Kabinett beschließt Gas- und Strompreisbremsen / DEHOGA fordert Änderung des Referenzzeitraums

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Das Bundeskabinett hat den Weg für die ab kommendem Jahr geplanten Gas- und Strompreisbremsen geebnet. Für größere Unternehmen soll das Referenzjahr für die Berechnung der Werte immer noch das Jahr 2021, in dem das Gastgewerbe fast fünf Monate geschlossen war, sein. Das bezeichnet der DEHGOA als inakzeptabel und fordert die entsprechenden Lösungen ein. Bundestag und Bundesrat sollen die Energiebremsen noch im Dezember final beschließen, damit sie wie geplant im kommenden Jahr in Kraft treten können.

Mit den milliardenschweren Preisbremsen reagiert die Bundesregierung auf stark gestiegene Energiepreise. Sie sollen Belastungen für Haushalte und Unternehmen abfedern. Vorgesehen ist, dass Strom-, Gas- und Wärmpreise für einen Anteil des Verbrauchs begrenzt werden.

Anders als von der Expertenkommission vorgeschlagen würde die Preisbremse somit nicht nur von März 2023 bis April 2024 gelten. Vielmehr soll der für März ermittelte Entlastungsbetrag „gleichsam rückwirkend“ auf Januar und Februar 2023 erstreckt werden. Die Gaspreisbremse soll für Privathaushalte und Unternehmen mit einem Verbrauch von bis zu 1,5 Mio. Kilowattstunden jährlich für 80 Prozent des geschätzten Jahresverbrauchs bei zwölf Cent brutto pro Kilowattstunde liegen. Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs würde der Vertragspreis gelten.

Bei der Strompreisbremse war zuvor bereits Januar als Starttermin diskutiert worden, allerdings war fraglich, ob dies von den Energieversorgern umgesetzt werden könnte. Nun sollen hier ebenfalls die Entlastungsbeträge für Januar und Februar 2023 im März rückwirkend angerechnet werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lobte das Vorhaben. «Die Preisbremsen für Gas, Strom und Fernwärme kommen. Wir deckeln den Preis für Energie, damit Bürgerinnen und Bürger mit den neuen Preisen und mit den Herausforderungen zurecht kommen können», sagte Scholz. «Die Regierung tut alles, damit unser Land gut durch den Winter kommt.»

Gleiches gilt für die Strompreisbremse. Sie sieht vor, dass Haushalte und kleinere Unternehmen 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs zu einem garantierten Bruttopreis von 40 Cent pro Kilowattstunde erhalten. Für Industriekunden liegt die Grenze bei 13 Cent für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs.

Die Entlastungen sind bis April 2024 befristet und sollen ab März des kommenden Jahres greifen. Bürger und Unternehmen sollen aber rückwirkend auch für Januar und Februar entlastet werden, indem im März die Vergünstigungen für die beiden vorherigen Monate mitangerechnet werden. Erst kürzlich hatten Bundestag und Bundesrat zur Entlastung der Haushalte bereits eine Dezember-Einmalzahlung beschlossen. Sie soll Wärme- und Gaskunden zugutekommen und die Zeit bis zum Greifen der Energiebremsen überbrücken.

DEHOGA fordert Änderung des Referenzzeitraums von Gas- und Strompreisbremse für die pandemiebetroffenen RLM-Kunden

In einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen Robert Habeck und Christian Lindner hat der DEHOGA noch einmal mit Nachdruck die Änderung des Referenzzeitraums der Strom- und Gaspreisbremse für pandemiebetroffene RLM-Kunden eingefordert. Denn durch die bislang geplante Festlegung des Referenzzeitraums für alle RLM-Kunden bei Gaslieferungen und Stromlieferungen auf das Jahr 2021 sind Unternehmen des Gastgewerbes und weitere von den coronabedingten Schließungen betroffene Unternehmen erheblich benachteiligt.

„Wir haben verdeutlicht, dass die Verbrauchswerte durch die monatelangen Schließungen unserer Betriebe im Coronajahr 2021 in erheblichem Umfang von jenen in 2019 oder 2022 abweichen. Aufgrund uns vorliegender Rückmeldungen aus der Branche gehen wir davon aus, dass die Differenz der Energieverbräuche in 2021 zum Vorpandemiejahr 2019 zwischen 15 und 38 % liegt. Anhand von Beispielrechnungen haben wir die eklatante Benachteiligung verdeutlicht!“, so der Verband

In dem Schreiben habe man klargemacht, dass 2022 das dritte Verlustjahr der Branche in Folge ist. Ausweislich der Zahlen des Statistischen Bundesamtes lag die Umsatzentwicklung von Januar bis September 2022 bei real minus 11,1 Prozent. Die Kostenexplosionen bei Lebensmitteln belaufen sich aktuell auf 28 Prozent, bei Personal auf 20 Prozent, hinzu kommen die bei vielen bereits gestiegenen Energiekosten; so der Verband.

Es wäre völlig inakzeptabel in dieser Situation, durch die Festlegung des Referenzzeitraums die von der Pandemie massiv betroffenen Unternehmen zu benachteiligen. „Dank der Corona-Hilfen haben die meisten Unternehmen überlebt. Aber wir wissen auch, dass coronabedingte Kredite in vielen Fällen noch zu tilgen sind. Gleiches gilt für die Aufstockung der während der Pandemie aufgezehrten Rücklagen. Aus Sicht des DEHOGA wäre die Korrektur auch im Einklang mit dem Beihilferecht und insbesondere dem Befristeten Krisenrahmen (TCF) zu gestalten“, heißt es aus dem DEHOGA.

Lob für die Preisbremsen gab es unter anderem vom Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) und vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Bei der Strompreisbremse könnten auch energieintensive kleinere Handwerksbetriebe profitieren, betonte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. Dadurch, dass die Strompreisbremse für Januar und Februar aber erst rückwirkend ab März gewährt werde, könne es für viele Betriebe finanziell eng werden. Wollseifer forderte deshalb eine «Härtefallbrücke».

Greenpeace kritisierte die Vorhaben. «Diese Beschlüsse machen Energie mit vielen Milliarden an Steuergeldern billiger, aber sie versäumen, dafür zu sorgen, dass die Abhängigkeit von fossilen Energien künftig sinkt», erklärte Bastian Neuwirth von der Umweltorganisation.

Neben den Bremsen hat das Kabinett am Freitag auch Neuregelungen verabschiedet, die Verbraucher, die ihre Energiekosten nicht bedienen können, künftig besser vor Strom-und Gassperren schützen sollen. Demnach sollen Energieanbieter dazu verpflichtet werden, den Kunden vor der Verhängung von Sperren eine Ratenzahlung ihrer Rückstände anzubieten. «Ich möchte, dass in diesem Winter niemand ohne Gas und Strom dasteht, weil er die gestiegenen Energiepreise nicht stemmen kann», sagte Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne).

Die neuen Regeln sind Teil der Entwürfe zu den Strom-und Gaspreisbremsen und können folglich auch erst dann in Kraft treten, wenn sich Bundestag und Bundesrat im Dezember damit befasst haben.


 

 

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