Von Jesus bis Eiswürfel - Ernährungsberaterin prüft ausgefallene Modediäten

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Was würde Jesus essen? Gemüse: ja. Gummibärchen: nein. Das ist der (etwas vereinfacht dargestellte) Ansatz der Was-würde-Jesus-essen-Diät. AnhängerInnen des Konzepts essen nur Nahrungsmittel, welche in der Bibel erwähnt werden. Wer es mit der Religion nicht so hat, kann bei Modediäten auch bei Belieben auf die Hilfe von Babynahrung, blauen Brillen oder Geistern zurückgreifen. 

Fit Reisen hat zusammen mit der Maja Biel, Ökotrophologin und zertifizierte Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, zehn der ausgefallensten Modediäten auf Sinn und Substanz geprüft. Die Expertin erklärt zudem im Interview, wie Brokkoli doch noch schmackhaft wird und warum ohne Genuss nichts geht.

Frau Biel, lassen Sie uns gleich zur ersten Diät kommen – die Babynahrung-Diät. Anhänger nehmen über den Tag verteilt anstelle von regulären Mahlzeiten und Snacks bis zu 16 Gläser Babynahrung zu sich. Eine „normale“ Mahlzeit bleibt erlaubt. Ist das sinnvoll?“

Biel: „Nein, denn das Konzept ist nicht durchdacht. Wenn ich über den Tag verteilt immer wieder Babynahrung esse, steigt mein Blutzucker ständig auf und ab. Und wenn der permanent in Bewegung ist, kommt der Körper nicht in die Fettverbrennungsphase, die er zum Abnehmen jedoch braucht. Wer wirklich abnehmen möchte, sollte besser eine Pause von drei bis vier Stunden zwischen den Mahlzeiten lassen und dafür sättigende Gerichte in angemessener Portionsgröße wählen.

Eine weitere Abnehmmethode ist die Kohle-Diät. Dabei trinkt man regelmäßig Saft, in dem Aktivkohle aufgelöst wurde. Die Aktivkohle soll Schadstoffe binden, die Fettverbrennung anregen und den Blutzucker senken. Was halten Sie von diesem Ansatz?

Biel: „Ich rate davon ab, weil die Kohle im Körper nicht nur Schadstoffe absorbiert, sondern auch wichtige Mikronährstoffe wie Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Dass Aktivkohle beim Abnehmen hilft, ist außerdem nicht nachgewiesen.“

Auch auf einem kreativen Ansatz basiert die Halt-deine-Nase-zu-und-iss-Diät. Wer diese Diät macht, darf alles essen, solange er/sie sich dabei die Nase zuhält. Da man so nichts riechen kann, soll das Essen weniger gut schmecken und infolgedessen isst man weniger.

Biel: „Das finde ich eine traurige Vorstellung. Da geht mir ja der Genuss verloren, und der ist beim Abnehmen sehr wichtig. Außerdem kann man Bauchschmerzen davon bekommen.“

Wieso?

Biel: „Nicht nur durch den Geschmack, sondern auch schon durch den Essensgeruch bereite ich meine Verdauung darauf vor, dass gleich etwas im Bauch landet. Sobald ich Essen rieche, fängt mein Körper an, Verdauungssäfte zu produzieren – man denke nur an das sprichwörtliche Wasser, das einem im Mund zusammenläuft. Wenn ich mir allerdings die Nase zuhalte, weiß mein Körper von nichts und das Essen trifft unangekündigt in meinem Magen ein. Der ist aber noch gar nicht bereit dafür und hat auch keine Verdauungssäfte produziert. Das kann dann zu Bauchschmerzen führen.“

Für Naschkatzen besonders attraktiv ist die Dessert-zum-Frühstück-Diät. Hier isst man jeden Morgen ein kohlenhydrat- und proteinreiches Frühstück mit dem Dessert seiner Wahl. Mittags isst man nochmal bis zu 600, abends bis zu circa 400 Kalorien. 

Biel: „Das kann funktionieren. Die Lust auf Süßes schon am Morgen zu befriedigen kann dazu führen, dass man später keinen Heißhunger mehr hat. Es kann aber auch schiefgehen, wenn man die zusätzliche Energie zu einem festgelegten Zeitpunkt – hier am Morgen – zu sich nimmt. Manchmal kann man die Extra-Energie ja auch mittags oder abends brauchen. Grundsätzlich finde ich diesen Ansatz unflexibel und rate dazu, Nahrung dann zu sich zu nehmen, wann man sie braucht, und intuitiv zu essen.“ (mehr zu intuitivem Essen weiter unten)

Auf intuitive Unlust setzt auch die Blaue-Brille-Diät. Dabei darf man essen, was man möchte, muss dabei jedoch immer eine blaue Brille tragen. Der Gedanke dahinter ist, dass Lebensmittel in Blautönen weniger schmackhaft aussehen und man so automatisch weniger isst. Was ist da dran?

