Zukunftssicherung der Gastronomie: Warum die Mehrwertsteuersenkung auch der Existenzrettung dient

| Politik Politik

Zukunftssicherung der Gastronomie: Warum die Mehrwertsteuersenkung der Existenzrettung dient

Die politische Entscheidung über die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Speisen ist gefallen. Nachdem der Bundestag bereits für eine Rückkehr zum Steuersatz von sieben Prozent gestimmt hat, zog jetzt der Bundesrat nach. Für die Branche steht bei dieser Maßnahme jedoch weniger die Entlastung der Verbraucher als vielmehr die eigene Existenzsicherung im Vordergrund. Gastronomen und Verbände machen deutlich, dass der finanzielle Spielraum benötigt wird, um die massiven Kostensteigerungen der vergangenen Jahre abzufangen.

Branchenverband sieht essenzielle Maßnahme zur Existenzrettung

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) positioniert die steuerliche Entlastung als zentrales Instrument für das Überleben der Betriebe. Eine Sprecherin des Verbandes betonte die Bedeutung der Entscheidung mit den Worten: «Klar ist: Die 7 Prozent Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie sind die wichtigste Maßnahme zur Zukunftssicherung der Restaurants, Wirtshäuser und Cafés». Laut dem Verband ist eine direkte Weitergabe der Steuerersparnis an die Gäste unwahrscheinlich, da die wirtschaftliche Lage der Betriebe dies oft nicht zulasse. Die Sprecherin führte weiter aus: «Ob und in welchem Umfang Unternehmer ihre Preise anpassen können, hängt maßgeblich von der Kostenentwicklung ab.» Insbesondere der für 2026 angekündigte Anstieg des Mindestlohns stelle eine hohe Hürde dar. Hierzu stellte der Verband fest: «Diese zusätzlichen Kosten müssen erst einmal erwirtschaftet werden.»

Betriebswirtschaftliche Notwendigkeit statt Preisnachlässen

In der Systemgastronomie wird diese Haltung durch konkrete Zahlen und Einschätzungen gestützt. Die Kette L’Osteria verwies auf die angespannte wirtschaftliche Situation und erklärte: «Unsere Kosten für Personal und Zutaten sind massiv gestiegen». Eine Senkung der Endpreise für die Gäste sei unter diesen Umständen kaum umsetzbar. Das Unternehmen betonte: «Eine pauschale Preissenkung auf der gesamten Karte wäre daher betriebswirtschaftlich nicht seriös darstellbar, ohne an der Substanz, der Qualität, zu rütteln.» Stattdessen solle die Steuersenkung dazu dienen, künftige Preissprünge zu verhindern. Wenn die Neuregelung in Kraft tritt, «werden wir auf eine breite Preiserhöhung verzichten können. Das ist unsere klare Zielsetzung.»

Auch bei anderen großen Anbietern wie der Fischrestaurant-Kette Nordsee steht die Stabilisierung des Geschäftsbetriebs im Fokus. Zwar plane man «spezielle Rabattierungen und attraktive Angebote», jedoch schließe man eine umfassende Preissenkung aus. Das Unternehmen stellte klar: «Eine pauschale Preissenkung über das gesamte Sortiment im Umfang der Mehrwertsteuerreduktion ist jedoch nicht möglich.» Die Entlastung fungiere primär als Puffer gegen die allgemeine Teuerung.

Wissenschaftliche Analyse bestätigt Fokus auf Margensicherung

Volkswirtschaftliche Experten bestätigen, dass Steuersenkungen in der Gastronomie selten zu sinkenden Preisen für Kunden führen. Matthias Firgo, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule München, erläuterte hierzu: «Steuersenkungen werden in aller Regel zu einem geringeren Anteil an die Konsumenten weitergegeben als Steuererhöhungen». Seine Untersuchungen zeigen, dass Unternehmen den Spielraum eher nutzen, um ihre Gewinnmarge zu stabilisieren oder notwendige Anpassungen hinauszuzögern.

Der Experte führte weiter aus: «Was man üblicherweise findet, ist, dass Steuersenkungen zu einem geringeren Anteil weitergegeben werden. Oder dass gar nicht aktiv gesenkt wird, sondern eher mal abgewartet wird bei Preissteigerungen.» Dies hänge auch mit dem fehlenden wirtschaftlichen Druck zusammen, der bei Steuererhöhungen hingegen sofort wirke. Firgo erklärte: «Bei Steuererhöhungen gibt es diesen unmittelbaren Anreiz. Da muss ich sofort anpassen, sonst mache ich vielleicht Verlust oder zumindest sinkt die Gewinnmarge.» Für die aktuelle Situation schlussfolgerte er: «Ich rechne daher nicht damit, dass die Preise spürbar sinken werden. Eher ist zu erwarten, dass sich die Preissteigerungen verlangsamen.»

