Späte Reue: Diebin schickt Maßkrug nach 55 Jahren ans Hofbräuhaus zurück

| War noch was…? War noch was…?

Nach mehr als einem halben Jahrhundert hat eine 73-jährige US-Amerikanerin einen in ihrer Jugend geklauten Maßkrug an das berühmte Münchner Hofbräuhaus zurückgesandt. Der Steingutkrug sei vergangene Woche völlig überraschend per Post eingetroffen, sagte Sprecher Tobias Ranzinger am Montag. «Am 27. Dezember hat sie den Krug losgeschickt und wir haben ihn am letzten Donnerstag bekommen - unversehrt und mit einer netten Karte», sagte Ranzinger. Das Hofbräuhaus hatte die Nachricht über die Heimkehr des Kruges auf Facebook veröffentlicht; mehrere Medien hatten darüber berichtet.

«Ich habe den Steinkrug aus ihrem Haus im Sommer 1965 mitgenommen, als ich wild, rücksichtslos und unbedacht war», erläuterte die Seniorin aus dem US-Bundesstaat Maryland handschriftlich auf der Karte. «Es tut mir leid, dass ich ihn nicht früher zurückgegeben habe.» Unterschrift: Celeste.

Was Celeste zu der späten Rückgabe brachte, blieb auch für das Hofbräuhaus ein Rätsel. «Ihre Motivation ist unklar, aber uns freut es, dass Leute über so lange Zeit eine Verbindung zu unserem Haus haben», sagte Ranzinger. Der Wirt der Traditionsgaststätte, Wolfgang Sperger, sieht die Tat laut Ranzinger gnädig: Celeste habe den Krug gar nicht gestohlen, sondern nur ausgeliehen. Offensichtlich habe sie so einen unvergesslichen Abend erlebt, dass sie heute noch daran denke. Celeste soll nun eine Einladung zum Freibier bekommen. Man wolle ihr Bierzeichen schicken, das sind Münzen, für die es eine Maß Bier gibt.

Bis etwa 1971 gab es im Hofbräuhaus Steinkrüge. Zu den Olympischen Spielen 1972 sei auf Glaskrüge umgestellt worden - nicht zuletzt, weil die Gäste dann besser sehen, ob das Bier gut eingeschenkt ist.


 

Weiterer Bericht zum Thema:

55 Jahre Reue - Amerikanerin schickt Bierkrug ans Hofbräuhaus zurück


Von Benno Schwinghammer, dpa


Es ist der Sommer '65, eine junge Amerikanerin reist durch Deutschland. Ost-Berlin schockt sie, im Münchner Hofbräuhaus lässt sie einen Krug mitgehen. Nach 55 Jahren schickte sie ihn nun zurück. Was trieb sie? Ein Besuch in Maryland.

Washington (dpa) - Als Celeste Sweeney damals «ihren Krug» im Trenchcoat versteckte, hätte sie nicht für möglich gehalten, dass er ihr mehr als ein halbes Jahrhundert lang ein schlechtes Gewissen bereiten würde. Es war an einem ausgelassenen Sommerabend 1965, als die 18-jährige Amerikanerin im Hofbräuhaus zuerst das bayerische Bier trank - und dann das zugehörige Steingefäß mitgehen ließ.

Nach 55 Jahren hat der Krug nun seinen Weg zurück in die Münchner Bierstube gefunden, dabei ein Zettel mit drei Sätzen: «Ich habe diesen Steinkrug aus ihrem Haus im Sommer 1965 mitgenommen, als ich wild, rücksichtslos und unbedacht war. Entschuldigen Sie, dass Sie ihn nicht früher zurückbekommen haben. Hoffentlich kommt er heil an.»

Was die heute 73-Jährige dazu trieb, soll ein Besuch im US-Bundesstaat Maryland vor den Toren Washingtons herausfinden. Sweeney lebt in einem hübschen, weißen Haus in einem dieser amerikanischen Vororte, in denen jedes Grundstück Platz für vier Autos zu haben scheint. Dass jemand an der Geschichte zu ihrem Bierkrug interessiert ist, kann sie kaum glauben. Doch sie bittet den Gast hinein und führt ins Arbeitszimmer. Das Fotoalbum ist schon aufgeschlagen.

Damals, 1965, hatte ihre ältere Schwester sie auf eine Europa-Tour mit ihren Freundinnen mitgenommen, erzählt sie. Sie blättert in den alten Fotos, sie zeigen Rom, Paris und London. Auf einem Bild prangt Stacheldraht. Es ist die Grenze nach Ost-Berlin.

Damals habe sie bei Deutschland an die Care-Pakete gedacht, die sie mit ihrer Mutter für die Notleidenden in der Nachkriegszeit gepackt hatte, erzählt Sweeney. Und nun besuchte sie den Ostteil Berlins und war «zutiefst erschüttert». Ihre Erinnerungen sind düster, da war eine Frau, die tief gebeugt über die Straße huschte, alles wirkte bedrohlich. «So etwas hatte ich noch nie gesehen», sagt sie.

Umso größer war der Kontrast zu München. «Endlich war es lustig und leicht und fröhlich. Das Lächeln, die Musik, die Wärme!», schwärmt Sweeney. Vom Abend im Hofbräuhaus erinnert sie noch Einiges. Die Jungs mit den Lederhosen ganz besonders, aber auch die Frauen mit den Puffärmeln.

