Reizthema Skifahren: Deutschland schäumt, Alpenländer bleiben cool

| Tourismus Tourismus

Maßregelungen aus München, Berlin oder Brüssel - ein rotes Tuch für Österreich und die Schweiz, das gilt auch im Corona-Winter: Der Aufruf, die Skigebiete über Weihnachten und Neujahr geschlossen zu halten, empört viele in den Alpenländern. Sie wollen sich das Weihnachtsgeschäft mit den Wintertouristen nicht vermasseln lassen - auch wenn die Infektionszahlen in beiden Ländern zurzeit deutlich höher sind als etwa in Deutschland. Auch Italien und Frankreich sind für eine Öffnung der Skigebiete erst im Januar.

«Die Schweiz fährt Ski. Aber sicher!», heißt es in einer Werbekampagne, die sich auch an Gäste aus dem Ausland richtet. Hoch gelegene Skigebiete sind teils schon offen, etwa in St. Moritz, Davos und Zermatt. Auch in Österreich laufen mancherorts die Skikanonen schon auf Hochtouren. In den Skigebieten im Zillertal, St. Johann in Tirol und St. Anton am Arlberg soll die Saison nach derzeitigen Plänen in den nächsten zwei Wochen starten. Die Regierung in Wien verbittet sich Einmischung. Das Land entscheide selbst, ob es die Skigebiete öffnet, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Der Präsident des Verbandes Seilbahnen Schweiz, Hans Wicki, spürt Druck aus dem Ausland. «Da muss man jetzt Gelassenheit und Coolness an den Tag legen, damit man das gut übersteht», sagte er im Rundfunk. Österreichs Finanzminister Gernot Blümel drohte mit Geldforderungen. «Wenn die EU eine Vorgabe macht, dass die Skigebiete geschlossen bleiben müssen, erwarten wir uns Kompensationszahlungen», sagte er der Zeitung «Die Welt» (Samstag). Wintersport ist in den Ländern ein wichtiger Wirtschaftszweig mit Tausenden Arbeitsplätzen. Die Weihnachtsfeiertage sind Hochsaison.

Im Schweizer Kanton Wallis will man französische Skitouristen jetzt mit einem besonderen Angebot locken: «Wir planen einen Busbetrieb, der Ski-Touristen aus dem französischen Teil der Portes du Soleil abholt», kündigte der Chef des Schweizer Teils des Skigebiets, Enrique Caballero, im Rundfunk an. Skigebiete, Bergbahnen und Wintersportanbieter zielen mit einer interaktiven Webseite auch auf ausländische Gäste. Interessierte können sehen, welche Skigebiete zum Beispiel die Zahl der Gäste in den Gondeln beschränken, wo zusätzliche Terrassenplätze in den Bergrestaurants geschaffen wurden oder wo Bergfahrten vorab online reserviert werden können.

Die Menschen in Deutschland sind allerdings mehrheitlich für die Schließung der Skigebiete zur Eindämmung der Pandemie. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der «Augsburger Allgemeinen» (Samstag) sagten 73,8 Prozent, eine Schließung es sei «eindeutig» oder «eher richtig». 19,5 Prozent der Befragten hielten dies für «eher» oder «eindeutig falsch».

Ob Wintersportlerinnen und Wintersportler an den Festtagen sich auf den Pisten des Sauerlandes vergnügen können, ist noch offen. Wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Sonntag im Deutschlandfunk sagte, werde ein Aussetzen des Ski-Tourismus derzeit geprüft. Man wolle auf die Betreiber in den dortigen Gebieten zugehen und «da auch vorbildlich handeln».

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich in der vergangenen Woche mit Blick auf Winterurlaube für eine Schließung aller Skigebiete in Europa ausgesprochen. Gegner eines weihnachtlichen Skivergnügens sprechen warnend von Ischgl, dem österreichische Skiort, der im Frühjahr maßgeblich zur Virusverbreitung in Europa beigetragen haben soll.

«Ein zweites Ischgl können wir uns in diesem Winter nicht erlauben, sonst besteht die Gefahr, dass wir europaweit in einer Lockdown-Situation landen, aus der wir nicht mehr hochkommen», sagte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Hans begrüßte zudem die bayerische Regelung, wonach auch Tagestouristen, die zum Skifahren nach Österreich reisen, anschließend zehn Tage in Quarantäne müssen.

Auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, mahnte strenge Regeln für Skiurlauber an. «Wer jetzt noch meint, trotz hoher Infektionszahlen in den Skiurlaub fahren zu müssen, sollte ganz klar wissen, dass er danach in Quarantäne gehört», sagte er der «Rheinischen Post» (Samstag). Er forderte in jedem Bundesland eine verpflichtende mindestens fünftägige Quarantäne.

