Die Busreisen kehren zurück

| Tourismus Tourismus

Mit einer Vollbremsung kamen sie zum Stillstand, im übertragenen Sinne. Niemand wusste, wann und wie es weitergehen würde. Nun rollen sie wieder und finden seit dem Sommer allmählich in die Erfolgsspur zurück. Gemeint sind Reisebusse, die dort anknüpfen wollen, wo sie vor der Corona-Krise aufgehört hatten.

Lange boomte die Branche, doch in den Destinationen hat nicht jeder gejubelt. Busreisen standen für nervigen Overtourism. Ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer sorgten für verstopfte Altstadtgassen, Burgen, Kathedralen und Caféterrassen. Manch einer echauffierte sich auch über den regelmäßigen Ansturm aufs Frühstücksbüfett, wenn die Abfahrt schon um 8.00 Uhr angesetzt war und wenig Zeit blieb.

Aus ökologischer Sicht bieten Reisebusse aber einen Vorteil. Ein mit Urlaubern vollgepackter Bus stößt weniger CO2 aus, als wenn man die Passagiere auf Autos verteilen würde. Und im Vergleich mit dem Flugzeug liegt das Verkehrsmittel Bus ohnehin vorne.

Im Reisebus über den Brenner

Bei Trendtours aus Kriftel in Hessen waren im Herbst allein in Italien wieder mehr als 200 Busse im Einsatz. Zum Brot- und Buttergeschäft gehören derzeit auch Gruppenreisen in Deutschland, Spanien, Polen und den Niederlanden, teilt der Veranstalter mit.

Touren zu weiter entfernten Zielen würden aktuell kaum durchgeführt. Das liege teils an den schwierigen Einreisebedingungen und auch daran, dass manch einer die lange Reise mit Maske scheue.

Für das kommende Jahr nimmt man auch wieder Fernreisen ins Visier: Die Vorausbuchungen für Nordamerika, Südafrika, die Seidenstraße oder auch Kuba, Singapur und Malaysia seien bereits jetzt gut.

Alle finden in ihre alten Rollen zurück

Auch die Reiseleiter freuen sich. Und stehen nun wieder vor den gleichen Fragen wie vor Corona: Konzentrieren sie sich bei den Erklärungen auf das Interessante und Wesentliche? Oder bewegen sie mit Jahreszahlen und Nebensächlichkeiten nur die Luft vor dem Mund?

Gleichfalls aus der Übung gekommen sind die Reiseteilnehmer. Nun können sie die vom Guide präsentierten Fakten wieder mit dem Inhalt ihrer gedruckten Reiseführer vergleichen. Und Einspruch erheben: «Hier im Band auf Seite einhundertdreiunddreißig steht aber, dass...»

Rüdiger Tramsen, Geschäftsführer von Biblische Reisen aus Stuttgart, sieht noch eine Baustelle, und zwar bei Stadt- und Ortsrundgängen: die Ausstattung aller Reisegäste mit Audiosystemen. Warum das? «Um die Rudelbildung um die Reiseleitung herum zu vermeiden.»

Doch auch Corona ist natürlich noch ein Thema. Ab kommendem Jahr gilt bei Biblische Reisen übrigens ausnahmslos die 2G-Regel. Andere Anbieter praktizieren dieses Konzept bereits.

Wenn die Jungen älter werden

Hört man sich in der Branche um, ist deutlich zu spüren, dass die Gäste einen großen Nachholbedarf an Reisen haben. Doch wie sieht es mit dem Nachwuchs in Kundenkreisen aus?

Bei Busgruppenreisen liegt die Altersstruktur gewöhnlich bei 50 plus. Sind jüngere Menschen in Sicht? Prinzipiell ja. Sie werden irgendwann älter und könnten in Zukunft zur Klientel zählen. Man muss nur lange genug warten, bis Individualisten zu Herdentieren werden. Und die Vorzüge einer Busreise zu schätzen wissen.

Wer mit dem Bus reist, muss sich um nichts kümmern. Er hat sich dafür entschieden, rundum versorgt zu werden: Transport, Quartiere, Essen, Öffnungszeiten. Einfach aus dem Fenster schauen, mitmachen, zuhören. Sollte der Reiseleiter zu jenen zählen, die ihre Gäste ohne Unterlass mit belanglosen Fakten beschallen, schaltet man einfach ab.

Wischen, wischen, wischen

Man könnte sagen, dass Busgruppen als Sinnbilder für die Rückkehr zur Reisenormalität stehen. «Wir spüren eine große Dankbarkeit von den Reisenden, denn man ist froh, überhaupt wieder unterwegs sein zu können», sagt Rüdiger Tramsen von Biblischen Reisen.

