Hoffen und Bangen um die Tourismussaison zwischen Küsten und Bergen

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Zwischen List auf Sylt und Bad Lauterberg, zwischen Borkum und Ahlbeck stellen sich viele Menschen dieselbe Frage: Was wird aus dem Urlaubsjahr 2021 angesichts der nicht enden wollenden Corona-Pandemie. Für Tausende Betriebe vom Hotel bis zum Strandimbiss und ihre Beschäftigten geht es um die wirtschaftliche Existenz - und für alle geht es um die Gesundheit.

In Mecklenburg-Vorpommern setzt die Branche große Hoffnungen auf einen detaillierten Stufenplan, der von großen Teilen der Wirtschaft mitgetragen wird. Er beinhaltet die schrittweise Öffnung der Betriebe - abhängig von den Inzidenzen oder dem Wohnort der Gäste. Ein weiterer zentraler Punkt ist eine vom Tourismusverband entwickelte Ampel. Mit fünf Stufen von grün bis dunkelrot könne unter anderem die Mobilität der Menschen in den Landkreisen und Städten geregelt werden, sagte der Geschäftsführer des Landestourismusverbands, Tobias Woitendorf.

 

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) lässt noch offen, ob die vom Verband angestrebte Öffnung der Beherbergungsbetriebe für Gäste mit Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern zu Ostern möglich sein wird. Dies hänge von der Inzidenz-Entwicklung ab, die landesweit unter 35 Infektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche liegen muss. «Es wäre für uns alle sehr schön, wenn es gelingt, dass man wenigstens zu Ostern wieder im eigenen Land ein paar Tage Urlaub machen kann.»

An der Nordseeküste in Schleswig-Holstein blickt man mit banger Hoffnung in Richtung Ostern. Bei einer Fortsetzung des Lockdowns wäre zu befürchten, dass weitere Umsatzeinbußen nicht mehr zu verkraften wären, sagte der Geschäftsführer Nordsee-Tourismus-Service GmbH, Frank Ketter. «Die Perspektive für eine stufenweise Öffnung ist sinnvoll», sagte die Geschäftsführerin des Ostsee-Holstein-Tourismus e.V., Katja Lauritzen. Die Gesundheit der Gäste, Beschäftigten und der Einheimischen stehe dabei aber an erster Stelle.

Ein erneuter Ausfall des Ostergeschäfts würde größtenteils nicht durch eine Verlagerung der Reisen in andere Monate kompensiert werden können, ist die Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein, Bettina Bunge, überzeugt. Die Unternehmen seien nicht nur auf Überbrückungshilfen angewiesen, sondern auch auf eine zeitnahe Perspektive zur Wiedereröffnung. Denn die Branche mit ihren mehr als 160 000 Beschäftigten in Schleswig-Holstein brauche Vorbereitungszeit etwa für Materialeinkauf und Personalrekrutierung.

Auch in Niedersachsen liegen die Hoffnungen auf einem Stufenplan der Landesregierung. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sagte zuletzt, mit Blick auf die Osterferien gehe es nun darum, eine vorsichtige, gestaffelte Perspektive für den Tourismus zu entwickeln. Er sprach sich für eine starke Abstimmung der Länder für die nächsten Bund-Länder-Gesprächen aus.

Ein Zusammenschluss von Vertretern der Ostfriesischen Inseln und Landkreisen an der Küste plädierte für Tests. Wer etwa für einen Osterurlaub auf die Inseln will, sollte dann einen frischen, negativen Corona-Test vorlegen.

Ähnlich der Vorsitzende des Tourismusverbandes Niedersachsen, Sven Ambrosy: «Wir müssen versuchen, die Themen Freiheit und Sicherheit durch Tests miteinander zu verbinden». Wenn es neben dem Lockdown Alternativen gebe, müssten diese auch genutzt werden. «Wenn wir eine Teststrategie hätten, dann könnten wir uns in die Freiheit testen», sagte er.

Urlauber zurückhaltend mit Osterbuchungen für Küste, Harz und Heide

Vom Hotel bis zum Strandimbiss: Für Tausende Betriebe in Niedersachsen geht es nach einem Jahr Corona jetzt um die wirtschaftliche Existenz. Und Urlaubsgäste fragen sich derzeit, wo sie in diesem Jahr überhaupt noch guten Gewissens buchen und Ferien machen können.

Noch hält die unklare Pandemie-Entwicklung Reisewillige davon ab, Osterurlaube zu buchen. «Für das Frühjahr sind die Buchungen noch sehr zurückhaltend», teilte etwa der Geschäftsführer der Marketinggesellschaft Ostfriesische Inseln, Göran Sell, auf Borkum mit.

Ähnliche Einschätzungen sind auch von anderen Inseln, der übrigen Küste und aus dem Harz zu hören. Zwar bereiten sich Kurverwaltungen etwa auf Juist, Norderney und Wangerooge für eine Öffnung zu Ostern vor - ob sie aber kommt, ist noch unklar.

Feste Hoffnungen machen sich die Branche und die Reisenden dagegen auf die Sommermonate. Nach möglichen Lockerungen erwarten einzelne Urlaubsregionen dann sogar eine Nachfrage-Welle.

Wangerooge etwa meldet für die Sommerferien bereits eine «sehr hohe Nachfrage». Von Mitte Juli bis Mitte August sei kaum noch etwas zu bekommen, heißt es beim Verkehrsverein der Insel. Im Harz gebe es mehr feste Buchungen etwa ab Mai, heißt es vom Harzer Tourismusverband.

Vor allem die Nordseeküste, die Heide und der Harz sind die klassischen Urlaubsregionen Niedersachsens. Gemessen an den Übernachtungen stand Niedersachsen im Vor-Corona-Jahr mit 46,2 Millionen im bundesweiten Vergleich an vierter Stelle, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. 2020 brach die Zahl um minus 35,0 Prozent ein auf zuletzt 30,0 Millionen Übernachtungen.

Laut Tourismusverband Niedersachsen ist der Tourismus der größte Arbeitgeber Niedersachsen. «Fast 300 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen stellt der Tourismus als Querschnitts-Branche», sagt TVN-Vorsitzender Sven Ambrosy. «Wenn wir den Tourismus hegen und pflegen, haben wir vor Ort gute Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft gerade auch im ländlichen Raum.»

Mit der wärmeren Jahreszeit werden nun Fragen nach dem weiteren Vorgehen lauter. Restaurantbesitzer, Hoteliers und Herbergsbetreiber drängen auf Öffnungsperspektiven und wünschen sich mehr Planungssicherheiten. «Natürlich müssen wir auch irgendwann über eine Öffnung nachdenken. Mit geschlossenen Häusern verdienen wir kein Geld», sagt etwa der Norderneyer Hotelier Jann Ennen.

Hoffnungen liegen vor allem auf dem Stufenplan der Landesregierung. Der Entwurf sieht vor, dass touristische Übernachtungen bei einem Sieben-Tage-Wert von weniger als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern möglich werden. Aktuell liegt die Inzidenz landesweit noch weit darüber. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sagte zuletzt, mit Blick auf die Osterferien gehe es nun darum, eine vorsichtige, gestaffelte Perspektive für den Tourismus zu entwickeln.

Ein Hoch- und Runterfahren der touristischen Infrastruktur, je nach aktueller Inzidenzlage, wäre für die Tourismusbranche kaum verkraftbar, teilen die Marketinggesellschaften an der Küste und im Harz mit. «Daher brauchen wir klare Öffnungsperspektiven für die Branche, die abgesichert sind durch Hygiene- und Teststrategien, die die Jojo-Effekte aus schwankenden Inzidenzwerten und Infektionszahlen abpuffern», sagt Christin Wohlgemuth vom Harzer Tourismusverband.

Von der ostfriesischen Küste kam zuletzt auch der Vorschlag, den Stufenplan zu konkretisieren und mit einer Teststrategie für den Tourismus im ganzen Land zu flankieren. Wer etwa für einen Osterurlaub auf die Inseln will, sollte dann einen negativen Corona-Test vorlegen. «Wenn wir eine Teststrategie hätten, dann könnten wir uns in die Freiheit testen», sagt TVN-Vorsitzender Ambrosy. «Das würde nicht nur für eine Öffnung im Tourismus helfen, sondern auch in anderen Bereiche wie etwa dem Einzelhandel.»

Das Bangen um die Urlaubssaison ist auch in den übrigen nördlichen Bundesländern groß. In Mecklenburg-Vorpommern setzt die Branche - ähnlich wie in Niedersachsen - ebenfalls auf einen detaillierten Stufenplan, der von großen Teilen der Wirtschaft mitgetragen wird. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) lässt noch offen, ob die vom Verband angestrebte Öffnung der Beherbergungsbetriebe für Gäste mit Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern zu Ostern möglich sein wird. Dies hänge von der Inzidenz-Entwicklung ab, die landesweit unter 35 Infektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche liegen muss.

Auch in Schleswig-Holstein sind die Hoffnungen auf das Ostergeschäft noch nicht begraben. «Die Perspektive für eine stufenweise Öffnung ist sinnvoll», sagt die Geschäftsführerin des Ostsee-Holstein-Tourismus e.V., Katja Lauritzen. Die Gesundheit von Gästen, Beschäftigten und Einheimischen stehe aber an erster Stelle.


 

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