Für Klima und Umwelt: Bund fördert Leitungswasser als Durstlöscher

| Politik Politik

Bundesumweltministerin Svenja Schulze ruft für mehr Umwelt- und Klimaschutz dazu auf, Leitungswasser zu trinken. Das Wasser aus dem Hahn in Deutschland sei «einwandfrei», sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. «Wer Leitungswasser trinkt, spart Geld, Energie und unnötige Verpackungen.» Trinkwasserbrunnen seien eine «gesunde und umweltfreundliche Alternative zu den vielen Einweg-Wasserflaschen, die die Leute täglich mit sich herum tragen» - und machten es vor allem an heißen Tagen angenehmer sich in Städten aufzuhalten.

«Wer Leitungswasser trinkt, hilft beim Klimaschutz und tut der Umwelt etwas Gutes», fasste das Umweltministerium am Donnerstag zusammen. Es fördert das Trinkwasser aus der Leitung über einen Verein: «a tip: tap» ist Englisch und heißt «Ein Tipp: Wasserhahn». Der Verein organisiert das Projekt «Wasserwende - Trinkwasser ist Klimaschutz», Schulze unterstützt es mit 1,3 Millionen Euro. Angefangen hat der Verein im Berliner Mariannenkiez. Nun sollen zwölf weitere «Wasserquartiere» entstehen. Ziel sei «der Umstieg von Flaschen- auf Trinkwasser aus der Leitung, um die CO2-Emissionen und den Plastikmüll zu reduzieren», teilte das Umweltministerium mit.

Aufklärung und „Trinkorte“

Aber wie? Es gehe ums Aufklären an Ständen, in Kitas und Schulen und in Unternehmen, erklärte Carmen Heilmaier, die das Projekt mit organisiert - und um «Trinkorte», also Trinkbrunnen und andere Orte, an denen man seine Wasserflasche auffüllen darf. Dafür arbeitet der Verein mit Kommunen, Stadtwerken und anderen Initiativen zusammen - etwa in Berlin-Moabit, im Labertal bei München, in Marburg, Karlsruhe, Neuruppin und in Chemnitz. Auch am bayerischen Ammersee, in Mühlheim an der Ruhr, Gelsenkirchen, Erfurt und im niedersächsischen Landkreis Peine sollen Wasserquartiere entstehen.

Ob Leute wirklich von Flaschen- auf Leitungswasser umsteigen, sollen Experten überprüfen - und ob die Annahme stimmt, das pro Liter Mineralwasser 400 Gramm CO2-Äquivalente ausgestoßen werden, also Treibhausgase umgerechnet in Kohlendioxid.

Wie viele Treibhausgase wirklich durch Flaschenwasser entstehen, ist schwer zu sagen. Die Zertifizierungsgesellschaft Gut stellte vor zehn Jahren fest, dass Leitungs- und Mineralwasser bei Förderung und Aufbereitung etwa gleich abschneiden. Transportwege und Verpackungen machten aber einen gewaltigen Unterschied. So ergebe sich «eine Schwankungsbreite der typischen in Berlin verkauften Mineralwässer zwischen 60 und 425» Gramm CO2-Äquivalente pro Liter, heißt es in der Untersuchung - während es beim Leitungswasser nur durchschnittlich 0,35 Gramm seien. Selbst unter besonders günstigen Bedingungen wäre der CO2-Ausstoß pro Liter Flaschenwasser demnach 171 mal höher.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat keine Daten zur CO2-Bilanz von Mineral- und Leitungswasser, aber die Richtung ist klar: «Wer kein Flaschenwasser kauft, spart eigene Transportwege und Transporte durch ganz Deutschland oder Europa, oft mit dem Lkw», sagte Wasserexperte Hans-Jürgen Grummt. Die Qualität des Leitungswassers sei so gut, dass es «keinen Grund gibt, zum Durstlöschen Mineralwasser in Flaschen zu kaufen», findet er.

Mineralbrunnen reagieren erbost

Die Mineralbrunnen reagierten erbost auf den Appell der Ministerin. Der Verband Deutscher Mineralbrunnen wende sich «entschieden gegen die permanenten Versuche» der SPD-Politikerin, «die Mineralbrunnenbranche als Umweltsünder zu diskriminieren», sagte der Vorsitzende Karl Tack der dpa. Die Mineralbrunnen leisteten einen Beitrag zum Umweltschutz, weil sie ein weltweit vorbildliches Mehrweg- und Pfandsystem eingerichtet hätten. «Hier wäre Schützenhilfe für die Mineralbrunnen statt staatlicher Bevormundung geboten.»

Und wie halten es die Deutschen beim Wasser? Im März meldete der Branchenverband der Wasserwirtschaft BDEW auf Basis einer Umfrage, die er in Auftrag gegeben hatte: «83 Prozent der Deutschen trinken regelmäßig oder gelegentlich Leitungswasser». Vier Prozent des Wasserverbrauchs pro Kopf und Tag gehen laut BDEW aufs Konto von Essen und Trinken.