Der Neubeginn ist aber kein Selbstläufer. Ständig gilt es, an den allerneuesten Aktualisierungen der Hygienekonzepte zu feilen. Und am Ort des Geschehens kräftig wischen zu lassen: Haltegriffe, Armlehnen, Kopfteile - alles wird in den Vehikeln regelmäßig desinfiziert.

Dunkle Wolken am Horizont

Für Busreiseveranstalter sind die Zeiten noch längst nicht so rosig wie vor der Pandemie. Aber auch nicht pechschwarz wie vor einem Jahr.

Bei innerdeutschen Busreisen dürfte der Umsatzrückgang 2021 im Vergleich zu 2019 im Schnitt bei rund 65 Prozent liegen, schätzt der Internationale Bustouristik Verband RDA. Außerhalb Deutschlands rechnet man mit minus 75 Prozent. «Das Reiseland Deutschland stand im Fokus der Reiseziele, dicht gefolgt von unseren Nachbarländern.»

Bei Trendtours rechnet man damit, das Vorkrisenniveau voraussichtlich erst wieder 2023 zu erreichen. Rückschläge und Stornierungen sind nie auszuschließen. Das zeigt die aktuelle Corona-Situation.

Fast 80 Prozent der Befragten des RDA-Branchenbarometers erwarten für die kommenden sechs Monate einen ungünstigen Geschäftsverlauf. Der Wert sei wegen der strenger werdenden Corona-Auflagen im Vergleich zu September «sprunghaft angestiegen». (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Fliegen ab Deutschland ist teuer – und Urlauber buchen laut CDU-Politikerin Karliczek schon heute eher ab Amsterdam oder Warschau. Die Vorsitzende des Tourismusausschusses fordert Entlastungen.

Entgegen dem globalen Trend des sogenannten "Set-Jettings" – dem Reisen zu Drehorten fiktionaler Produktionen – lässt sich hierzulande eine Mehrheit vor einer Reise primär von Dokumentationen inspirieren.

Auf der Nordseeinsel Norderney startet mit „Neywork“ – Tiny Workspaces ein Projekt, das dem wachsenden Trend des flexiblen Arbeitens Rechnung trägt. Das Angebot richtet sich an Selbstständige, Kreative sowie kleine Teams und Unternehmen, die einen professionellen Arbeitsplatz auf der Insel suchen.

Erstmals seit drei Jahren könnte es bei der Lufthansa wieder Streiks der Piloten geben. Die Mitglieder der Vereinigung Cockpit sind laut einer Urabstimmung bereit zum Arbeitskampf.

Laut einer aktuellen Umfrage waren bereits 54 Prozent der Deutschen im vergangenen Jahr als Alleinreisende unterwegs. Trotz der wachsenden Beliebtheit von Solo-Reisen sehen sich Urlauber mit einem wesentlichen Ärgernis konfrontiert: Einzelzimmer-Zuschläge.

Der Lufthansa-Konzern ist zwar groß, aber wenig profitabel. Bis zum Jahr 2030 will Konzernchef Spohr die weltweite Nummer 4 straffen. Auf der Streichliste stehen vor allem Jobs in Deutschland.

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben das Ende der Nightjet-Verbindungen von Wien nach Paris und von Berlin nach Paris bekannt gegeben. Ab dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2025 werden diese beiden Routen nicht mehr angeboten. Grund sind fehlende Zuschüsse aus Frankreich – trotz guter Nachfrage und Kritik aus der Politik.

Ein Bericht von Hessenschau.de zeigt die konsequente Haltung der Stadt Frankfurt am Main im Kampf gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum. Seit Einführung der städtischen Ferienwohnungssatzung im Jahr 2018 wurden Maßnahmen ergriffen, um den knappen Wohnraum zu schützen.

Die Breitachklamm in den Allgäuer Alpen ist das Naturwunder des Jahres 2025. Bei der Online-Wahl der Heinz Sielmann Stiftung setzte sich das bayerische Naturdenkmal deutlich gegen die Konkurrenz durch und sicherte sich den Titel.

Die Stuttgart-Marketing GmbH steht vor der Eröffnung eines zentralen Projekts für die Tourismusbranche: Das Haus des Tourismus. Die neue Einrichtung am Stuttgarter Marktplatz soll als Visitenkarte sowie Schaufenster für den gesamten Tourismus in Baden-Württemberg fungieren.