Virologe Drosten für mehr Gastronomie im Freien

| Politik Politik

Zwar dürfen Gaststätten unter strengen Auflagen wieder öffnen, doch Virologe Drosten sieht das kritisch. Menschen „dicht an dicht“ in Restaurants halte er für gefährlich. Drosten plädiert für mehr Gastronomie auf Bürgersteigen und für Ausnahmeregelungen.

Weil der Großteil der Infektionen auf Tröpfchen und Aerosole zurückzuführen sei, halte er „das ständige Hinweisen auf Händewaschen und Desinfektion, die man auf Oberflächen sprüht, für total übertrieben“ sagte der Virologe am Dienstag im NDR-Podcast Und man könne im Umkehrschluss auch nicht sagen, man mache jetzt hier alles auf, „weil wir ja jede Menge Desinfektionsmittel versprühen und uns immer schön die Hände waschen.“ Wenn Leute im Restaurant dicht an dicht sitzen, „halte ich das auch für gefährlich“, sagt Drosten. Und er geht davon aus, dass erfahrene Hygieniker das ähnlich einschätzen.

Zu Ansteckungen mit Sars-CoV-2 sagte Drosten, es erscheine ihm „total übertrieben“, wie oft auf das Händewaschen und Desinfizieren von Oberflächen hingewiesen werde: Nach seiner Einschätzung machen Schmierinfektionen, also Ansteckungen etwa über kontaminierte Gegenstände, nur einen kleinen Teil der Infektionen aus. Viel bedeutsamer seien Tröpfchen, die etwa beim Husten, Sprechen oder Niesen entstehen, und feinste schwebende Partikel, sogenannte Aerosole. Für die Wiedereröffnung von Restaurants etwa habe das zur Folge, dass Außenbereiche vergleichsweise sichere Zonen seien, sagte Drosten. Doch für den Sommer hat der Virologe für Gastronomen auch eine gute Nachricht. Außenbereiche seien relativ sichere Zonen, da dort das Aerosol weggeweht werde, sagt er. Er würde sogar so weit gehen, dass beispielsweise auf Terrassen zwei Meter Abstand gar nicht nötig seien. Wenn man bei schönem Wetter die Fenster öffne, sei es auch in Innenbereichen sicherer, aber mit den Abstandsregeln.

Drosten schlägt auch vor, an kälteren Tagen bis in den Herbst hinein im Außenbereich mit Decken zu arbeiten. Und: „Warum erlaubt man nicht Gastronomen, auch die Bürgersteige mit zu benutzen?“ Solange dies nicht massiv störe und Passanten gefährde, könnten die Kommunen da für die Krisenzeit auch mal Ausnahmen machen, sagt Drosten.

Der Berliner Virologe darüber hinaus übt scharfe Kritik an Falschinformationen zur Corona-Pandemie im Internet. In sozialen Medien kursierten zum Beispiel millionenfach abgerufene Videos, die «voller Unsinn» und «falscher Behauptungen» seien, sagte der Charité-Wissenschaftler. Zum Teil seien Ärzte und Professoren dabei, «die irgendeinen Quatsch in die Welt setzen», ohne je zu den Themen gearbeitet zu haben. Namen nannte Drosten nicht. Hinzu kämen «richtige Verschwörungstheoretiker». Der Virologe schilderte, er bekomme ein Echo zurück in Form von Anschuldigungen, Fragen und Ideen, die Menschen auf Grundlage von Verschwörungstheorien entwickelten.

Drosten betonte, er stehe derzeit in der Öffentlichkeit, weil Coronaviren sein absolutes Spezialgebiet seien. Zu anderen Themen würde er sich nicht in dem Umfang äußern. Was er höre, zum Teil von «scheinbaren Fachleuten», deren Expertise in anderen Bereichen liege, entbehre oft jeder Grundlage, sagte der Virologe. Dadurch werde auch «wirklich gefährlichen Verschwörungstheoretikern» mit teils politischer Agenda der Rücken gestärkt. Drosten rügte das als «unverantwortlich». Er gehört zu den Erstunterzeichnern eines offenen Briefs, in dem Ärzte und Virologen ein härteres Vorgehen von Facebook, Google und Twitter gegen Corona-Falschinformationen fordern. Die bisherigen Maßnahmen gingen nicht weit genug, kritisieren sie beim Kampagnen-Netzwerk Avaaz. (Mit Material der dpa)

Zurück

Vielleicht auch interessant

Leerstände, Insolvenzen, Konsumflaute: Angesichts der schwierigen Situation bei Einzelhändlern und in vielen Innenstädten fordert der Handelsverband Deutschland (HDE) die Bundesregierung zu einem Innenstadtgipfel auf.

Bayerns DEHOGA-Präsidentin Angela Inselkammer hat von Ministerpräsident Markus Söder 200 Millionen Euro Investitionshilfe gefordert. Der Freistaat nehme durch die Mehrwertsteuererhöhung 300 Millionen Euro mehr ein. Zumindest ein Teil davon könne er sofort der Branche zurückgeben, forderte Inselkammer bei einem Verbandstreffen in München.

Das Spitzengremium des DEHOGA bekräftigt Forderung nach einheitlich sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Essen und drängt auf den sofortigen Stopp drohender neuer bürokratischer Belastungen. Es gehe um Fairness im Wettbewerb und die Zukunftssicherung der öffentlichen Wohnzimmer.

Gastronomie und Hotellerie in Deutschland haben weiterhin mit großen Problemen zu kämpfen. Die Betriebe beklagen Umsatzverluste, Kostensteigerungen sowie die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes hervor, an der sich 3.175 gastgewerbliche Unternehmer beteiligten.

Die Teil-Legalisierung von Cannabis konnte Bayern nicht verhindern. Dafür arbeitet die Staatsregierung nun an Kiff-Verboten für konkrete Bereiche. Darunter könnten Volksfeste, Biergärten und in Außenbereichen von Gaststätten gehören. Verstöße gegen das Cannabis-Gesetz werden teuer.

Der Slogan «Leistung muss sich wieder lohnen» ist schon etwas angestaubt. Die FDP poliert ihn jetzt auf. Und schlägt unter anderem steuerliche Anreize für bestimmte Leistungsträger vor.

Finanzminister Christian Lindner will Hobbybrauer, die Bier zum eigenen Verbrauch herstellen, bei der Steuer entlasten. Künftig sollen sie pro Jahr 500 Liter Bier steuerfrei brauen dürfen.

Mit dem Projekt COMEX der Bundesagentur für Arbeit/ZAV werden seit 2022 Köchinnen und Köche aus Mexiko in Hotels und Restaurants in Deutschland vermittelt. Der DEHOGA begleitet das Projekt von Anfang an.

Die Bundesagentur für Arbeit hat den DEHOGA Bundesverband informiert, dass für die Arbeitsmarktzulassung (AMZ) von Arbeitnehmern aus Drittstaaten zusätzliche Teams und neue Standorte eingerichtet und die Zuständigkeiten neu verteilt wurden. Grund dafür ist die erwartete Zunahme der Erwerbszuwanderung.

Es fehlen Fachkräfte - in zunehmender Zahl. Künftig sollen vermehrt Menschen aus dem Ausland diese Lücken schließen. Nun geht das Land neue Wege, diese Kräfte schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen.