Politiker und Wettbewerbshüter warnen vor zu billigen Lebensmitteln

| Politik Politik

Vor dem Spitzentreffen von Regierungsvertretern, Einzelhandel und Ernährungsindustrie werden erneut Warnungen vor zu niedrigen Lebensmittelpreisen laut. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) fordert, dass bei zunehmenden Anforderungen an die Landwirte auch die Preise für Lebensmittel im Supermarkt steigen müssten. «Mehr Leistung muss auch besser bezahlt werden. Anders bekommen die Bauern das nicht hin», sagte der Regierungschef des Agrarlandes Niedersachsen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntag).

Der Einzelhandel dürfe nicht das «Prinzip des niedrigsten Preises» hochhalten. «Viele Nahrungsmittel sind in Deutschland im Vergleich zu Nachbarländern erstaunlich billig», sagte Weil.

Einen Schritt weiter geht der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck: In der «Bild am Sonntag» forderte er von der Bundesregierung ein Verbot von «Ramschpreisen» bei Lebensmitteln. «Dieses Preisdumping im Supermarkt macht mich wütend. Das muss die Bundesregierung untersagen.» Sein Vorschlag: ein «Tierschutzcent» auf tierische Produkte. «Damit wird der Umbau von Ställen finanziert und Tiere bekommen mehr Platz», sagte Habeck der Zeitung. Diesen kleinen Preisaufschlag würde der Verbraucher an der Kasse kaum merken. «Aber das System würde sich ändern.»

Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl sind die führenden Einzelhändler in Deutschland und kontrollieren nach Angaben des Bundeskartellamts zusammen mehr als 85 Prozent des Lebensmittelmarktes in Deutschland. Das gebe ihnen eine große Einkaufsmacht bei Verhandlungen mit den Erzeugern, erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt im «Tagesspiegel» (Sonntag). Er warnte die vier Marktführer: «Die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels dürfen ihre Macht nicht dazu missbrauchen, die Konditionen einseitig zulasten der Erzeuger und Produzenten festzusetzen.»

Angesichts umstrittener Preisaktionen für Lebensmittel kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag mit dem Einzelhandel und der Ernährungsindustrie zusammen. Das Treffen im Kanzleramt mit Verbänden und Supermarktketten war bereits nach einem «Agrargipfel» bei Merkel mit Vertretern der Landwirtschaft im Dezember angekündigt worden. Hintergrund sind auch anhaltende Proteste von Bauern, die sich gegen neue Umweltauflagen, aber auch gegen umstrittene Billigangebote für Fleisch und andere Lebensmittel richten.

«David gegen Goliath, so fühlen sich aktuell Erzeuger, wenn sie mit dem Handel verhandeln», zitiert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) im Terminhinweis zu dem Spitzentreffen. «Mit dauerhaften Dumpingangeboten für Nahrungsmittel setzt der Handel hier ein falsches, auch gefährliches Signal.» Das verhindere, dass Verbraucher die Produkte wertschätzten. «Im Gegenteil: Man gewöhnt sich daran, der Handel erzieht sich seine Verbraucher.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Leerstände, Insolvenzen, Konsumflaute: Angesichts der schwierigen Situation bei Einzelhändlern und in vielen Innenstädten fordert der Handelsverband Deutschland (HDE) die Bundesregierung zu einem Innenstadtgipfel auf.

Bayerns DEHOGA-Präsidentin Angela Inselkammer hat von Ministerpräsident Markus Söder 200 Millionen Euro Investitionshilfe gefordert. Der Freistaat nehme durch die Mehrwertsteuererhöhung 300 Millionen Euro mehr ein. Zumindest ein Teil davon könne er sofort der Branche zurückgeben, forderte Inselkammer bei einem Verbandstreffen in München.

Das Spitzengremium des DEHOGA bekräftigt Forderung nach einheitlich sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Essen und drängt auf den sofortigen Stopp drohender neuer bürokratischer Belastungen. Es gehe um Fairness im Wettbewerb und die Zukunftssicherung der öffentlichen Wohnzimmer.

Gastronomie und Hotellerie in Deutschland haben weiterhin mit großen Problemen zu kämpfen. Die Betriebe beklagen Umsatzverluste, Kostensteigerungen sowie die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes hervor, an der sich 3.175 gastgewerbliche Unternehmer beteiligten.

Die Teil-Legalisierung von Cannabis konnte Bayern nicht verhindern. Dafür arbeitet die Staatsregierung nun an Kiff-Verboten für konkrete Bereiche. Darunter könnten Volksfeste, Biergärten und in Außenbereichen von Gaststätten gehören. Verstöße gegen das Cannabis-Gesetz werden teuer.

Der Slogan «Leistung muss sich wieder lohnen» ist schon etwas angestaubt. Die FDP poliert ihn jetzt auf. Und schlägt unter anderem steuerliche Anreize für bestimmte Leistungsträger vor.

Finanzminister Christian Lindner will Hobbybrauer, die Bier zum eigenen Verbrauch herstellen, bei der Steuer entlasten. Künftig sollen sie pro Jahr 500 Liter Bier steuerfrei brauen dürfen.

Mit dem Projekt COMEX der Bundesagentur für Arbeit/ZAV werden seit 2022 Köchinnen und Köche aus Mexiko in Hotels und Restaurants in Deutschland vermittelt. Der DEHOGA begleitet das Projekt von Anfang an.

Die Bundesagentur für Arbeit hat den DEHOGA Bundesverband informiert, dass für die Arbeitsmarktzulassung (AMZ) von Arbeitnehmern aus Drittstaaten zusätzliche Teams und neue Standorte eingerichtet und die Zuständigkeiten neu verteilt wurden. Grund dafür ist die erwartete Zunahme der Erwerbszuwanderung.

Es fehlen Fachkräfte - in zunehmender Zahl. Künftig sollen vermehrt Menschen aus dem Ausland diese Lücken schließen. Nun geht das Land neue Wege, diese Kräfte schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen.