"Kein Platz mehr für Sauftouristen" - Ballermann auf Mallorca in der Krise

| Tourismus Tourismus

Die Playa de Palma ist der wohl deutscheste Ort außerhalb Deutschlands. Millionen Touristen, die dort jährlich feiern und ordentlich einen drauf machen, schwören auf den Kultstatus des berüchtigten Ballermanns. Doch den Politikern auf Mallorca ist der gut 500 Meter lange Strandabschnitt schon lange ein Dorn im Auge.

Regelmäßig verschärft die Regierung die sogenannten Benimm-Regeln, um dem lautstarken Treiben ein Ende zu bereiten. Der Erfolg hielt sich in Grenzen. Aber was die Gesetze nicht schafften, erreichte Corona. Die Partyhochburg war zeitweise durch die Pandemie lahmgelegt. Und die Zukunft ist ungewiss.

«Für die Sauftouristen ist auf unserer Insel kein Platz mehr», sagt Regierungssprecher Iago Negueruela. «Wir wollen den Ballermann komplett renovieren. Wir wollen keine Leute mehr sehen, die sich auf der Straße betrinken. Die Qualität muss steigen, dafür können wir auch auf Fördermittel der EU zurückgreifen.» Die derzeitige Inselregierung habe sich das Ende des Party-Rummels von Anfang an auf die Fahnen geschrieben.

Unterstützt wird die Politik von Hoteliers und Restaurant-Inhabern der Gegend, die sich zur Qualitätsoffensive «Palma Beach» zusammengeschlossen haben. Meist handelt es sich dabei um Anbieter im Luxussektor. «Das Hotel- und Gastrowesen hat an der Playa de Palma viel Geld investiert, um einen qualitativ hochwertigen Tourismus anbieten zu können. Das wird durch die bierseligen Partygänger gefährdet», sagt Negueruela.

"Partytouristen bringen Geld"

So schossen bereits in den vergangenen Jahren Fünf-Sterne-Hotels und teure Restaurants wie Pilze aus dem Boden. Doch billigen Alkohol gibt es für die fröhlichen Zecher auch weiterhin. «Allein mit Champagner lassen sich die Kassen nicht füllen. Die Partytouristen bringen Geld», meint der Musiker Dominik Allwardt.

Der 34-Jährige aus Dülmen im Münsterland, der unter dem Künstlernamen Nik Hopfen auftritt, gehört zu den Neuzugängen in der Szene. Vor einem Jahr nahm er seine erste Single auf. «Durch die Pandemie haben die bekannten Künstler abgewartet und lange keine neuen Lieder herausgebracht. Das war die Chance für Newcomer wie mich.»

Der Sänger träumt von Auftritten in den großen Partytempeln. Erste Bühnenerfahrung an der Playa de Palma konnte der Krankenpfleger Anfang des Jahres im Münchner Kindl sammeln. Die Wirtin Gerlinde Weininger möchte in der kommenden Saison mit dem Ballermann-Sänger Stefan Stürmer die «Stürmer-Arena» eröffnen. Die Diskothek soll den Branchenriesen «Bierkönig» und «Megapark» Konkurrenz machen.

Keine klassischen Sauflieder mehr im Bierkönig» und «Megapark»

Wie die «Mallorca Zeitung» berichtete, planen die beiden Partytempel für die kommende Saison ebenfalls eine Qualitätsoffensive und wollen nicht länger die klassischen Sauflieder spielen. Das wäre ein gewagter Schritt - viele Hits handeln vom exzessiven Alkoholkonsum.

Auch Nik Hopfen hat sich mit Zeilen wie «Man darf die Hopfnung nie verlieren» darauf spezialisiert. «Zum Glück gibt es die Stürmer-Arena, wo die Songs dann noch erlaubt sind. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass der "Bierkönig" die Lieder wirklich verbietet», sagt der Partysänger. «Diese Lieder werden auch in Deutschland gefeiert. Jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich. Nur weil die Musik vom Trinken handelt, animiert das nicht automatisch zum Saufen.»

Dabei ist noch abzuwarten, wie die Saison im kommenden Jahr aussehen wird. Mancher Künstler wirft der Regierung vor, die Pandemie als Vorwand genutzt zu haben, um dem Ballermann ein Ende zu bereiten. Wegen der strikten Auflagen für Bars und Diskotheken war der «Megapark» das ganze Jahr geschlossen. Im «Bierkönig» durfte nur im Sitzen gefeiert werden, was zu einer Biergartenatmosphäre führte. Die erinnerte nur entfernt an die feuchtfröhlichen Feiern von früher.

Partyvolk mit Stehvermögen

Das Stehvermögen des Partyvolks sollte aber nicht unterschätzt werden. Als die nächtliche Ausgangssperre im Juni endete, strömten Tausende Urlauber und Einheimische an die Playa de Palma, um die Sau rauszulassen. Die Polizei konnte angesichts der Menschenmassen meist nur hilflos zugucken. Das Feiern will sich niemand verbieten lassen.

Die nähere Zukunft des Ballermanns ist aber erstmal eng an den Verlauf der Corona-Kurve geknüpft. Derzeit steigen auch auf Mallorca die Zahlen wieder - die Sieben-Tage-Inzidenz lag Ende Dezember bei über 220 mit steigender Tendenz. Ein Plus ist die hohe Impfquote von 85 Prozent. «Es wird auf jeden Fall eine Saison geben», meint Hopfen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mehrere Millionen Menschen reisen jedes Jahr in ein kleines südbadisches Dorf, um den Europa-Park zu besuchen. Eine Schweizer Familie knackt eine besondere Marke - und bekommt Geschenke.

Sommer, Sonne, volle Strände – so stellen sich viele den Urlaub in Schleswig-Holstein vor. Doch auch im Winter zieht Deutschlands nördlichstes Bundesland zahlreiche Besucher an. Besonders der Dezember gilt als kleine Hochsaison.

Walfleisch und unversteuerte Zigaretten finden Beamte in Kiel und Hamburg immer wieder im Reisegepäck: Besonders während der Kreuzfahrt-Saison sind die Beamten von Zoll und Bundespolizei gefordert.

Die niedersächsische Tourismusbranche steht durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast 80 Prozent der Betriebe bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vor allem an den Kosten scheitern.

Thüringens Tourismusbranche hat im vergangenen Jahr mehr Umsatz erwirtschaftet. Tagesausflüge sorgen für fast die Hälfte. Wie viel geben Besucher im Schnitt aus – und wer profitiert am meisten?

Die Nachfrage nach Outdoor-Aktivitäten in deutschen Urlaubsregionen ist auch in den Herbst- und Wintermonaten groß. Eine aktuelle Analyse zeigt, welche Regionen dabei am beliebtesten sind und welche Aktivitäten im Fokus stehen.

Die klassischen Kennzahlen zur Messung des touristischen Erfolgs, wie Ankünfte und Übernachtungen, reichen nicht mehr aus, um die Entwicklung einer Destination ganzheitlich zu beurteilen. Zu diesem Schluss kamen Fachleute aus Tourismus und Wissenschaft beim dritten Jahresdialog des Bayerischen Zentrums für Tourismus (BZT) in Kempten.

Der Einzelhändler Tchibo ist mit dem Angebot „Tchibo Travel“ in das Reisesegment zurückgekehrt. Über die Plattform tchibo-travel.de können Kundinnen und Kunden ab sofort Urlaubsangebote buchen, die Vorteile umfassen.

Der europäische Ski-Preisindex von Holidu liefert Wintersportfans einen Überblick über die Gesamtkosten in der Saison 2025/26. Die Analyse berücksichtigt Skigebiete in Europa mit mehr als 20 Pistenkilometern und kombiniert die Tagespreise für Skipässe mit den Unterkunftskosten.

Mallorca gilt seit Jahrzehnten als das beliebteste Reiseziel der Deutschen im Ausland. Doch das Bild bekommt plötzlich Risse. Die Sonnen-Insel verliert für viele im kühlen Norden an Glanz. Warum?