Steigende Corona-Zahlen: Party-Obergrenze und mehr Masken gefordert

| Politik Politik

Kurz vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Länder-Regierungschefs zur Corona-Krise, fordern die Kommunen neue bundesweite Beschränkungen im öffentlichen Leben. Angesichts steigender Corona-Zahlen setzte sich der Landkreistag am Wochenende für eine einheitliche Obergrenzen von 50 Menschen bei Privatfeiern ein. Und der Städte- und Gemeindebund verlangt bei hohen Infektionszahlen eine Ausweitung der Maskenpflicht auf belebte Plätze und Weihnachtsmärkte. Mit Blick auf die nahende Grippesaison plädierte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach für kostenlose Grippeimpfungen für alle Versicherten.

Am Dienstag will Merkel mit den Ministerpräsidenten über Folgerungen aus der aktuellen Entwicklung beraten. Zuletzt gab es wiederholt Tage mit mehr als 2000 gemeldeten Corona-Neuinfektionen - am Samstag waren es 2507, der höchste Wert seit April. Am Sonntag meldete das Robert Koch-Institut (RKI) 1411 Fälle. Sonntags sind die Zahlen gewöhnlich niedriger, weil nicht alle Gesundheitsämter Daten weiterleiten.

Der Städte- und Gemeindebund forderte eine Maskenpflicht überall dort, wo außerhalb von Privaträumen der nötige Abstand nicht eingehalten werden kann und Corona-Neuinfektionen einen kritischen Wert erreichen. Das könne etwa für Weihnachtsmärkte und belebte Plätze gelten, wenn in einem Ort mehr als 50 Neuinfektionen pro Woche auf 100 000 Einwohner gemeldet würden, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Weil sich zurzeit viele Menschen bei privaten Feiern wie Hochzeiten oder Geburtstagen anstecken, forderte der Landkreistag eine bundesweite Obergrenze: «Ab 50 Teilnehmern wird es logistisch extrem schwierig, die Kontakte nachzuverfolgen, wenn ein Covid-Positiver unter der Gesellschaft war», sagte Verbandspräsident Reinhard Sager der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Bislang gibt es keine einheitliche Begrenzung.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) lehnte dies für private Räume ab. Nordrhein-Westfalen werde nur vorschreiben, dass Feiern mit mehr als 50 Personen in angemieteten Räumen dem Gesundheitsamt angezeigt werden müssten, sagte er der «Welt». Partys in privaten Räumen sollten aber ausgenommen bleiben. «Wir sind der Meinung, dass der Staat, wenn irgend möglich, bei privaten Feiern in einer Wohnung oder in der Garage nichts zu suchen hat.»

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte der «Bild am Sonntag», es gebe aktuell keinen Grund darüber nachzudenken, die Maßnahmen zu verschärfen. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar für «Bild am Sonntag» sind die Menschen in Deutschland mehrheitlich gegen eine Verschärfung der Corona-Regeln. Demnach wollen 57 Prozent die Maßnahmen in ihrer aktuellen Form beibehalten, 8 Prozent sind für eine Lockerung und 33 Prozent für eine Verschärfung.

RKI-Präsident Lothar Wieler sieht die aktuelle Lage in Deutschland gelassen. «Zurzeit scheint noch alles unter Kontrolle», sagte er der «Welt am Sonntag». Allerdings könne sich die Situation jederzeit ändern, und die Fallzahl könne exponentiell steigen, betonte er unter Verweis auf die die sprunghaften Entwicklungen in Israel, Spanien und Frankreich. Wenn sich die Menschen an die Regeln zu Abstand, Hygiene und Maskentragen hielten und in Räumen lüfteten, «dann bin ich davon überzeugt, dass wir das gut überstehen können».

Wegen der Pandemie raten Ärzte in diesem Jahr besonders zur Grippeimpfung - weil sie schwere Doppelerkrankungen mit Covid-19 und Grippe fürchten, aber auch um eine Überforderung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Bei einer starken Grippewelle könnte es sehr viele Patienten mit Atemwegserkrankungen geben, die versorgt und getestet, teils in Krankenhäuser und auf Intensivstationen gebracht werden müssten.

Angesichts dessen forderte der SPD-Politiker Lauterbach, der selbst Mediziner ist, kostenlose Grippeimpfungen für alle Versicherten. «Wir wissen schon lange, Corona und Grippe sind [eine] gefährliche Mixtur», erklärte der Bundestagsabgeordnete am Sonntag auf Twitter. In der «Welt am Sonntag» sprach er von einer «sehr sinnvollen Maßnahme mit geringen Kosten». Derzeit übernehmen einige Krankenkassen die Kosten nur für Patienten, die zu einer Risikogruppe zählen, andere dagegen für alle Versicherten. Lauterbach betonte, es könne nicht sein, dass zu der Impfung geraten werde, die Kassen sie dann aber nicht bezahlten.