«Die Politiker sprechen davon, ein zweites Ischgl verhindern zu wollen», sagt der Geschäftsführer der Skigebiete Corvatsch, Diavolezza und Lagalb, Markus Moser, der Zeitung «Blick». Das sei aber nicht fair, die Infektionen seien ja nicht bei Sport, sondern beim Après-Ski passiert. Das fröhliche Feiern nach einem Pistentag soll dieses Jahr tabu sein: «Ski-Vergnügen ja, aber ohne Après-Ski», hatte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz angekündigt.

Ischgl will öffnen: «Wie gut, dass Sie auf all das nicht mehr lange warten müssen, denn am 17. Dezember 2020 ist es endlich so weit: Der erste Skitag in der Silvretta Arena in Ischgl steht am Programm!», heißt es auf der Webseite des Skiorts.

Die Schneeregion Engadin lockt eine ganz prominente Besucherin: «Frau Merkel, bei uns sind Sie sicher!» titelte die Boulevardzeitung «Blick» am Samstag, verbunden mit einer Charme-Offensive aus Pontresina, wo Merkel im Winter seit Jahren regelmäßig Langlauf macht. «Frau Merkel muss keine Angst haben», sagte Hotelier Thomas Walther. «Unsere Hygienekonzepte haben sich seit dem Sommer bestens bewährt. In Berlin leben Sie vermutlich viel gefährlicher!» Der Schweizer Gesundheitsminister Alain Berset will sich das Skivergnügen auch nicht nehmen lassen. Er würde gerne auf die Piste gehen, sagte er im Fernsehen. «Aber mit Abstand, Maske und Handhygiene.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Reiseveranstalter TUI hat Reisen in das Renaissance Cairo Mirage City Hotel in Ägypten aus dem Programm genommen, nachdem bekannt wurde, dass über 150 aus Israel freigelassene palästinensische Ex-Häftlinge dort untergebracht waren. Auch die Lufthansa hat reagiert und ihre Flug-Crews vorsorglich in andere Unterkünfte verlegt.

Angebote für Verbände und Unternehmen sollen die Tourismusbranche in Rheinland-Pfalz nach vorn bringen. Die nun vorgestellte Tourismusstrategie sieht insgesamt sechs zentrale Handlungsfelder vor.

Die Schweizer Skigebiete Crans-Montana und Andermatt-Sedrun gehören Amerikanern, aber Flims, Laax und Falera verhindern nur mit viel Geld eine Übernahme aus dem Ausland.

Aus Sorge vor einer ausländischen Übernahme der lokalen Ski-Infrastruktur, haben die drei Wintersportgemeinden Flims, Laax und Falera im Kanton Graubünden den Kauf der Anlagen der Weissen Arena Bergbahnen AG beschlossen. Mit einem Gesamtvolumen von 94,5 Millionen Franken sichern die Gemeinden die touristischen Anlagen.

Schon länger wehren sich Gegner gegen das touristische Großprojekt Bernstein-Resort bei Ribnitz-Damgarten. Nun hat ein Gericht notwendige Arbeiten vorläufig gestoppt - wegen Fledermäusen.

Der Europa-Park im südbadischen Rust will dem Weltraum einen eigenen großen Themen-Bereich widmen. Eine Hauptattraktion wird die Achterbahn Euro-Mir sein, die abgebaut und mit neuer Technik komplett neu errichtet werden soll.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband unterstützt die Initiative zur Olympiabewerbung Münchens. Der Verband sieht darin langfristige Chancen für die bayerische Hauptstadt, die Betriebe der Branche sowie deren Gäste in ganz Bayern.

Eine aktuelle Umfrage der ÖHV beleuchtet die Reisepläne der Österreicher für die Herbstferien. Im Fokus stehen Inlandsreisen, kurze Aufenthalte und die Suche nach Erholung.

HolidayCheck hat das „Reisehoroskop 2026“ veröffentlicht, das den Sternzeichen spezifische Urlaubsideen und Reisezeitpunkte zuschreibt. Als Rahmen für die Empfehlungen dient die bevorstehende Saturn-Neptun-Konjunktion im Widder, die in astrologischen Kreisen den Beginn eines neuen Zyklus markieren soll.

Bereits zum zehnten Mal beleuchten die Reisetrends von Booking.com, wie Menschen die Welt erleben möchten. Und das von Coolcations, bei denen es in kühlere Regionen geht, bis zu Conscious Travel, also dem bewussten Reisen mit Blick auf soziale und ökologische Aspekte.