Biel: „Es gibt keinerlei wissenschaftlichen Nachweise, dass diese Diät sinnvoll ist. Außerdem geht durch die blaue Brille auch der Genuss verloren, und der gehört zum erfolgreichen Abnehmen definitiv dazu!“ (mehr dazu weiter unten)

Bei der Eiswürfel-Diät lutscht man täglich einen Liter Eiswürfel. Da der Körper alles, was er zu sich nimmt, auf Körpertemperatur erwärmt, nehmen Anhänger dieser Abnehmmethode an, dass sie durch den Erwärmungsprozess viele Kalorien verbrennen können. Was halten Sie davon?

Biel: „Der Körper verbrennt tatsächlich Kalorien, wenn er kaltes Essen oder Trinken erwärmt, allerdings nur sehr wenige. Da kommen vielleicht 40 Kalorien auf einen Liter Eiswürfel. Das bringt also nicht viel. Ich halte solche Ideen außerdem für gefährlich, weil sie zu Essstörungen führen oder sie verstärken können.“

Weniger gefährlich ist hoffentlich die Was-würde-Jesus-essen-Diät, auch Bibel-Diät genannt. Wer diese Diät macht, isst nur Essen, das auch in der Bibel als Nahrungsmittel erwähnt wird. Das sind zum Beispiel Früchte, Gemüse, Nüsse, Saaten, Vollkornprodukte und Fisch. 

Biel: „Eine Diät, die den Schwerpunkt auf diese Nahrungsmittel legt, ist tatsächlich sinnvoll. So kann man abnehmen. Die Ernährung der damaligen Zeit war gesund, und hochverarbeitete Produkte wegzulassen oder zumindest zu reduzieren ist auch hilfreich.“

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt die Blutgruppen-Diät. Dabei favorisiert und meidet man, je nach Blutgruppe, unterschiedliche Nahrungsmittel. So nehmen zum Beispiel Menschen mit Blutgruppe 0 viel Protein zu sich und meiden Milchprodukte.

Biel: „Für diese Diät gibt es keinerlei wissenschaftliche Grundlagen. Das ist nicht sinnvoll.“

Fans eines alternativen Ansatzes stoßen im Internet auch auf Diäten mithilfe eines medizinischen Mediums, die auf den Ratschlägen eines Mediums und dessen Kommunikation mit einem Geist beruhen. 

Biel: „Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage für diesen Ansatz. Ich finde ihn nicht nur schwierig, er kann sogar gefährlich werden. Eines dieser Medien hat zum Beispiel einen bestimmten Gemüsesaft als Allheilmittel verkauft, und das ist er einfach nicht. Aber manche Menschen glauben ihm und trinken den Saft dann in dem Glauben, tatsächlich ein Allheilmittel zu schlucken. Wenn Menschen glauben, so Erkrankungen heilen zu können und dafür Behandlungen ablehnen, die vielleicht notwendig sind, kann das gefährlich werden.“

Zuletzt werden wir nochmal religiös. Der Ansatz bei der Gebets-Diät ist denkbar einfach: Ich bete jeden Tag, dass ich Gewicht verliere. Was ist Ihre Meinung dazu?

Biel: „Ich persönlich halte mehr von Eigenverantwortung, das ist aber eine Glaubensfrage. Ich kann mir vorstellen, dass die Gebete bei manchen tatsächlich dazu führen, dass sie so handeln, wie sie gerne handeln würden. Das ist dann ähnlich wie bei Visualisierungen - dabei stellen Menschen sich vor, dass sie das, was sie erreichen wollen, bereits erreicht haben.“

Jetzt haben wir einige Nachteile und Gefahren moderner Abnehmmethoden kennengelernt. Gibt es denn ein Warnzeichen, an dem man festmachen kann, dass eine Diät nichts taugt?

Biel: „Wenn ein bestimmtes Nahrungsmittel als Wundermittel verkauft wird. Es gibt nicht das eine Lebensmittel, das alles hat und alles kann.“

Gibt es denn überhaupt eine Diät, zu welcher Sie als Expertin raten?

Biel: „Die einzige Diät, die auf Dauer funktioniert, ist eine langfristige Umstellung der Ernährung. Man muss gesunde Gewohnheiten entwickeln und beibehalten. Diäten funktionieren, wenn überhaupt, nur kurzfristig.“

Viele haben schon am eigenen Leib erfahren, dass Modediäten nur kurzfristig helfen, und kämpfen jetzt mit dem Jojo-Effekt. Dabei nimmt man, sobald man nach der Diät wieder normal isst, schnell wieder zu und hat am Ende sogar noch mehr Kilos auf den Hüften als vor der Diät. Wie können Abnehmwillige den Jojo-Effekt verhindern?

