Bayern bringt Bewegung in Diskussion um längere Höchstarbeitszeit

| Politik Politik

Die bayerische Arbeitsministerin Ulrike Scharf will die maximale Arbeitszeit pro Tag ausweiten. Bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Saarland werde sich Bayern für eine entsprechende Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes einsetzen, kündigte die CSU-Politikerin am Mittwoch an.

«Ein erster wichtiger Schritt ist es, für einzelne Arbeitstage in der Woche auf freiwilliger Basis und unter Beachtung des Arbeitnehmerschutzes Arbeitszeiten von mehr als zehn Stunden zu ermöglichen.» Zuvor hatte die «Rheinische Post» darüber berichtet.

Mit dem Vorstoß will Scharf den Fachkräftemangel bekämpfen. «Wir brauchen mehr Flexibilität, um Familie mit Beruf vereinbaren zu können - das steigert auch die Beschäftigungsquote.» Dafür müssten die Arbeitszeitgesetze an die Lebenswelten der Menschen angepasst werden.

Während aus der Wirtschaft Beifall kam, kritisierten Gewerkschaften den Plan: «Die Vorschläge führen nur zu noch mehr Leistungsdruck, zu noch mehr Hamsterrad, aber zu keiner einzigen neuen Fachkraft», sagte der Vorsitzende des DGB Bayern, Bernhard Stiedl. Die Beschäftigten wünschten sich mehr Flexibilität, aber keine Experimente beim Arbeitszeitgesetz, betonte er. «Überlange Arbeitszeiten und zu geringe Ruhezeiten sind ein Gesundheitsrisiko.» Um die Beschäftigungschancen von Frauen zu verbessern brauche es qualitativ hochwertige Betreuungsmöglichkeiten und dabei habe «das "Familienland Bayern" noch viel Luft nach oben».

Auch der Bezirksleiter der IG Metall in Bayern, Johann Horn, äußerte sich kritisch: «Eine Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit würde Tür und Tor für die Ausbeutung von Beschäftigten öffnen», sagte er. «Die Folge wäre Arbeit ohne Ende und ohne Grenzen.»

Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Bayern begrüßte die Pläne dagegen. «Nicht nur Betriebe brauchen mehr Flexibilität, auch die Mitarbeiter fordern hier mehr Spielraum in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit», sagte Landesgeschäftsführer Thomas Geppert. «Das Gastgewerbe ist keine Fließbandarbeit. Es muss gearbeitet werden, wenn die Arbeit anfällt.» Das gelte beispielsweise bei Hochzeitsfeiern, bei denen die Gäste noch länger feiern wollten oder im Biergarten, wenn die Sonne scheine. Man wolle angesichts des Arbeitskräftemangels nicht weniger Mitarbeiter mehr arbeiten lassen, sondern sie flexibler einsetzen.

Auch der DEHOGA Bundesverband spricht sich für eine Lockerung der Arbeitszeitregeln in Deutschland aus. „Weshalb ist es verboten, sich auf zweimal zwölf Stunden und zweimal sieben Stunden zu verständigen?“ fragte DEHOGA Präsident Guido Zöllick jüngst beim Branchentag des Verbandes. Eine flexiblere Regelung entspreche dem gesunden Menschenverstand und sei im Sinne von Unternehmen, Gästen und auch Mitarbeitern. Deshalb solle die starre Tages-Höchstarbeitszeit durch eine Wochenarbeitszeit ersetzt werden. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) forderte, die tägliche Höchstarbeitszeit von 10 Stunden durch eine wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden zu ersetzen. Dies führe nicht zu einer Erhöhung des Arbeitszeitvolumens sondern lediglich zu mehr Flexibilität bei der Verteilung, betonte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. «Eine vertraglich vereinbarte 40-Stunden-Woche bleibt eine 40-Stunden-Woche, der durchschnittliche Acht-Stunden-Tag bleibt hier erhalten.»

Von diesem Mittwoch an beraten die Arbeits- und Sozialminister der Länder in Perl im Saarland. Seit Jahren gibt es immer wieder Forderungen von Unternehmen, aber auch Parteien wie der FDP, das Arbeitszeitgesetz zu lockern. Bisher sind täglich maximal zehn Stunden Arbeitszeit erlaubt. (mit dpa).


Zurück

Vielleicht auch interessant

Leerstände, Insolvenzen, Konsumflaute: Angesichts der schwierigen Situation bei Einzelhändlern und in vielen Innenstädten fordert der Handelsverband Deutschland (HDE) die Bundesregierung zu einem Innenstadtgipfel auf.

Bayerns DEHOGA-Präsidentin Angela Inselkammer hat von Ministerpräsident Markus Söder 200 Millionen Euro Investitionshilfe gefordert. Der Freistaat nehme durch die Mehrwertsteuererhöhung 300 Millionen Euro mehr ein. Zumindest ein Teil davon könne er sofort der Branche zurückgeben, forderte Inselkammer bei einem Verbandstreffen in München.

Das Spitzengremium des DEHOGA bekräftigt Forderung nach einheitlich sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Essen und drängt auf den sofortigen Stopp drohender neuer bürokratischer Belastungen. Es gehe um Fairness im Wettbewerb und die Zukunftssicherung der öffentlichen Wohnzimmer.

Gastronomie und Hotellerie in Deutschland haben weiterhin mit großen Problemen zu kämpfen. Die Betriebe beklagen Umsatzverluste, Kostensteigerungen sowie die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes hervor, an der sich 3.175 gastgewerbliche Unternehmer beteiligten.

Die Teil-Legalisierung von Cannabis konnte Bayern nicht verhindern. Dafür arbeitet die Staatsregierung nun an Kiff-Verboten für konkrete Bereiche. Darunter könnten Volksfeste, Biergärten und in Außenbereichen von Gaststätten gehören. Verstöße gegen das Cannabis-Gesetz werden teuer.

Der Slogan «Leistung muss sich wieder lohnen» ist schon etwas angestaubt. Die FDP poliert ihn jetzt auf. Und schlägt unter anderem steuerliche Anreize für bestimmte Leistungsträger vor.

Finanzminister Christian Lindner will Hobbybrauer, die Bier zum eigenen Verbrauch herstellen, bei der Steuer entlasten. Künftig sollen sie pro Jahr 500 Liter Bier steuerfrei brauen dürfen.

Mit dem Projekt COMEX der Bundesagentur für Arbeit/ZAV werden seit 2022 Köchinnen und Köche aus Mexiko in Hotels und Restaurants in Deutschland vermittelt. Der DEHOGA begleitet das Projekt von Anfang an.

Die Bundesagentur für Arbeit hat den DEHOGA Bundesverband informiert, dass für die Arbeitsmarktzulassung (AMZ) von Arbeitnehmern aus Drittstaaten zusätzliche Teams und neue Standorte eingerichtet und die Zuständigkeiten neu verteilt wurden. Grund dafür ist die erwartete Zunahme der Erwerbszuwanderung.

Es fehlen Fachkräfte - in zunehmender Zahl. Künftig sollen vermehrt Menschen aus dem Ausland diese Lücken schließen. Nun geht das Land neue Wege, diese Kräfte schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen.