«Deutsche Urlauber können planen»: Österreich öffnet am 19. Mai praktisch alle Branchen

| Politik Politik

In Österreich dürfen ab 19. Mai praktisch alle wegen der Corona-Krise heruntergefahrenen Branchen einen Neustart wagen. Das kündigte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag an. Zentrale Säule des Schritts ist ein umfassendes Schutzkonzept, bei dem Zutrittstests für Gastronomie, Hotellerie, Sport und Kultur im Mittelpunkt stehen. Das gilt auch für Kongresse und Messen.

Die Deutschen, die Urlaub in Österreich machen wollen, können laut Regierung wieder planen. Die Quarantänepflicht gelte nur noch für Hochrisikogebiete. Für Einreisen aus Deutschland reichten ein negativer Test oder der grüne Pass.

«Diese Öffnungsschritte erfolgen mit strengen Sicherheitskonzepten, aber sie erfolgen», sagte Kurz. Er hoffe darauf, dass weitere Erleichterungen zum Beispiel für die Nachtgastronomie, für Hochzeitsfeiern und für Vereinsfeste ab 1. Juli folgen könnten. Die Schulen sollen bereits ab 17. Mai durchgehend wieder in den Präsenzunterricht übergehen.

Er sei angesichts dieser Pläne mit einer wieder steigenden Anzahl Corona-Infektionen zu rechnen, so der österreichische Regierungschef. Er gehe aber davon aus, dass dank der Impfungen die Lage beherrschbar bleibe. «Da liegt schon eine gewisse Vorfreude in der Luft», sagte Vize-Kanzler Werner Kogler (Grüne). Es sei der Regierung wichtig, eine positive Perspektive zu geben und für Planbarkeit zu sorgen.

«Ich habe gesehen, dass Kinder Depressionen haben», sagte der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein. Der Mediziner legte - neben einem Appell zu weiterer Vorsicht - Wert auf einen Blick auf die Kollateralschäden der Lockdowns. «Wir haben gesehen, dass Homeschooling und Homeoffice nicht zusammenpassen.»

«Ab 19. Mai geht es wieder auf! Grundvoraussetzung für den Zutritt zur Gastronomie wird der Nachweis sein, ob man geimpft, getestet oder genesen ist. Ein wichtiger Schritt ist, dass auch kontrollierte Selbsttests gültig sein werden. Damit werden etwa spontane Treffen in einem Lokal sicher möglich. Abstandsregeln, Gruppenbeschränkungen und das Tragen von FFP2 Masken, außer am Tisch, sind weiter einzuhalten», betont Tourismusministerin Köstinger. Für die Hotellerie werden die gleichen Voraussetzungen gelten. «Neben Gastronomie und Hotellerie dürfen auch Kunst-, Kultur-, Thermen-, Wellness- oder Vergnügungsangebote öffnen. Dafür habe ich mich eingesetzt. Denn Tourismus-, Freizeit- und Veranstaltungsbranche hängen zusammen», so die Tourismusministerin. 

Zudem fallen mit 19. Mai die derzeitigen Quarantänebestimmungen. Personen, die getestet, geimpft oder genesen sind, dürfen dann ohne Quarantäne nach Österreich reisen. «Das wird Tourismus mit Gästen aus dem Ausland wieder ermöglichen», erklärt Köstinger.

«Unsere Betriebe freuen sich nach monatelanger Schließung auf ein dauerhaftes Aufsperren. Die Zeit, die uns nun bis zum Öffnungstermin bleibt, werden wir, gemeinsam mit unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, nutzen, um auch die aktuellen Maßnahmen, wie z.B. die Gästetestungen, in die bestehenden Sicherheitskonzepte zu integrieren. Denn letztlich wollen wir alle nur eines: Sicher öffnen – zum Wohlergehen unserer Gäste, Mitarbeiter und natürlich zum Wohle unserer Unternehmen», erklärt Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Branchensprecherin der rund 16.000 österreichischen Beherbergungsbetriebe.

Bei allem bisherigen Erfolg der Teststrategie mahnte der Vizerektor der Medizinischen Universität Wien, Oswald Wagner, ebenfalls zur Umsicht. «Auf den letzten Metern des Marathonlaufs kann noch ein Stolpern passieren.» Die Bundesländer könnten Maßnahmen auch wieder verschärfen, sollte das nötig sein, sagte Kurz.

Konkret sind Veranstaltungen mit bis zu 3000 Menschen im Freien mit Schutzkonzept ab 19. Mai wieder möglich. Für Innenräume gilt eine Obergrenze von 1500 Personen. Für die Gastronomie, in der Kultur und beim Sport gilt dann eine Sperrstunde ab 22 Uhr. Im Amateursport sind auch Kontaktsportarten wie Fußball ab 19. Mai wieder erlaubt.

Österreich hat ein auch im weltweiten Vergleich besonders breites Testangebot ausgerollt. Die wöchentlich millionenfachen Tests - ihre Zahl entspräche rund 20 Millionen Antigen- und PCR-Tests pro Woche in Deutschland - waren und sind ein Rückgrat der Corona-Strategie.

In der Corona-Krise waren die Zahlen der Neuinfektionen zuletzt - auch dank eines mehrwöchigen Lockdowns in drei östlichen Bundesländern - etwas gefallen. Auch der Druck auf den Intensivstationen nahm ab. Insgesamt liegt die Sieben-Tage-Inzidenz mit rund 180 aber immer noch über dem deutschen Wert von 164. Laut Experten ist eine Hauptquelle der Ansteckungen der private Bereich.

Gerade die Wirtschaft hatte massiv auf das Öffnen auch der Gastronomie und der Hotellerie gedrängt. Der Handel und viele Dienstleister haben in sechs von neun Bundesländern bereits seit Anfang Februar durchgehend geöffnet. «Was wir brauchen, ist ein breiter Aufschwung für alle», sagte der Präsident der Wirtschaftskammer, Harald Mahrer, bereits vor der Sitzung.

Virologen warnen unterdessen wegen der nach wie vor nicht klaren Tendenz beim Infektionsgeschehen vor einem zu frühen Neustart. Der Komplexitätsforscher Peter Klimek sagte im ORF-Radio: «Es ist unklar, wo wir in welchem Bundesland Mitte Mai stehen. Man kann noch nicht seriös sagen, wie groß die Öffnungsschritte sein können.» Den Experten bereitet auch eine in Tirol aufgetretene Virus-Mutante Sorgen, die mit der britischen Variante verwandt ist. Deshalb wurde auch die Pflicht für Tests bei Ausreisen aus dem Bundesland bis 5. Mai verlängert. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Haushalt für das laufende Jahr hat die Ampel-Koalition an ihre Grenzen gebracht. Jetzt ist das Budget im Bundestag endlich beschlossen. Die Opposition meint: Sparen sieht anders aus.

Ab dem 1. Februar erhöht die Stadt Wiesbaden die Kurtaxe auf den Rekordwert von fünf Euro erhöht. Auch Geschäftsreisende müssen zahlen. Nun schlagen Hoteliers und Gastronomen Alarm.

Der Hamburger Musikclub Molotow kann vorerst bis Ende 2024 an seinem aktuellen Standort weiterbetrieben werden. Eigentlich soll anstelle des Musikclubs ein Hotel entstehen. Mehr als tausend Menschen hatten Ende letzten Jahres gegen die Pläne demonstriert.

Was bislang schon für unverpacktes Rindfleisch sowie verpacktes Fleisch aller Tierarten galt, ist jetzt auch generell für unverpacktes Fleisch vorgeschrieben. Noch gilt die Regelung nicht für die Gastronomie. Der DEHOGA setzt auf freiwillige Lösungen.

In rund 80 Städten kommen am Freitag erhebliche Einschränkungen auf Fahrgäste zu: Busse, U- und Straßenbahnen sollen an dem Tag dort meist ganztägig im Depot bleiben. Die Gewerkschaft Verdi erhöht den Druck im Tarifstreit. Nur Bayern ist nicht betroffen.

Das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium unterstützt Restaurants, Campingplätze und Hotels beim Ausbau oder der Erweiterung ihres touristischen Angebots. Rund acht Millionen Euro stehen im Haushaltsjahr 2024 bereit. Derr Dehoga freut sich über diese Entwicklung.

Die Bundesregierung diskutiert erneut die Einführung einer Tierwohlabgabe. Ein sogenannter „Tierwohlcent“ löse nicht die Probleme, sagt jetzt der DEHOGA Bundesverband. Originäre Aufgabe der Politik wäre es jetzt, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand zu verbessern.

Seit Jahresbeginn wird für Speisen in Gaststätten wieder eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent erhoben. Alle Bestrebungen des Tourismuslandes MV, dauerhaft 7 Prozent festzuschreiben, waren erfolglos. Doch die rot-rote Koalition gibt nicht auf.

Mit einem in diesem Jahr mit bis zu rund acht Millionen ausgestatteten Programm will die rheinland-pfälzische Landesregierung Betreibern von Restaurants, Hotels und Campingplätzen unter die Arme greifen. Es solle beim Ausbau touristischer Angebote unterstützen, teilte das Wirtschaftsministerium mit.

 

Mecklenburg-Vorpommern hält an seiner Forderung fest, den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie dauerhaft von 19 auf 7 Prozent zu senken. Bei einer Debatte im Landtag kam es zuvor zu gegenseitigen Schuldzuweisungen.