Belastungen der vergangenen Jahre wirken nach

In der Schnellgastronomie wird die Bedeutung der Steuer für die Betreiber vor Ort besonders hervorgehoben. Kentucky Fried Chicken wies darauf hin, dass lediglich «punktuelle Preissenkungen denkbar» seien, da die wirtschaftliche Lage vieler Standorte angespannt bleibe. Das Unternehmen begründete dies mit der Situation der Lizenznehmer: «Viele von ihnen waren in den vergangenen Jahren mit erheblichen wirtschaftlichen Belastungen konfrontiert.» Auch Burger King verfolgt eine ähnliche Strategie der wirtschaftlichen Konsolidierung. Das Unternehmen gab als Leitlinie aus: «Unser Ziel ist es jedoch, die Entlastung zur Stabilisierung bestehender Preise zu nutzen.»

Die Rückkehr zum ermäßigten Steuersatz, der bereits während der Pandemie kurzzeitig galt, wird somit von der gesamten Branche als Rettungsanker für die eigene Substanz gewertet. Während Unternehmen wie Block House sich der Position des Branchenverbandes anschließen und McDonald’s die endgültige Entscheidung abwartet, bleibt die Kernbotschaft der Gastronomie einheitlich: Die Steuersenkung sichert Arbeitsplätze und Betriebe, führt aber voraussichtlich nicht zu einer spürbaren Entlastung auf den Rechnungen der Gäste. (mit dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Gastronomen, Pendler sowie Ehrenamtler sollen steuerlich entlastet werden. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag in Berlin beschlossen. Nun muss noch der Bundesrat den Weg für das Branchenanliegen freimachen.

Die große Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland spricht sich für eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf maximal 8 Stunden aus. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse des nun vorgestellten DGB-Index Gute Arbeit 2025.

Eine Umfrage beleuchtet die Herausforderungen der DSGVO-Umsetzung in der deutschen Wirtschaft. Unternehmen fordern mehrheitlich eine umfassende Reform der europäischen Datenschutzregeln, um die Digitalisierung und die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz nicht weiter zu behindern.

Bundesernährungsminister Alois Rainer hat die geplante Novellierung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes verschoben. Die Ausweitung der Kennzeichnung auf weitere Tierarten und die Einbeziehung der Gastronomie sind weiterhin strittige Punkte, während die Bezahlbarkeit von Lebensmitteln für den Minister im Vordergrund steht.

Der Deutsche Bundestag hat den Haushalt 2026 verabschiedet. Das zentrale Element aus Sicht des Gastgewerbes ist die Verankerung der auf sieben Prozent gesenkten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie. Der DEHOGA zeigte sich zuversichtlich, dass nun auch die Mehrheit der Bundesländer im Bundesrat den Weg für das Branchenanliegen freimachen wird.

Die neue Budgetverteilung im Bundeshaushalt 2026 stößt beim Deutschen Tourismusverband auf gemischte Reaktionen. Während der Etat für Kunst und Kultur bejubelt wird, sorgt eine weitere Kürzung der zentralen Tourismusförderung für Unmut.

Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz fordert, Werkverträge bei Essenslieferdiensten zu verbieten. Auch die Gewerkschaft NGG unterstützt den Plan. Ähnliches gibt es schon in anderen Branchen.

Europa-Park-Gründer Roland Mack hat im Umgang mit der AfD für einen offenen Austausch geworben. Dass man mit Menschen spreche, die immerhin einen hohen Anteil an Wählerstimmen ausmachten, halte er für notwendig und richtig, so der 76-Jährige in einem Gespräch mit dem «Südkurier».

Im Land Bremen soll es auf Einweggeschirr eine Steuer geben. Aber die geplante Einführung zum 1. Januar muss verschoben werden - zunächst sollen die Träger öffentlicher Belange gehört werden.

Die Gewerkschaft NGG hat ihre Empfehlungen für die Tarifverhandlungen 2026 veröffentlicht und fordert Entgeltsteigerungen von 4 bis 6 Prozent sowie konkrete Verbesserungen für Auszubildende.