Letzte Chance am Uluru: Australiens «Heiliger Berg» wird gesperrt

| Tourismus Tourismus

Ein letztes Mal noch. An diesem Freitag, um kurz vor sieben, wird es am Uluru noch einmal sein wie bisher jeden Morgen. Ein letztes Mal noch werden sie warten, Hunderte Touristen aus aller Welt mit Sonnenhüten und Wasserflaschen, die alle hinauf wollen auf den riesigen Brocken aus rotem Fels mitten in der australischen Wüste, der zwischendurch einmal Ayers Rock hieß, bis man ihn wieder so nannte wie die Ureinwohner, die Aborigines, immer schon. In dieser Größe und dieser Farbe gibt es einen solchen Berg nirgendwo sonst auf der Welt.

Wie jeden Morgen wird dann Punkt sieben ein Ranger in Uniform erscheinen und bekanntgeben, ob der Aufstieg an diesem Tag erlaubt ist. Oder ob es nicht etwa doch wieder einmal zu heiß sein wird (mehr als 35 Grad) oder zu windig. Wenn dem so ist, dann ist die Kletterei auf den Uluru schon vorbei. Andernfalls sind noch einmal neun Stunden Zeit. Eine Last-Minute-Tour gewissermaßen. Denn dann ist endgültig Schluss.

Auf Bitten der hiesigen Aborigines, der Anangu, die hier schon seit mehr als 30 000 Jahren zuhause sind, ist der Weg nach oben von Samstag an offiziell verboten. Wer sich trotzdem bei einer Kletterei erwischen lässt, muss mindestens 630 australische Dollar (knapp 390 Euro) zahlen. Es kann noch deutlich teurer werden, bis hin zu ein paar Monaten im Gefängnis. Mit so etwas spaßen die Australier nicht.

Dass das Verbot kommt, steht seit Herbst 2017 fest. Seither laufen die Vorbereitungen. Die letzten Jahre baten die Anangu alle Besucher darum, freiwillig unten zu bleiben. Viele hielten sich daran. Zehntausende machten sich trotzdem auf den anderthalb Kilometer langen Weg nach oben - oft genug in praller Sonne und oft auch mit etwas schlechtem Gewissen. Der 360-Grad-Rundumblick ins Outback war dann aber grandios.

Parkchef Sammy Wilson, selbst ein Anangu, begründet das Verbot so: «Der Uluru ist für uns ein extrem wichtiger Ort. Kein Spielplatz und auch kein Freizeitpark wie Disneyland.» Wenn es nur das wäre: Trotz aller Schilder und Broschüren lassen Touristen haufenweise ihren Abfall liegen. Mangels Toiletten verrichten manche auf dem Unesco-Weltkulturerbe auch ihre Notdurft.

Solche Zustände gehören nun bald der Vergangenheit an. Derzeit ist es aber noch schlimmer als sonst. In den letzten Wochen war am Uluru so viel los wie wahrscheinlich nie zuvor in seiner Existenz. In der Touristensiedlung Yulara - 18 Kilometer weiter, der einzigen halbwegs in der Nähe - sind die Hotels trotz horrender Preise ausgebucht. Auch der Campingplatz ist voll bis auf den letzten Platz.

An manchen Tagen sah es am Uluru nun so aus wie auf dem Foto vom Mount Everest, das im Frühjahr um die Welt ging: eine lange Schlange von Menschen, dicht an dicht. Wie eine riesige Ameisenstraße. Alles in allem werden dieses Jahr mehr als 400 000 Besucher erwartet. Zum Vergleich: In der Anfangszeit des Uluru-Tourismus, in den 1950er-Jahren, waren es ein paar Hundert. Nach Alice Springs, in die nächste richtige Stadt, sind es 470 Kilometer.

Familie Spencer aus Sydney - die Eltern Steve und Janine, drei Kinder zwischen fünf und elf - hat die Strapazen trotzdem auf sich genommen. «Das ist ein Stück Australien, das allen gehört», sagt der Vater nach vollbrachter Tat. «Deshalb wollten wir ein letztes Mal alle zusammen da oben stehen.» Die Kinder keuchen zwar, sehen aber glücklich aus. Das sind Sätze, die man häufiger hört.

Das Verbot ist umstritten. Viele finden es richtig, endlich den Bitten der Aborigines zu entsprechen. 700 000 Ureinwohner gibt es noch, die im Vergleich zu den restlichen 24 Millionen Australiern vielfach benachteiligt werden. Andere halten die Klettertour für so etwas wie ein Grundrecht für alle Bewohner des fünften Kontinents.

Auch unter den Aborigines sind nicht alle einer Meinung. Wenn man mit Jüngeren spricht, lautet die Antwort häufig: «Ist mir egal.» Der Künstler Billy Cooley, Jahrgang 1952, sagt: «Ich hätte kein Problem damit, wenn der Berg offen bleibt. Die Leute kommen dazu aus aller Welt. Wenn sie heimlich klettern, dann gibt es noch mehr Unfälle.»

Tatsächlich ist der Uluru trotz seiner bescheidenen Höhe gefährlich. Der Fels ist nicht nur steil, sondern auch extrem glatt. Mindestens 37 Menschen kamen ums Leben. Seit man sich an einer 300 Meter langen Kette nach oben hangeln kann und dadurch auch Halt beim Abstieg hat, sind es weniger geworden. Zuletzt starb im Juli vergangenen Jahres ein 73 Jahre alter Japaner. Vergangene Woche stürzte ein zwölfjähriges Mädchen mehrere Meter nach unten.

Auch von deutschen Besuchern gibt es unterschiedliche Töne. «Es ist respektlos, hier herzukommen, auf dem Uluru herumzutrampeln und ein Instagram-Foto zu machen», sagt Sabrina Reisinger (25) aus der Nähe von Passau. «Das gehört sich nicht.» Thomas Witt (57) meint: «Wenn da 500 Leute hochgehen, macht es auch nichts aus, wenn 501 Leute hochgehen.» Andererseits: «Bei uns kann man auch nicht einfach den Kölner Dom hochklettern.» Er bleibt letztlich ebenfalls unten.

Mit dem Kletterverbot enden fast anderthalb Jahrhunderte Geschichte: Der erste Weiße dort oben war wahrscheinlich 1873 der englische Entdecker William Goose. Er benannte ihn nach Sir Henry Ayers, einem ehemaligen Premierminister von South Australia. An diesem Wochenende soll es am Uluru eine feierliche Zeremonie geben, von Aborigines und Weißen gemeinsam. Sicherheitshalber wird auch die Polizei dabei sein.

Nächste Woche wird dann die Kette abgebaut und auch die 138 stählernen Pfosten, die bis zu 30 Zentimeter in den roten Stein gerammt wurden. Die Gedenksteine für die Toten und die Platte, die ganz oben in alle Richtungen weist, werden ebenfalls nach unten geholt. Die Einzigen, die künftig noch klettern dürfen, sind die Anunga selbst. Sie haben dazu eigentlich aber keinen Grund. Ihre heiligen Stätten sind alle unten am Uluru, in der roten Erde. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Viele Menschen in Deutschland schränken sich lieber in anderen Bereichen ein, als auf die Urlaubsreise zu verzichten, so eine Studie. Und die Beliebtheit von Flugreisen steigt auf einen Rekordwert.

Auch in diesem Jahr hat Accor die aktuellen Reise-Trends untersucht. Trotz Inflation und steigender Lebenshaltungskosten planen Reisende 2024 mehr Budget für ihre Reisen ein. Bei Deutschen steht vor allem der Heimaturlaub hoch im Kurs, gefolgt von Reisen nach Spanien, Italien und Österreich.

Saudi-Arabien hat von der Welt Tourismus Organisation (UNWTO) und dem World Travel & Tourism Council (WTTC) internationale Anerkennung für seine Leistung erhalten, bis 2023 mehr als 100 Millionen Touristen zu empfangen.

Der Reisehunger der Deutschen ist nach den Pandemiejahren zurück: Dies zeigt sich in einer repräsentativen Umfrage, die das Bonusprogramm Payback im Vorfeld der ITB in Berlin unter Kundinnen und Kunden durchgeführt hat.

Internationale Auslandsreisen erzielten in 2023 mit zweistelligen Wachstumsraten im Vergleich zu 2022 erneut einen großen Schritt in Richtung Auslandsreisevolumen von 2019. Strand- und Städtereisen sind mit je einem Drittel Marktanteil die beiden Haupturlaubsarten. Auf Rang drei folgen Rundreisen.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) sieht den Incoming-Tourismus auf einem nachhaltigen Wachstumskurs. Deutschland hat gute Chancen, 2024 wieder an die Ergebnisse des Jahres 2019 anzuknüpfen. Dazu tragen auch touristisch attraktive Events, wie die UEFA Euro 2024, und Kultur-Highlights bei.

Manchmal kommt es auf jeden Zentimeter an: Für einen erholsamen Urlaub sollte jeder Gast im Hotelbett schon mehr Platz haben als 70 Zentimeter. Dieser Überzeugung ist zumindest das Amtsgericht Hannover, wie aus einem aktuellen Urteil hervorgeht.

Fälle von Brechdurchfall an Bord eines Kreuzfahrtschiffs lassen auf Mauritius die Alarmglocken klingeln - denn die Cholera breitet sich im südlichen Afrika aus. Nun müssen die Passagiere Geduld zeigen.

Ägypten will ein riesiges neues Tourismuszentrum an seiner Mittelmeerküste bauen. Bei dem Projekt in der Region Ras Al-Hikma, 350 Kilometer nordwestlich von Kairo, sollen mehr als 170 Millionen Quadratmeter an Hotel-, Wohn-, Freizeit- und Geschäftsflächen entstehen.

Reisen nach Hamburg sind weiter stark gefragt. 15,9 Mio. Übernachtungen zählten die Betriebe der Hamburger Tourismusbranche im Jahr 2023 – und damit so viele wie noch nie zuvor in einem Jahr. Im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum von 8,4 Prozent.