Allerdings ist der Konsum von Mineralwasser nach Angaben des Verbands Deutscher Mineralbrunnen (VDM) in den vergangenen Jahrzehnten kräftig gestiegen. 2018 lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Mineral- und Heilwasser demnach bei 147,7 Litern. 2010 waren es noch rund 131 Liter, zur Jahrtausendwende 100 Liter und 1980 sogar nur knapp 40 Liter. Etwa 80 Prozent davon trinken die Deutschen mit Kohlensäure.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dessen Mitglieder nach eigenen Angaben mehr als 90 Prozent der Deutschen mit Wasser versorgen, betont vor allem den «unschlagbar attraktiven» Preis von durchschnittlich rund 0,2 Cent pro Liter. Für einen Euro bekommt man also im Schnitt 500 Liter Wasser.

Trinkwasser gehört zu den am besten überwachten Lebensmitteln

Aber wie sieht es mit der Sicherheit aus? Schließlich liest man immer wieder von Nitrat im Grundwasser oder alten Bleirohren. Die Stiftung Warentest hat dazu im Juni einen Überblick veröffentlicht. «In fast allen Wässern fanden sich Spuren aus der Umwelt, aber sie geben keinen Anlass, sich um seine Gesundheit zu sorgen», heißt es dort. BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand betonte: «Trinkwasser gehört zu den am besten überwachten Lebensmitteln in Deutschland.»

UBA-Experte Grummt sagte, Bleirohre in Wohnhäusern seien «ein regionales Problem älterer Häuser». Nach 1973 wurden sie dem Amt zufolge nicht mehr verbaut. Wer Bedenken hat, könne beim Hausbesitzer nachfragen oder sich beim örtlichen Gesundheitsamt zu kostenpflichtigen Labortests beraten lassen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Haushalt für das laufende Jahr hat die Ampel-Koalition an ihre Grenzen gebracht. Jetzt ist das Budget im Bundestag endlich beschlossen. Die Opposition meint: Sparen sieht anders aus.

Ab dem 1. Februar erhöht die Stadt Wiesbaden die Kurtaxe auf den Rekordwert von fünf Euro erhöht. Auch Geschäftsreisende müssen zahlen. Nun schlagen Hoteliers und Gastronomen Alarm.

Der Hamburger Musikclub Molotow kann vorerst bis Ende 2024 an seinem aktuellen Standort weiterbetrieben werden. Eigentlich soll anstelle des Musikclubs ein Hotel entstehen. Mehr als tausend Menschen hatten Ende letzten Jahres gegen die Pläne demonstriert.

Was bislang schon für unverpacktes Rindfleisch sowie verpacktes Fleisch aller Tierarten galt, ist jetzt auch generell für unverpacktes Fleisch vorgeschrieben. Noch gilt die Regelung nicht für die Gastronomie. Der DEHOGA setzt auf freiwillige Lösungen.

In rund 80 Städten kommen am Freitag erhebliche Einschränkungen auf Fahrgäste zu: Busse, U- und Straßenbahnen sollen an dem Tag dort meist ganztägig im Depot bleiben. Die Gewerkschaft Verdi erhöht den Druck im Tarifstreit. Nur Bayern ist nicht betroffen.

Das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium unterstützt Restaurants, Campingplätze und Hotels beim Ausbau oder der Erweiterung ihres touristischen Angebots. Rund acht Millionen Euro stehen im Haushaltsjahr 2024 bereit. Derr Dehoga freut sich über diese Entwicklung.

Die Bundesregierung diskutiert erneut die Einführung einer Tierwohlabgabe. Ein sogenannter „Tierwohlcent“ löse nicht die Probleme, sagt jetzt der DEHOGA Bundesverband. Originäre Aufgabe der Politik wäre es jetzt, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand zu verbessern.

Seit Jahresbeginn wird für Speisen in Gaststätten wieder eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent erhoben. Alle Bestrebungen des Tourismuslandes MV, dauerhaft 7 Prozent festzuschreiben, waren erfolglos. Doch die rot-rote Koalition gibt nicht auf.

Mit einem in diesem Jahr mit bis zu rund acht Millionen ausgestatteten Programm will die rheinland-pfälzische Landesregierung Betreibern von Restaurants, Hotels und Campingplätzen unter die Arme greifen. Es solle beim Ausbau touristischer Angebote unterstützen, teilte das Wirtschaftsministerium mit.

 

Mecklenburg-Vorpommern hält an seiner Forderung fest, den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie dauerhaft von 19 auf 7 Prozent zu senken. Bei einer Debatte im Landtag kam es zuvor zu gegenseitigen Schuldzuweisungen.