mich aber nicht beklagen, es geht uns soweit gut, einem Teil meiner Mitarbeiter kann ich mit der Aktion das Kurzarbeitergeld aufstocken – und ich mache was Sinnvolles. Andere trifft es viel härter“, betont Schmaus.

Vier Hotels und drei Kinder

Auch Eike Sadewater und seine Frau Vanessa aus Stralsund sind in der Krise stark gefordert. Die beiden führen nicht nur das Romantik Hotel Scheelehof, sondern auch noch drei Aparthotels, das Restaurant Brasserie sowie Ferienwohnungen und Ferienhäuser. Seit dem 18. März gilt für alle 140 Mitarbeiter Kurzarbeit null: „Unsere vier Hotels haben wir zusammengelegt und beherbergen in unserem Aparthotel „Altes schwedisches Konsulat“ die letzten Geschäftsreisenden. Die anfallende Arbeit wird von unseren Azubis organisiert. Unterstützt werden diese durch zwei Rezeptionsmitarbeiter.“

Der Hotelier hat drei Mädchen (16, 5 und 3), von denen die beiden Kleinen noch nicht schulpflichtig sind. „Das macht die derzeitige Situation aber nicht unbedingt einfacher“, so Sadewater. Zumindest die Große dürfe sich nach den aktuellen Entscheidungen nun aber auf den Schulbeginn in der kommenden Woche freuen. 

Oma per Facetime

Während Vanessa Sadewater als Personalleiterin unter anderem für die Lohnabrechnung verantwortlich ist, übernimmt sie auch den überwiegenden Teil der Kinderbetreuung. So fallen für sie häufig Abend- oder Nachtschichten an, die natürlich ihre Spuren hinterlassen. „Ich versuche, sie vor allem in den frühen Morgenstunden und am Abend zu unterstützen“, betont ihr Mann Eike. Doch da sich all seine Führungskräfte ebenfalls in Kurzarbeit befänden, sei seine Anwesenheit im Betrieb häufig erforderlich. „Zudem finden durch meine Tätigkeiten im Dehoga und bei den Romantik Hotels viele Video- und Telefonkonferenzen statt, welche mit Vor- und Nachbereitung sehr zeitintensiv sind.“

Die beiden kleinen Kinder genießen die Ausnahmesituation dennoch in vollen Zügen. Sie verbringen viel Zeit an der frischen Luft und können draußen spielen, die Kindertagesstätte scheint in weite Ferne gerückt zu sein. Nur der direkte Kontakt zu Oma und Opa fehle ihnen sehr, betont der Vater. „Doch auch hier wurden schnell kreative Lösungen gefunden: Nun liest Oma eben abends immer mal wieder die Bettgeschichte via Facetime vor.“

Aus der Krise lernen

„Wenn eins bisher in der Krise noch deutlicher wurde, dann das wir ein wirklich tolles Team im Unternehmen haben“, unterstreicht Sadewater. Vom ersten Moment an habe es viel Verständnis von den Mitarbeitern gegeben. Auch ihre Gäste seien ein wahrer Lichtblick in dieser Zeit: „Uns erreichen viele Mails mit Zuspruch, fast alle Buchungen wurden auf einen späteren Zeitraum verschoben. Zudem haben uns unglaublich viele Gäste mit einem Gutscheinkauf unterstützt oder im Onlineshop unserer Kaffeerösterei eingekauft.“

Enttäuscht ist Sadewater jedoch von der Kommunalpolitik und der lokalen Verwaltung: „Da kam leider so gut wie gar nichts“, erklärt der Hotelier. Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern habe bisher aber einen guten Job gemacht, müsse nun aber die beschlossenen Hilfen auch schnell in die Betriebe bringen. „Wenn wir am Ende der Krise begreifen, wie wichtig der Mittelstand und die lokale Wirtschaft sind, und dass es nicht nur um höher, schneller, weiter geht, dann könnte ich dem Ganzen noch fast was Positives abgewinnen“, so Sadewaters Fazit.

„Erstmals Ostern als Familie“

Eine Bereicherung ebenso wie eine Herausforderung ist die Zeit auch für Uta Krause-Junk, Direktorin in dem inhabergeführten Vitalhotel Alter Meierhof in Glücksburg. Sie arbeitet seit vielen Jahren an der Seite von Geschäftsführer Dirk Luther, aber auch ihres Mannes Michael Bach (Marketing- & Vertrieb) in dem 5-Sterne Superior-Haus an der Flensburger Förde.

„Wir haben dieses Jahr erstmals Ostern als Familie zusammen gefeiert“, freut sich die Direktorin. Normalerweise teilt sie sich mit ihrem Mann die Erziehung der vierjährigen Tochter. Einer muss im Normalbetrieb immer arbeiten. Jetzt haben beide erst einmal Urlaub genommen, Michael Bach arbeitet noch zwei Tage die Woche.

„Es ist eine unglaubliche Ruhe eingekehrt, wir fühlen uns sehr entschleunigt, das ist auch sehr positiv für uns als Familie“, bestätigt Krause-Junk. Aber wie es danach weitergehen soll, wenn die Kitas erst einmal nicht wieder öffnen, darüber denken beide bereits viel nach. „Wir sind alle auf kreative Lösungen angewiesen“, betont Krause-Junk. Existenzsorgen plagen sie als Festangestellte nicht, aber dennoch Sorgen um die meist langjährigen Mitarbeiter, falls diese in Kurzarbeit gehen müssten.

„Die jüngeren Mitarbeiter können meist gut damit leben, aber für Mitarbeiter mit Familien ist es sehr schwierig. Das belastet mich auch“, sagt Krause-Junk. Wichtig sei nun, dass bald eine Entscheidung der Regierung falle, wann und wie es vor allem weitergehen wird. „Dann können wir alle besser planen.“


 

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