Bilanz der Winzer 2021 - Weiteres Weinjahr im Ausnahmezustand

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Das Weinwirtschaftsjahr 2021 war von zwei unterschiedlichen Schwerpunkten geprägt. Einerseits gaben die zunehmend geöffnete Gastronomie und steigenden Exportzahlen allen Grund zur Hoffnung, zeitweise weggefallene Vertriebswege wieder zu stärken und ausbauen zu können. Die diesjährigen Zahlen lassen vorsichtig erahnen, dass es nahezu allen VDP.Mitgliedern gelungen ist, die Umstände der Pandemiejahre und das damit verbundene veränderte Konsumverhalten mit Kreativität und Flexibilität zu kompensieren.

Andererseits hatten einige Winzer:innen neben witterungsbedingten Herausforderungen zusätzlich noch mit den verheerenden Auswirkungen der Flutkatastrophe im Ahrtal zu kämpfen. Dank des Zusammenhalts der Branche und der überwältigenden Solidarität wurden schnell die ersten Schritte zu einem von Hoffnung geprägten Wiederaufbau des Ahrtals in die Wege geleitet. Hier hilft der VDP insbesondere durch die erfolgreiche Spendenaktion "Der VDP.Adler hilft”, Deckungslücken bei allen Winzer:innen des Ahrtals zu schließen.

Der Jahrgang 2021

Im Vergleich zu den drei Vorjahren war im Jahr 2021 aufgrund des kühlen Frühjahrs ein verzögerter Austrieb zu beobachten, was auch eine spätere Rebblüte mit sich brachte. Das feucht-warme Wetter im Sommer führte nicht nur zu einem enormen Wachstumsschub der Laubwände, sondern erhöhte gleichzeitig auch den Infektionsdruck durch die Pilzkrankheiten Oidium und Peronospora. Um dem Pilzdruck entgegenzuwirken, begann für die Winzer:innen eine arbeitsintensive Zeit des Pflanzenschutzes, was vor allem Bio-Betriebe vor teils große, jedoch nicht unüberwindbare Herausforderungen stellte. Hier waren Präzision, Handarbeit und viele Extra-Stunden detaillierter Arbeitsschritte von Nöten, um größere Verluste zu vermeiden. Aufgrund des späten Austriebs und der damit verbundenen späten Weinlese musste insbesondere in den Klassifikationsstufen VDP.GROSSE LAGE® und VDP.ERSTE LAGE® sorgfältig selektiv gelesen werden, um in den besten Lagen die Trauben zum optimalen Reifezeitpunkt und vor allem gesund zu ernten. Trockenheit und niedrigere Temperaturen führten nicht nur zu einem verhältnismäßig langem Lesezeitraum, sondern auch zu Mostgewichten, die deutlich unter den Vorjahreswerten lagen. Die Weinlese und das gesamte Jahr 2021 werden noch lange in Erinnerung bleiben.


„Eine allgemeine Aussage für alle Betriebe zu treffen ist schwierig, zu unterschiedlich waren die lokalen Witterungsbedingungen. Dies hat zwar vielfach zu größeren Ertragseinbußen - vor allem bei den ökologisch arbeitenden Betrieben geführt, aber nicht die Qualität und den Charakter des Jahrgangs betroffen. Hier erwarten wir feine, elegante, langlebige Weine. Ein „kühler Jahrgang“, der den Weinfans in aller Welt noch sehr lange ganz viel Spaß machen wird!”, sagt Hansjörg Rebholz, VDP.Weingut Ökonomierat Rebholz, Pfalz

“Der Jahrgang 2021 ist der dramatischste und emotionalste, den wir jemals hatten. Die Erleichterung, nachdem die letzte Traube gelesen wurde, ist unermesslich. Ohne die Solidarität, Hilfe und Unterstützung von so vielen hätten wir das alles nicht geschafft. Das hat uns Mut und Kraft zum Durchhalten gegeben”, sagt Meike Näkel, VDP.Weingut Meyer-Näkel, Ahr.

“Zurückblickend können wir voller Zufriedenheit sagen, dass wir 2021 einen sehr gnädigen Jahrgang ernten durften. Im Sommer hätten wir wahrscheinlich alles unterschrieben, hätten wir gewusst, welch faszinierende und charaktervolle Weine als Lohn für die aufopferungsvolle Weinbergsarbeit zum Ende des Jahres auf uns warten. Die Wetterbedingungen während der Saison forderten Winzerinnen und Winzer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Maschinen und Natur bis an und teilweise über die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit heraus. Ich bin davon überzeugt, dass die aus diesem Jahr gewonnenen Weine auch dann noch voller Energie und jugendlicher Aromatik strahlen werden, wenn die Mühen und der harte Weg zur erfolgreichen Ernte schon längst wieder vergessen sind”, sagt Johannes Hasselbach, VDP.Weingut Gunderloch, Rheinhessen.


