Unternehmer schlagen Alarm: Angst vor Sauftourismus im Sommer auf Mallorca

| Tourismus Tourismus

«Ich sehe oft schon um 14 Uhr sturzbetrunkene Urlauber, die verzweifelt mit dem Handy in der Hand ihr Hotel suchen», erzählt Gerlinde Weininger, Wirtin des Kultlokals «Münchner Kindl» an der Playa de Palma. Der sogenannte Sauftourismus ist auf Mallorca nichts Neues - aber dieses Jahr scheint die Lage am berüchtigten Ballermann bereits deutlich vor Beginn der Hauptsaison am 1. Juli so schlimm wie nie zuvor zu sein.

Deshalb schlugen Interessenvertretungen der Partymeile im Süden der spanischen Mittelmeerinsel dieser Tage Alarm. Der Hotelierverband AHPP, der Gastrozusammenschluss CAEB und der Nachtclubverband ABONE prangerten in einem gemeinsamen Aufruf eine inzwischen «unhaltbare» und «alarmierende» Situation an. «Jetzt reicht's!», meinen sie, und fordern von den Behörden härtere Strafen, mehr Polizeipräsenz und mehr Kontrollen. Auch der Anwohnerverband des Bezirks S'Arenal, zu dem der Ballermann gehört, beklagte dieser Tage ein zunehmend schlechteres Benehmen vieler ausländischer Touristen.

Der diesjährige Run auf die Insel begann im Frühjahr mit den Opening Partys der großen Diskotheken unter anderem am Ballermann, der deutschen Urlauberhochburg schlechthin. Die beliebte Partymeile platzt derzeit aus allen Nähten. Schon im April kamen knapp 1,5 Millionen Besucher aus dem Ausland und dem spanischen Festland auf die Balearen, womit die bisherige Höchstmarke für diesen Monat (gut 1,3 Millionen 2019) übertroffen wurde. Fast 40 Prozent der ausländischen Touristen kamen aus Deutschland.

Nicht nur die Anwohner und die Lokalbetreiber, auch weniger lautstarke Besucher regen sich über die Touristen auf, die sich im Rausch nicht mehr unter Kontrolle haben. Immer wieder wurden auf Mallorca neue Benimmregeln und Gesetze erlassen, eine «Qualitätsoffensive» wurde bereits vor Jahren gestartet, doch der Ballermann ist nicht zu bremsen.

Offiziell gehört die Playa de Palma zu den Zonen, in denen auf Mallorca im Sommer besondere Benimmregeln gelten. Sie sollen den Alkoholkonsum einschränken, indem etwa der Verkauf reguliert und Werbung untersagt wird. «Es ist zu erwarten, dass wir auch dieses Jahr vor die gleichen Probleme gestellt werden, die die Saison mit sich bringt», sagt José Antonio Fernández de Alarcón, Chef des Hotelierverbandes Playa de Palma, der sich bereits in Stellung bringt, um die Fehltritte zur Anzeige zu bringen.

Fingerspitzengefühl hingegen mahnt «Bierkönig»-DJ Aaron Müller an. «Der Ballermann steht für Freiheit. Es gehört gewissermaßen dazu, sich daneben zu benehmen.» An deutschen Partymeilen gehe es nicht groß anders zu, sagt der 38-Jährige aus Idar-Oberstein. «99 Prozent der Urlauber benehmen sich den Umständen entsprechend gut.» Wobei sich die Frage stellt, wo die Grenze zwischen gutem und schlechtem Benehmen gezogen wird. «Mich persönlich stört es nicht, wenn Leute auf der Straße grölen», sagt Müller. Das mögen manche anders sehen.

Zum Gesamtbild gehört natürlich auch, dass die Partyurlauber viel Geld in die Insel-Kassen spülen. Deshalb passen sich die Läden in der Gegend den Bedürfnissen an. «Ein Schmuck- oder Schuhgeschäft lohnt sich hier nicht. Selbst die Parfümerie am Ballermann verkauft mittlerweile Dosenbier», sagt Weininger. Die Wirtin bedauert aber, dass die Kasse nicht bei allen klingelt. «Es sind eigentlich nur drei Lokale, die von der Party profitieren: Megapark, Bierkönig und Oberbayern.» Zu selten würden die Urlauber an der Playa de Palma gut essen gehen. «Sie fallen meist aus der Disco raus und gehen zum Dönerstand oder der Bratwurstbude gegenüber», sagt Weininger.

