Zoos leiden unter der Krise

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Beinahe wirkt es so, als hielten manche Tiere hinter den Zäunen ihrer Gehege Ausschau nach den fehlenden Menschen. Auch in Zoos sind wegen der Corona-Krise Besucher verboten. Ein Blick auf die Situation von Tierparks in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen:

Tiere langweilen sich

Im Berliner Zoo scheinen die Affen die Welt nicht mehr zu verstehen. Vor ihren Gehegen herrscht Totenstille. «Manche Tiere vermissen die Besucher ein bisschen», sagt Zoo-Sprecherin Philine Hachmeister. «Gerade die Affen beobachten ganz gerne Menschen.» Auch andere Tiere wie Robben oder Papageien fänden es spannend, wer da so vorbeikommt. «Für sie ist das jetzt ein Stück weit langweilig.»

Ähnliches erzählt Rasem Baban, Chef des Münchner Tierparks Hellabrunn. Einen Lagerkoller bekämen die Tiere zwar nicht, jedoch benötigten sie deutlich mehr Ansprache durch die Tierpfleger. Wenn er seine tägliche Runde durch den Tierpark drehe, guckten die Tiere verdutzt. «Sie freuen sich, wenn ein Besucher da ist.» Das sei für sie eine Bereicherung. In Zoos beobachteten sich Tiere und Menschen schließlich gegenseitig.

Im Vogelhaus des Berliner Zoos, so beobachten es Pfleger, sind die Tiere ohne Abwechslung durch Besucher jetzt viel mehr mit sich selbst beschäftigt. Im Frühling sei das aber auch wünschenswert, sagt Hachmeister mit einem Augenzwinkern. «Vielleicht gibt es nach der Corona-Krise nicht nur im Zoo einen großen Babyboom.»

Zoos fehlen Einnahmen

«Schlimmer kann es eigentlich nicht kommen», sagt Baban. Er rechnet mit Einbußen von zwei Millionen Euro bei einer fünfwöchigen Schließung. Die Osterferien seien für Zoos der Start in die Saison und besonders besucherstark, denn Zoos seien an Ostern ein Top-Ausflugsziel. «Das kann man nicht aufholen.» Eine Schließung im Januar wäre aus Babans Sicht einfacher zu verkraften gewesen als um diese Zeit. «Das Wetter soll auch noch schön werden. Es ist zum Verzweifeln», so der Hellabrunn-Chef. Neben den Eintrittsgeldern sei die Verpachtung der Gastronomie die zweite Einnahmequelle für den Tierpark. Beides fehle nun.

Der Verband der Zoologischen Gärten fordert für die 56 in ihm organisierten deutschen Zoos ein Soforthilfe-Programm in Höhe von 100 Millionen Euro. In einem Brief wandte sich Verbandschef Jörg Junhold, Zoodirektor in Leipzig, diese Woche an Kanzlerin Angela Merkel und verwies auf die Notwendigkeit sofortiger Unterstützung. «Anders als andere Einrichtungen können wir unseren Betrieb nicht einfach runterfahren - unsere Tiere müssen ja weiterhin gefüttert und gepflegt werden.»

Nach Junholds Worten arbeiten Zoos derzeit ohne Einnahmen, aber mit gleichbleibend hohen Ausgaben weiter. Ein einzelner Zoo müsse in der aktuellen Krise einen wöchentlichen Umsatzverlust von etwa einer halben Million Euro verkraften.

Die Kosten bleiben

«Auch in dieser Zeit benötigt der Löwe seine tägliche Portion Fleisch, der Tapir sein Luzerneheu, und jeder Seehund frisst drei bis vier Kilogramm Fisch pro Tag», erklärte kürzlich Mirko Thiel, Direktor des größten Zoos in Rheinland-Pfalz in Neuwied. «Die Tiere im Exotarium benötigen auch jetzt eine Durchschnittstemperatur von 21 Grad, bei den Energiekosten sind daher ebenfalls keine Einsparungen möglich.»

Auch der Sprecher des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart, der Wilhelma, Harald Knitter, sagt: «Die Kosten lassen sich kaum reduzieren, weil die Tiere und Pflanzen weiterhin täglich gehegt und gepflegt werden müssen, um zu überleben.»

Beim Personal wird umgeplant

Tiere lassen sich nicht in Kurzarbeit oder in den Urlaub schicken. Beim menschlichen Personal planen einige Tierparks jedoch um, so auch der Wildpark Bad Mergentheim in Baden-Württemberg. «Wir sind jetzt dabei zu sparen, zu sparen und zu sparen», sagt Geschäftsführer Marcus Rügamer. Man versuche, die eigenen Handwerker zu verteilen auf andere Arbeitgeber, für die sieben Tierpfleger wurde bereits zur Hälfte Kurzarbeit angemeldet, für die Gastronomie zu 100 Prozent.

Der Karlsruher Zoo staffelt seine Pfleger, damit sie zu unterschiedlichen Zeiten morgens loslegen und sich auch in der Kantine möglichst nicht begegnen. Die mehr als ein Dutzend Kassierer und Kontrolleure wurden nach Angaben von Zoo-Direktor Matthias Reinschmidt für andere Aufgaben an die Stadt gemeldet.

Wird etappenweise wiedereröffnet?

Der Rostocker Zoo arbeitet nach den Worten von Direktor Udo Nagel an einem Konzept, das die schrittweise Wiedereröffnung ermöglicht. So könnte das Primatenhaus Darwineum erst einmal ausgenommen bleiben, denn im dortigen Tropenhaus sei es zu beengt. «Im Vogel- und Reptilienhaus könnte gleichzeitig nur eine begrenzte Anzahl von Besuchern zugelassen werden», erklärt Nagel. Der Zoo habe sich auf eine Schließung bis 20. April eingestellt. «Danach wird es schwer.»

Pandas verbreiten trotzdem gute Laune

Im Berliner Zoo wären zwei kleine Pandabären dieser Tage eigentlich große Publikumsmagnete. «Die Panda-Zwillinge sind zuckersüß», sagt Zoo-Sprecherin Hachmeister. «Jedes Mal denken wir: Das müssten die Besucher jetzt live sehen. Nicht, dass wir irgendwann wieder öffnen und dann sind die kleinen Pandas schon ganz groß.» Zoo und Tierpark Berlin versuchten nun zumindest online, die Menschen am Alltag in den Gehegen teilhaben zu lassen. An Humor fehlt es dabei nicht. Wenn Panda Paule auf einem Zoo-Video durch sein Gehege flitzt, steht darüber: «Paule rennt - wie haltet ihr euch fit?»
 

(dpa)


 

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