Biel: „Indem sie ihren Körper in keine Hungersnot bringen. Genau das kann bei einer Diät passieren – der Körper bekommt viel weniger Kalorien, als er braucht, und merkt sich das. Sobald er dann wieder mehr Kalorien bekommt, speichert er jede einzelne ab, um sich vor der nächsten Hungersnot zu schützen, und das führt dann zum Jojo-Effekt.“

Gibt es denn eine Möglichkeit, den Jojo-Effekt wieder rückgängig zu machen?

Biel: „Ja. Wenn ich meinen Körper gut versorge, nicht hungern lasse und ihm das Gefühl gebe, dass er in Sicherheit ist und sich nicht an jedem Gramm Fett festhalten muss, das er bekommt.“

Und inwiefern passen Genuss und Abnehmen zusammen?

Biel: „Genuss ist ein ganz wichtiger Bestandteil beim Abnehmen! Wenn ich eine Diät mache und die Sachen, die ich esse, überhaupt nicht genieße, esse ich kurz- oder langfristig wieder das, worauf ich wirklich Appetit habe. Es liegt nicht an fehlender Disziplin, dass so viele Diäten nicht funktionieren, sondern an fehlendem Genuss.“

Angenommen, ich genieße vor allem Schweinshaxen, Pommes und Bratensoße. Kann ich meinen Geschmack denn im Lauf des Lebens ändern, hin zu etwas Gesünderem?

Biel: „Ja, denn Geschmackssache ist auch Gewohnheitssache. Man muss einen Geschmack bis zu zwanzigmal probieren, bevor der Geschmackssinn sich daran gewöhnt hat und es anfängt zu schmecken. Nehmen wir das Beispiel Spinat. Kaum ein Kind mag Spinat beim ersten Probieren, doch im Lauf des Lebens fangen viele an, ihn zu mögen. So hat jeder die Chance, seine Vorlieben zu ändern.“  

Findet eine erfolgreiche Diät denn auch ein bisschen in unserem Kopf statt?

Biel: „Ja, auf jeden Fall. Versuchen Sie mal ein kleines Experiment und reflektieren vor dem nächsten Griff zum Schokoriegel kurz: Greife ich gerade zu etwas Süßem, weil ich tatsächlich Appetit habe, oder bin ich gestresst oder gefrustet von einer doofen Arbeitsmail? Essen beruhigt uns, deshalb essen viele, wenn sie Stress haben. Wer lernt, auf seinen Körper zu hören, so intuitiver isst und nur dann, wenn er wirklich Hunger hat, ist klar im Vorteil.“

Das heißt, je mehr natürliche Lebensmittel ich esse, desto besser schmecken sie mir?

Biel: „Ja. Und andersherum gilt das genauso. Je mehr hochverarbeitete Lebensmittel ich esse, desto leckerer finde ich sie. Und Brokkoli kommt meinen Geschmacksnerven dann halt leider lahm vor.“

Wie sieht denn eine wirkungsvolle langfristige Umstellung der Ernährung aus, bei der man ein gesundes Gewicht erreichen und halten kann?

Biel: „Natürliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Nüsse und Hülsenfrüchte gehören auf den Ernährungsplan. Außerdem sollte man, je nachdem, wie sättigend die Mahlzeit war, drei bis vier Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten einlegen, damit der Körper sich erholen und in die Fettverbrennung kommen kann. Und es ist wichtig, angenehm sättigende Portionen zu essen und sich nicht gewohnheitsmäßig zu überessen. Genauso wichtig: Wer hungert, hält vermutlich nicht lange durch und tut sich selbst nichts Gutes. Wer abnehmen will, muss satt sein.“

Und welche Nahrungsmittel gehören auf den Tisch, damit ich beim Abnehmen auch satt werde?

Biel: „Sättigende und gesunde Mahlzeiten beinhalten auf jeden Fall Eiweiß – das ist zum Beispiel in Hülsenfrüchten, Fleisch, Fisch, Eiern und Quark enthalten. Eiweiß bleibt lange im Magen und hält damit lange satt. Wenn man dagegen hauptsächlich Gerichte isst, die rein aus Kohlenhydraten bestehen – zum Beispiel Nudeln mit Tomatensoße – dann hat man nach einer Stunde wieder Hunger. Denn die sind schnell verdaut. Neben Eiweiß darf auch Gemüse nicht fehlen. Das hat durch die enthaltenen Ballaststoffe viel Volumen und gleichzeitig wenig Kalorien. Die perfekte Mahlzeit zum Abnehmen besteht also aus einer ordentlichen Menge Gemüse, reichlich eiweißhaltigen Lebensmitteln und einer moderaten Portion Kohlenhydrate.“

Letzte Frage: Welche Gewohnheiten haben in Ihrer Erfahrung Menschen, die langfristig ein gesundes Gewicht halten können?

Biel: „Sie kochen frisch, genießen ihre Mahlzeiten und essen achtsam und intuitiv. Das heißt auch, sie erkennen Hunger- und Sättigungssignale und handeln danach. Zudem essen sie viele natürliche Lebensmittel und bewegen sich gerne.“


 

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