Das mag auch an den Preisen liegen. Die Inflation hat auch um Mallorca keinen Bogen gemacht. «Es ist verdammt teuer geworden», sagt Kevin Kirchheim. «Unter 200 Euro pro Nacht ist im 4- bis 5-Sterne-Bereich (im Hotel) mit Halbpension nichts mehr möglich.» Auf seinen Urlaub will der Urlauber aus Velbert aber trotzdem nicht verzichten. «Dann spare ich lieber an anderen Ecken zu Hause.»

Andere verzichten sogar auf ein Bett. Immer mehr Besucher vor allem aus Deutschland und den Niederlanden übernachteten am Strand, klagt der Vizepräsident des Anwohnerverbandes von S'Arenal, Alain Carbonell. «Die 18- bis 20-Jährigen kommen nur noch, um sich zu betrinken.» Die Lage sei «unhaltbar», beteuert auch er im Gespräch mit der Zeitung «Última Hora». Das Blatt schrieb, bei den Einheimischen herrsche «Angst» vor dem nahenden Sommer.

Rebecca aus Stuttgart kommt bei Freunden unter. Daher sind ihr vor allem die höheren Flugpreise aufgefallen. «Allein fürs Handgepäck musste ich pro Strecke 25 Euro bezahlen.» Für Hin- und Rückflug gab sie insgesamt 220 aus. Früher seien es unter 100 Euro gewesen. «Die Preise im Supermarkt sind ähnlich wie in Deutschland gestiegen.» Die Schwäbin ist am liebsten am Strand in Colònia de Sant Jordi im Südosten der Insel. Obwohl sie keinen Alkohol trinkt, hat sie mit dem Ballermann kein Problem. «Ich höre die Musik auch auf Arbeit. Es müssen aber andere nüchterne Leute bei der Party dabei sein. Denn sonst muss ich die Mutti für alle Besoffenen spielen.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Deutsche Reiseverband blickt optimistisch auf die kommende Wintersaison 2025/26. Fernreisen und Kreuzfahrten erleben derzeit einen signifikanten Zuwachs. Insgesamt liegt das Umsatzwachstum für den Winter nach Buchungsstand Ende August bei neun Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Für Gen Z und Millennials sind Geschäftsreisen laut einer Umfrage weit mehr als eine berufliche Anforderung; sie stellen vielmehr eine Gelegenheit zur Aufwertung des Lebensstils dar. Und dafür sind sie auch bereit zu zahlen.

In den Herbstferien werden kaum Strandkörbe an der Ostsee zu finden sein. Dabei sollte ein Erlass den Streit um Aufstellfristen beilegen. Die neuen Regeln seien aber praxisfern, kritisieren Verleiher.

Die touristische Branche in Nordrhein-Westfalen blickt mit gemischten Erwartungen auf die anstehenden Herbstferien. Eine gemeinsame Betriebsbefragung von Tourismus NRW und dem DEHOGA NRW zeigt, dass die Nachfrage momentan heterogen ist, wobei insbesondere Ferienwohnungen und -häuser überdurchschnittlich gut gebucht sind.

Laut einer aktuellen Trendstudie von Hilton verlagert sich der Fokus deutscher Reisender im Jahr 2026 stärker auf emotionale Beweggründe. Diese Reisen sind demnach weniger vom Zielort als vielmehr vom Wunsch nach Erholung, der Wiederverbindung mit Liebsten und der Suche nach bedeutsamen Erlebnissen geprägt.

Der neue Nordsee Tourismus Report 2025 verzeichnet einen signifikanten Rückgang des Besucherinteresses an der deutschen Nordseeküste. Eine erste Hochrechnung für das kommende Jahr deutet auf einen weiteren Rückgang im zweistelligen Bereich hin.

Deutschland hat im aktuellen Anholt Nation Brands Index (NBI) 2025 sein international ausgezeichnetes Image bestätigt. Deutschland bleibt wie in den Vorjahren Spitzenreiter unter den 30 im NBI erfassten europäischen Ländern.

Der aktuelle „Reisetrends 2026”-Report von Skyscanner beleuchtet die Entwicklungen, die das Reisejahr 2026 prägen werden. Die Analyse konzentriert sich auf sieben zentrale Trends sowie die beliebtesten aufstrebenden und preisgünstigsten Destinationen für deutsche Reisende.

Das Reiseportal Urlaubsguru hat seinen jährlichen Trendreport für das Jahr 2026 veröffentlicht. Die Ergebnisse beleuchten neue Trendreiseziele, veränderte Lifestyle-Präferenzen und entscheidende Kriterien im Familienurlaub.

Omio hat seinen jährlichen NowNext '25 Report veröffentlicht. Dieser zeichnet ein Bild des zukünftigen Reiseverhaltens weltweit, von emotionalen Beweggründen über generationsspezifische Vorlieben bis zu gefragten Reisezielen und veränderten Ansprüchen.