Fraglich ist allerdings, ob der Grippe-Impfstoff für alle Versicherten ausreicht. Die Ständige Impfkommission (Stiko) am RKI empfiehlt die Impfung für Risikogruppen - Menschen ab 60, Schwangere, Personen mit Vorerkrankungen, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Berufsgruppen mit erhöhtem Infektionsrisiko.

Zur Versorgung aller Menschen aus diesen Gruppen bräuchte es rund 40 Millionen Impfdosen. Allerdings nehmen längst nicht alle von ihnen das Angebot in Anspruch - in der Altersgruppe ab 60 lag die Impfrate in der Grippesaison 2014/15 bei etwa 40 Prozent. Bestellt wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums bislang 26 Millionen Dosen.

Gesundheitsexperten im Bundestag rechnen nicht mit einem Engpass. «Auch dieses Jahr wird der Impfstoff reichen - wir können es uns leisten, diesen allen Versicherten kostenfrei zur Verfügung zu stellen», sagte Lauterbach. Ähnlich äußerte sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kordula Schulz-Asche.

Influenzaviren, die die Grippe hervorrufen, zirkulieren nach RKI-Angaben ab Herbst. Grippewellen - also eine erhöhte Influenza-Aktivität - beginnen aber meist erst im Januar und dauern drei bis vier Monate. Die Impfung sollte, so das Gesundheitsministerium, bis spätestens Mitte Dezember verabreicht werden. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Haushalt für das laufende Jahr hat die Ampel-Koalition an ihre Grenzen gebracht. Jetzt ist das Budget im Bundestag endlich beschlossen. Die Opposition meint: Sparen sieht anders aus.

Ab dem 1. Februar erhöht die Stadt Wiesbaden die Kurtaxe auf den Rekordwert von fünf Euro erhöht. Auch Geschäftsreisende müssen zahlen. Nun schlagen Hoteliers und Gastronomen Alarm.

Der Hamburger Musikclub Molotow kann vorerst bis Ende 2024 an seinem aktuellen Standort weiterbetrieben werden. Eigentlich soll anstelle des Musikclubs ein Hotel entstehen. Mehr als tausend Menschen hatten Ende letzten Jahres gegen die Pläne demonstriert.

Was bislang schon für unverpacktes Rindfleisch sowie verpacktes Fleisch aller Tierarten galt, ist jetzt auch generell für unverpacktes Fleisch vorgeschrieben. Noch gilt die Regelung nicht für die Gastronomie. Der DEHOGA setzt auf freiwillige Lösungen.

In rund 80 Städten kommen am Freitag erhebliche Einschränkungen auf Fahrgäste zu: Busse, U- und Straßenbahnen sollen an dem Tag dort meist ganztägig im Depot bleiben. Die Gewerkschaft Verdi erhöht den Druck im Tarifstreit. Nur Bayern ist nicht betroffen.

Das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium unterstützt Restaurants, Campingplätze und Hotels beim Ausbau oder der Erweiterung ihres touristischen Angebots. Rund acht Millionen Euro stehen im Haushaltsjahr 2024 bereit. Derr Dehoga freut sich über diese Entwicklung.

Die Bundesregierung diskutiert erneut die Einführung einer Tierwohlabgabe. Ein sogenannter „Tierwohlcent“ löse nicht die Probleme, sagt jetzt der DEHOGA Bundesverband. Originäre Aufgabe der Politik wäre es jetzt, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand zu verbessern.

Seit Jahresbeginn wird für Speisen in Gaststätten wieder eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent erhoben. Alle Bestrebungen des Tourismuslandes MV, dauerhaft 7 Prozent festzuschreiben, waren erfolglos. Doch die rot-rote Koalition gibt nicht auf.

Mit einem in diesem Jahr mit bis zu rund acht Millionen ausgestatteten Programm will die rheinland-pfälzische Landesregierung Betreibern von Restaurants, Hotels und Campingplätzen unter die Arme greifen. Es solle beim Ausbau touristischer Angebote unterstützen, teilte das Wirtschaftsministerium mit.

 

Mecklenburg-Vorpommern hält an seiner Forderung fest, den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie dauerhaft von 19 auf 7 Prozent zu senken. Bei einer Debatte im Landtag kam es zuvor zu gegenseitigen Schuldzuweisungen.