Nach den Polizeieinsätzen gegen Tausende feiernde Menschen in Hamburger Parks erwägt der Senat, das seit über einem Jahr geltende Tanzverbot zu lockern. «Wir denken darüber nach. Es ist möglich, dass wir das in einem weiteren Öffnungsschritt auch für Hamburg vorsehen», sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag auf eine Frage zur Öffnung der Außenbereiche von Clubs.
Tschentscher fügte aber mit Blick auf die Corona-Pandemie hinzu: «Wir müssen betonen, dass wir noch nicht am sicheren Ufer sind.» Er verwies auf die steigende Inzidenz in Großbritannien und die Abriegelung der portugiesischen Hauptstadt Lissabon am vergangenen Wochenende wegen der als ansteckender geltenden Delta-Virusvariante.
Am vergangenen Wochenende hatten sich bei hochsommerlichen Temperaturen Tausende Menschen im Hamburger Stadtpark versammelt und gefeiert. Im Laufe des Abends sei die Stimmung aggressiver geworden, teilte die Polizei mit. Vergeblich hätten die Beamten versucht, größere Gruppen aufzulösen und schließlich den ganzen Park geräumt. Dabei wurde von einigen Feiernden Pyrotechnik gezündet und Flaschen geworfen. «Wir haben jetzt am Wochenende bei diesem sehr günstigen sommerlichen Wetter Entwicklungen gehabt an einigen Orten der Stadt, die einfach nicht in Ordnung waren», sagte Tschentscher.
Trotz einer Sieben-Tage-Inzidenz von 10,0 (Dienstag) sind laut Hamburger Corona-Verordnung weiterhin «Tanzlustbarkeiten» untersagt. Für viele andere Bereiche vom Sport über Kultur bis zum Tourismus wurden die Regeln dagegen bereits gelockert. Am 4. Juli soll auch wieder der Fischmarkt stattfinden, wie Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) am Dienstag sagte.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) appellierte an alle gesellschaftlichen und familiären Akteure, weiter zusammenzuhalten und die Corona-Pandemie auf den letzten Metern gemeinsam zu besiegen. «Bei allem Verständnis für den Freiheitsdrang nach Monaten der Entbehrung bitten wir inständig, auf wilde Feiern zu verzichten», sagte der GdP-Landesvorsitzende Horst Niens. Diese zwängen die Polizei zum Handeln und führten in der Konsequenz zu Zusammenstößen zwischen jungen Erwachsenen und der Polizei.
Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie steht Hamburg nach Angaben von Tschentscher im Vergleich der Großstädte gut da. «Insgesamt sind wir in einer stark rückläufigen Infektionsdynamik», stellte er fest. Es sei aber wichtig, dass Hamburg bis zum Herbst eine ausreichend hohe Impfquote habe.
Im Vergleich der Bundesländer liegt Hamburg laut Robert Koch-Institut beim Impftempo weiterhin im unteren Bereich. Bis einschließlich Montag wurden hier 896 349 Menschen mindestens einmal geimpft. Das entspricht den Angaben zufolge 48,5 Prozent der Einwohner. Ihre Zweitimpfung haben 561 530 Bürger oder 30,4 Prozent der Bevölkerung bekommen. Das sind 14 768 Impfungen mehr als am Vortag.
Das Hamburger Impfzentrum vergibt seit Dienstag mehr als 52 000 neue Termine. Wer unter die Priorisierung fällt, also älter als 60 Jahre ist, bestimmte Vorerkrankungen hat oder bestimmten Berufsgruppen angehört, kann sich unter www.impfterminservice.de oder telefonisch unter der Nummer 116 117 einen Termin buchen, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte.
Eine vollständige Impfung schütze auch gegen die Varianten des Virus, erklärte Tschentscher, der von Beruf Labormediziner ist. Von den vollständig geimpften Hamburgern haben sich nach Angaben der Gesundheitsbehörde bislang 0,03 Prozent mit dem Coronavirus infiziert. In 15 Fällen sei ein Krankenhausaufenthalt bekannt. Die zuerst in Indien entdeckte Delta-Variante wurde in Hamburg bislang in 27 Fällen nachgewiesen, 9 mehr als vor einer Woche. (dpa)