Bericht zur Lage
Die Wirtschaftsdaten der VDP.Weingüter werden immer im Frühjahr abgefragt und daraus Durchschnittswerte bzw. Hochrechnungen gebildet. Neben den Fragen nach Umsatz und Geschäftsentwicklung wurden dabei sowohl die Preistendenz der verschiedenen Stufen der VDP.Klassifikation, die Entwicklung des Exports, aber auch der unterschiedlichen Verkaufskanäle vom Fachhandel bis zum Direktverkauf abgefragt.


Inland
79% der VDP.Weine wurden 2021 im Inland verkauft. Fast alle VDP.Weingüter haben einen Ab-Hofverkauf, doch gibt es hier enorme Unterschiede, von 3 bis 80% Absatzanteil ist alles zu finden; im Durchschnitt der Güter liegt der Ab-Hofverkauf jedoch bei 35%.

Mittlerweile haben 82% der Weingüter einen eigenen Webshop, über welchen Sie 13% Ihrer Weine absetzen. 75% der VDP.Weingüter arbeiten mit externen Onlinehändlern zusammen und vermarkten über diese im Schnitt pro Weingut 10% ihres Gesamtabsatzes, wobei hier oft Sonderfüllungen der VDP.Weingüter im Einstiegsbereich eine Rolle spielen.

Gastronomie und Fachhandel waren schon immer wichtige Geschäftspartner für fast alle VDP.Weingüter. Der stationäre Handel hat, getragen von hochwertigen Weinen und guten Konzepten, weiterhin große Bedeutung, was sich in den stabilen Absatzzahlen von 25% zeigt. Aufgrund von Corona war die Zusammenarbeit mit der Gastronomie ausgebremst, doch hat sich der Anteil nun wieder auf 17% erholt.

Der LEH hat während der Coronapandemie seine Sortimente qualitativ optimiert. Dies zeigt sich auch im Absatz der im LEH agierenden VDP.Weingüter, der um 2% auf insgesamt 10% gestiegen ist. Der Absatz über den Discount bleibt bei unter 1% weiterhin verschwindend gering.


Export
Der Export beginnt sich zu erholen, nachdem er in den vergangenen beiden Jahren unter politischen Gegebenheiten (Brexit, US-Strafzölle) sowie der Pandemie zurückgegangen war. 21% der VDP.Weine wurden im vergangenen Jahr ins Ausland geschickt, was ein Plus von 3% darstellt. Die zunehmende internationale Bekanntheit des deutschen Spitzenweins zeigt sich analog auch in der Vielfalt der Exportmärkte. Der VDP.Adler auf dem Flaschenhals gilt auf der ganzen Welt als klares Symbol für Qualität in der Flasche.

Für die VDP.Winzer:innen zählen zu den wichtigsten Exportmärkten Skandinavien, allen voran Dänemark sowie USA und China. Große Exportbedeutung haben auch die Niederlande und die Schweiz. Ebenso wird Japan als Chancenmarkt gesehen, der sich von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der vergangenen Jahre wieder zu erholen scheint. In Bezug auf den asiatischen Exportmarkt werden manche Zweifel geäußert, ob sich die positive Marktentwicklung fortsetzen lässt.


Ungewöhnlich sind die Exportländer, denen die VDP.Weingüter eine zukünftig höhere Bedeutung beimessen. Hier wurde beispielsweise Osteuropa mit den baltischen Staaten genannt, wobei die Erhebung der Daten durchgeführt wurde, bevor der Ukraine-Krieg ausbrach. Weiteren Ländern wie zum Beispiel Guatemala, Südafrika, Vietnam oder Mexico werden Chancen als deutschem “Exportneuland” zugesprochen.
Das zeigt: Aufgrund der klimatischen Bedingungen und des besonderen Terroirs sind deutsche Weine als “Cool Climate” Weine weltweit gesucht und gefragt. Dies unterstreicht die Einzigartigkeit und den Herkunftscharakter, der bei den VDP.Weingütern im Mittelpunkt steht.


