Bayerns Corona-Drama - Söder will 2G «soweit irgendwie möglich»

| Politik Politik

Im Kampf gegen die immer heftigere vierte Corona-Welle setzt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf landesweite Zugangsverbote für Ungeimpfte. Einen entsprechenden Vorschlag zur landesweiten Hochstufung auf 2G «wo es möglich ist» - also Zugang nur für Geimpfte und Genesene, nicht mehr für negativ Getestete - werde er dem Koalitionspartner Freie Wähler unterbreiten, sagte Söder am Donnerstag in München nach einem Treffen mit Vertretern von Krankenhäusern. Ergänzend zu 2G stehe auch eine Maskenpflicht bis zum Sitzplatz in der Diskussion. Wann 2G komme, sagte Söder zunächst aber nicht.

Gleichzeitig solle - so Söder weiter - in Clubs und Diskotheken der Standard 2G plus gelten - also Zutritt nur für Geimpfte und Genesene, die aber zusätzlich noch einen Schnelltest machen müssen, «bevor man ins Vergnügen startet». Die maximale Sicherheit sei für die Akzeptanz der Maßnahmen «ganz wichtig». Mit Blick auf den Bund betonte Söder, dass es auch auf Bundesebene 2G brauche und zwar «soweit irgendwie möglich». Dies sei eines von vielen Themen, welches Bund und Länder in der kommenden Woche dringend besprechen müssten.

Die Landeshauptstadt München will nicht auf Beschlüsse von Bund und Land warten. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kündigte wegen der kritischen Corona-Lage die 2G-Regel für die Gastronomie an. 2G soll seinen Angaben zufolge sowohl im Außen- als auch im Innenbereich gelten - und im besten Fall bereits ab kommender Woche. Für Hotels soll das nicht gelten - da bleibe die 3G-Regelung in Kraft, hier dürfen weiter auch Ungeimpfte mit negativem Test einchecken.

Kritik übte Söder an dem zuvor in Berlin vom möglichen neuen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgestellten Konzept für die künftige Anti-Corona-Politik. Das Konzept reiche nicht aus, es fehle etwa eine Notfalloption, die es bei Bedarf ermögliche, Kontaktbeschränkungen durchzusetzen, auch brauche es eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen etwa in der Pflege, schnellere Auffrischungsimpfungen bereits fünf Monate nach der Zweitimpfung und die 3G-Auskunftspflicht am Arbeitsplatz. «Das alles ist nicht da, daher wird das so nicht funktionieren», sagte Söder.

Generell sei die Lage im Freistaat «sehr sehr ernst und wird jeden Tag schwieriger», sagte Söder. Das Robert Koch-Institut meldete am Donnerstagvormittag 71 neue Corona-Todesopfer in Bayern, fast ein Drittel der bundesweit gezählten 234 Todesfälle und ein weit überdurchschnittlicher Wert im Bundesvergleich. Auch die Infektionszahlen schießen rasant in die Höhe: Am Donnerstag meldete das Robert Koch-Institut 13 456 neue Corona-Fälle in Bayern, über 3000 mehr als am Vortag.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) widersprach unterdessen dem Gerücht, dass es in Bayern mancherorts wieder Impfstoffmangel gebe. Wenn es an einigen Orten Engpässe gebe, basiere das auf logistischen Problemen. Auch bei den Beatmungsgeräten gebe es derzeit keine Probleme, betonte Holetschek. Aus der bayerischen Landeshauptstadt hieß es: «Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage nach Erst- und Auffrischungsimpfungen wird im Freistaat Bayern der Impfstoff knapp», teilte die Stadt München mit.

Bayernweit trat der von der Staatsregierung am Vortag ausgerufene neuerliche Katastrophenfall in Kraft. Dies soll helfen, die Lage in den Kliniken und hier insbesondere auf den Intensivstationen durch eine bessere Steuerung der Patienten und der Pflegekräfte zu entspannen. Es gebe derzeit insbesondere in Südbayern praktisch keine freien Plätze mehr auf den Intensivstationen, auch generell sei die Situation in Deutschland so dramatisch, «wie wir sie noch nie hatten», sagte Thomas Weiler, Chef der Starnberger Kliniken. Dies sei eine «bedrohende Situation für jeden, der eine intensivmedizinische Versorgung braucht».

Als Gründe für die hohe Infektionsdynamik nannte Söder die hohe Zahl an Ungeimpften, die wachsende Zahl an Impfdurchbrüchen und die sinkende Bereitschaft der Menschen, die neuerliche «Lage so zu sehen, wie sie ist und sich an die Regeln zu halten». Die Impfquote in Bayern ist die niedrigste in Westdeutschland. Am Donnerstag waren laut Dashboard des Bundes 65,3 Prozent der Bürger vollständig geimpft. Immerhin ist bald Söders Kabinett vollständig geimpft - der impfskeptische Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte der dpa, dass er sich jetzt auch habe impfen lassen.

Klaus Überla, Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut, brachte am Donnerstag im Fall einer noch dramatischeren Corona-Lage einen «Lockdown für alle» ins Spiel. «Wir brauchen einen Notschalter, falls die Intensivstationen wirklich zusammenbrechen sollten», sagte er den «Nürnberger Nachrichten» und der «Nürnberger Zeitung». Ob 2G ausreichen würde, wisse er nicht. 2G mit zusätzlichen Tests - 2G plus - sei bei bestimmten Veranstaltungen sinnvoll, generell sei es vom Aufwand und von der Logistik her kaum zu stemmen.

Sowohl bei den Infektions- als auch den Todeszahlen liegt Bayern derzeit vorn: Mit Stand Mittwoch hat die Pandemie in Bayern in einer Woche 234 Tote gefordert, mehr als in jedem anderen Bundesland. Das geht aus der Auswertung der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität hervor. Im Verhältnis zu den wöchentlichen Todeszahlen im Oktober ist das mehr als eine Verdopplung.

Die bayernweite Corona-Inzidenz überstieg am Donnerstag mit einem Wert von 427,4 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen die Schwelle von 400. Nach wie vor liegen fünf bayerische Landkreise mit den bundesweit höchsten Inzidenzen an der Spitze. Der Landkreis Rottal-Inn lag am Donnerstag laut Robert Koch-Institut mit einer Inzidenz von 1140,4 bundesweit an der Spitze, gefolgt von vier weiteren bayerischen Kommunen.

Söder sagte darüber hinaus ein geplantes Staatsbankett mit der dänischen Königin Margrethe ab. Das bestätigte die Staatskanzlei in München, zuvor hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet. Die 81 Jahre alte Monarchin wird an diesem Freitag in München erwartet. Ein Empfang soll dennoch stattfinden.

DEHOGA Bayern : "Weitere Corona-Verschärfungen und 2G Plus-Regel für Clubs weder verhältnismäßig noch zielführend"

„Die Gesundheit unserer Gäste und Mitarbeiter steht für uns immer an erster Stelle. Wir nehmen die Auflagen daher auch sehr ernst. Eine weitere Verschärfung, insbesondere die Idee einer sog. 2G Plus-Regel für Clubs sehen wir äußerst kritisch, sie ist weder verhältnismäßig noch zielführend“, so Inselkammer. Das Gastgewerbe ist nachweislich und erwiesenermaßen kein Infektionsherd. Die bisherige 2G-Auflage für Clubs wurde streng kontrolliert und eingehalten. Ein zusätzlicher Schnelltest für Geimpfte würde die Hürde nun so hoch setzen, dass es de facto zu einem erneuten Lockdown für Clubs und Diskotheken kommt. Da die Impfung vor schweren Verläufen schützt, würde es auch nicht zu einer wirksamen Entlastung des Gesundheitssystems beitragen. Die Infektionsgefahr würde sogar wieder steigen, da das Feiern vom organisierten, kontrollierten und damit weitestgehend sicheren Bereich in den privaten und unkontrollierten Bereich verlagert wird.

Inselkammer: „Auch in allen anderen gastgewerblichen Bereichen haben wir bereits jetzt mit massiven Stornierungen, auch über das Weihnachtsgeschäft hinaus, zu kämpfen. Selbst wenn es keinen offiziellen Lockdown mehr geben wird, so kommen wir in eine Situation, die im Effekt für unsere Betriebe leider nichts anderes bedeutet.“

Aufgrund der sich zuspitzenden Situation im Gastgewerbe, fordert der DEHOGA Bayern zudem schnelle wirtschaftliche Unterstützung in Form einer weiteren oder fortgesetzten Überbrückungshilfe.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Am 15. Januar findet als Abschlussaktion der Aktionswoche „Ohne uns kein Essen“ der Landwirte in Berlin eine Großdemo statt. Hier ist auch der DEHOGA als Partner und Unterstützer mit dabei. Auch in den Bundesländern gibt es Aktionen. Teilnahmen an Straßenblockaden sind nicht geplant.

Beim Blick in die Kühltheken sollen Verbraucherinnen und Verbraucher bald zusätzliche Informationen auf Lebensmitteln finden - zur Herkunft von Fleischwaren schon in wenigen Wochen. Ein anderes Logo kommt auch auf den Weg.

Per Gesetz sollen Plastik-Einwegverpackungen bei Essen zum Mitnehmen eingedämmt werden. Der Dehoga findet die Idee grundsätzlich gut. Es hakt aber bei der Rückgabe des als Ersatz genutzten Mehrweggeschirrs.

Auch im Ausland ist das allgemeine Preisniveau zuletzt deutlich gestiegen - in unterschiedlicher Weise. Die Finanzverwaltung reagiert darauf mit neu berechneten Pauschalen für Dienstreisende.

Thüringen stellt Gastronomen und Hoteliers Finanzhilfen in den kommenden Jahren in Aussicht. Es solle ein «Gastrobonus» für Investitionen aufgelegt werden, teilte die Linke-Landtagsfraktion in Erfurt mit.

Fast zwei Jahre nach Einführung der Verpackungssteuer rechnet die Stadt Tübingen mit einem Geldregen. Es sei mit einem Steueraufkommen von mindestens rund 692 000 Euro für das Jahr 2022 auszugehen. Eine Franchise-Nehmerin von McDonald's hat gegen die Steuer Verfassungsbeschwerde erhoben.

Bundesminister Cem Özdemir traf sich mit Repräsentanten der Gemeinschaftsgastronomie im Dehoga, um den Austausch zu den praxisrelevanten Herausforderungen bei der Realisierung der Ziele der Ernährungsstrategie der Bundesregierung zu intensivieren.

Nach ihrer Einigung im Haushaltsstreit gaben sich die Ampel-Spitzen zunächst ziemlich zugeknöpft. Jetzt gibt es erstmals eine Liste ihrer Beschlüsse. Doch Änderungen sind nicht ausgeschlossen.

Bei der Deutschen Bahn drohen im kommenden Jahr mehrtägige Streiks mit Tausenden Zugausfällen. Die Mitglieder der Lokführergewerkschaft GDL haben per Urabstimmung den Weg für unbefristete Arbeitskämpfe freigemacht, wie GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstag mitteilte.

In den Tarifverhandlungen der Brandenburger Hotels und Gaststätten haben sich die Parteien schnell auf einen Lohnzuwachs für die Beschäftigten geeinigt. Doch der Dehoga rechnet im kommenden Jahr mit zahlreichen Pleiten.