Stundenlang seien die jungen Frauen an ihrem langen Holztisch geblieben. Sie hätten gegessen und getrunken, getanzt und gesungen - und ihre Steinkrüge dabei in der Luft geschwenkt. Als sie schließlich gehen wollten, fassten die jungen Frauen einen Plan. Zwar hätten sie auch einen Bierkrug als Andenken kaufen können, «aber wir hatten so viel Spaß, wir wollten unsere Krüge». Celeste Sweeney und ihre Freundinnen versteckten sie unter ihren Jacken.

Wieder in den USA habe sie das Steingefäß auf ein Regal gestellt und mit Stolz betrachtet. Daraus getrunken habe sie nie wieder. Doch es schlich sich auch noch ein anderes Gefühl ein. Das von Schuld. «Ich besaß etwas, das nicht zu mir gehörte. Das wieder im Hofbräuhaus sein sollte». Sweeney betont, wie wichtig ihr auch in diesem Zusammenhang der Glaube sei. Aus ihrer weißen Bluse schaut ein goldenes Kreuz hervor.

Unterdessen ging das Leben mit voller Geschwindigkeit weiter, die Pädagogin zog in andere Bundesstaaten, wohnte an der Westküste in Kalifornien, schließlich verschlug es sie in den Vorort von Washington. Doch die Schuld zog immer mit. Manchmal landete sie nach einem Umzug in einer Box, manchmal in einem Schrank. Und immer wieder fiel Sweeney ein, dass da noch etwas war. Etwas Unerledigtes. «Eines Tages» werde sie den Krug zurückschicken, dachte sie immer wieder.

«Eines Tages» kam nach fast 55 Jahren. Im Dezember beschloss Sweeney, dass es an der Zeit war: Im Internet fand sie die Adresse des Hofbräuhauses in München, sie fuhr zum Walmart, kaufte eine Box, Luftpolsterfolie und legte den Steinkrug hinein. Danach ging's zur Postfiliale, wo sie den Versand auf 100 Dollar versicherte. Falls das Gefäß zerbrach, so die Rechnung, könnte sie dem Brauhaus wenigstens das Geld überweisen. Danach erzählte sie ihren Enkeln, dass es niemals zu spät sei, einen Fehler wiedergutzumachen.

Mittlerweile hat das Hofbräuhaus, das den Brief bei Facebook veröffentlichte und sich über die Aufmerksamkeit freut, mit einem weiteren Paket reagiert: Als Dankeschön für so viel Ehrlichkeit befindet sich gerade ein neuer Steinkrug auf dem Weg in die Staaten. «Dieses Mal können Sie es mit ruhigem Gewissen behalten», steht in einem beiliegenden Brief. Als Sweeney davon hört, ist sie gerührt. Den neuen Krug werde sie dann auch benutzen, meint sie.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Unternehmerin Christina Block soll den Auftrag erteilt haben, zwei ihrer Kinder aus der Obhut des Ex-Manns zu entführen. Dessen neue Ehefrau wendet sich als Zeugin direkt an die Angeklagte.

Zum Welttoilettentag feiert Berlin seine historischen Klo-Häuschen, auch Café Achteck genannt. Wo früher Menschen ihr Geschäft verrichteten, werden heute zum Teil Burger gebraten.

Seit vier Monaten läuft der Prozess gegen Christina Block wegen der Entführung ihrer Kinder aus der Obhut ihres Ex-Manns. Jetzt meldet sich der Großvater der Kinder erneut zu Wort.

Im Fall der in Istanbul gestorbenen Hamburger Mutter und ihrer zwei Kinder haben Ermittler weitere Personen festgenommen. Dabei handelt es sich um zwei Hotelangestellte sowie eine Person, die Schädlingsbekämpfung in dem Hotel der Familie durchgeführt hat.

Der Komiker und Künstler Otto Waalkes zeigt rund 150 seiner Gemälde im Hotel Taschenbergpalais Kempinski Dresden. Besucher erwartet eine Mischung aus Kunst, Humor - und den berühmten Ottifanten. Auch Tee spielt eine Rolle.

Nach dem Tod einer Hamburger Mutter und ihrer zwei Kinder im Türkeiurlaub ist ihr Hotel in Istanbul evakuiert worden. Die Behörden haben zudem sämtliche Gegenstände aus dem Hotel mitgenommen, um sie im Labor zu untersuchen.

Betonblöcke, Messerverbote und Videokameras: Die deutschen Weihnachtsmärkte rüsten nach Anschlägen in früheren Jahren massiv auf. Doch der Schutz ist teuer. Und die Besucher sorgen sich trotzdem.

Der Urlaub einer Familie aus Deutschland endet in der Katastrophe. Eine Mutter und ihre zwei Kinder sterben nach einem typischen Sightseeing-Tag in Istanbul. Ermittler haben Essen im Verdacht.

Eine etwa hundert Jahre alte Trommelwaschmaschine aus den 1920er Jahren von Miele hat in einer deutschlandweiten Suche den ersten Platz als älteste betriebsbereite Gewerbewaschmaschine erreicht. Das Gerät ist im Besitz des Fördervereins der Ortsfeuerwehr Burgdorf-Schillerslage bei Hannover.

Die Polizei in Giengen und Heidenheim untersucht zwei Einbrüche in Schnellrestaurants, bei denen es die Täter auf altes Speiseöl abgesehen hatten. Ein Zusammenhang zwischen den beiden Fällen wird von den Ermittlern geprüft. Die gestohlene Menge wird als mehrere Tonnen beschrieben.