Preisniveau
Der VDP.GUTSWEIN bietet den Einstieg in die VDP.Welt und ermöglicht einen ersten Einblick in die Stilistik des jeweiligen VDP.Weinguts. Betrachtet man den Durchschnittspreis für eine Flasche deutschen Wein generell, der aktuell bei etwa 3,69 Euro liegt, wird die Wertschätzung gegenüber handwerklich erzeugten Weinen wie dem VDP.GUTSWEIN, der aktuell bei einem durchschnittlichen Einstiegspreis von 10 Euro liegt, deutlich. 60% der im letzten Jahr verkauften Flaschen im VDP gehören dem Einstiegssegment der VDP.Klassifikation an.

Die nächste Stufe der VDP.Klassifikation, die VDP.ORTSWEINE, nehmen knapp 18% der abgesetzten Flaschen ein. Mit einem Durchschnittspreis von 13,50 Euro pro Flasche stellen sie eine hochwertige und preislich attraktive Mittelstufe zwischen dem VDP.GUTSWEIN und den Lagenweinen dar.

Der Durchschnittspreis für VDP.ERSTE LAGE® Weine lag im vergangenen Jahr bei 19,50 Euro. Für die Spitze der herkunftsgeprägten Lagenweine, VDP.GROSSE LAGE®, gaben Liebhaber im Durchschnitt 36 Euro aus. Die Nachfrage und der Erfolg für VDP.GROSSES GEWÄCHS®, das im Durchschnitt meist noch etwas höher als der Durchschnitt der Prädikatsweine liegt, erklärt das gehobene Preisniveau.

Damit nähert sich die prozentuale Verteilung des Absatzes auf die vier Klassifikationsstufen immer mehr dem Ideal einer Pyramide an und dokumentiert die Wertschätzung der Devise “Je enger die Herkunft, desto höher die Qualität”.

“Wir spüren, dass sich das Verhalten beim Weineinkauf verändert. So haben wir den Eindruck, dass die Konsumentinnen und Konsumenten eher seltener, dafür aber zu hochwertigeren Weinen greifen. Es ist schön zu sehen, dass zusätzlich Regionalität und Nachhaltigkeit einen deutlich höheren Stellenwert einnehmen”, so Steffen Christmann, Präsident des VDP.


Facts & Figures 2021 (Hochrechnungen)

Gesamtabsatz im Jahr 2021 (in 0,75 Fl.)
Gesamt VDP ca. 33 Mio. Flaschen
pro Betrieb ca. 168.368 Flaschen

Rebfläche
Gesamt VDP ca. 5621 ha (ca. 5,5% der deutschen Rebfläche)
pro Betrieb ca. 28 ha

Personalstruktur im VDP
ø 10 Mitarbeiter:innen, 3 Aushilfen
2 von 3 Weingütern bilden aus (ø 2 Azubis)
Im Schnitt beschäftigt ein Weingut etwa 14 Saisonarbeitskräfte (Handarbeit)

Umsatzvolumen in 2021
Gesamt VDP ca. 444 Mio. Euro
Pro Betrieb ca. 2,24 Mio. Euro

Ertrag in 2021 ø
50 hl/ha (Jahrgang 2017)
71 hl/ha (Jahrgang 2018)
52 hl/ha (Jahrgang 2019)
55 hl/ha (Jahrgang 2020)
53 hl/ha (Jahrgang 2021)

Flaschenpreise in 2021 (0,75l) ø
(Durchschnittpreis für eine Flasche deutschen Wein: 3,69 € pro Liter)
VDP.GUTSWEIN 10,00 € (60%)
VDP.ORTSWEIN 13,50 € (18%)
VDP.ERSTE LAGE® 19,50 € (13%)
VDP.GROSSE LAGE® 36,00 € (8%)

Absatz ø:
Inland 79 % (2020: 83 %)
Export 21 % (2020: 17 %)

Export-Tendenzen Top 3
 

  • Skandinavien (Nr.1 Dänemark)
  • USA
  • China

Ökologischer Weinbau
 

  • 35 % der VDP.Rebfläche ist ökologisch bewirtschaftet
    => Etwas mehr als ein Drittel der VDP.Weingüter arbeitet bereits ökologisch, Tendenz stark steigend (viele befinden sich in der dreijährigen Umstellungsphase)
  • Ein Fünftel der deutschen Öko Weinbaufläche wird vom VDP bewirtschaftet
  • 15 VDP.Weingüter arbeiten biodynamisch (7,6 % der VDP.Rebfläche, 427,5 ha insgesamt)

Nachhaltiger Weinbau
 

  • 36 Betriebe sind nachhaltig wirtschaftend und zertifiziert (= 1.702 ha)
  • 30% der VDP.Rebfläche ist nachhaltig zertifiziert
  • Auf der Mitgliederversammlung 2021 haben alle VDP.Mitglieder beschlossen, sich bis 2025 nachhaltig zertifizieren zu lassen

 

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