Hunderttausende Minijobber in der Gastronomie verlieren Arbeit

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich auch im April stabil gezeigt. Die Zahl der Arbeitslosen ist wieder gesunken, im Vergleich zum März um 5. 000 auf 2,771 Millionen. Doch beim zweiten Blick auf die Statistik, die die Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag in Nürnberg vorgelegt hat, werden die von der Corona-Pandemie aufgeworfenen Probleme immer offensichtlicher.

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen setzt sich mit derzeit 1.069.000 über der Millionen-Grenze fest und liegt um 42 Prozent über dem Wert von vor einem Jahr. Die Kurzarbeit steigt wieder deutlich und wird allmählich auch zu einem finanziellen Problem. Für die April-Statistik wurden Daten bis zum 13. April berücksichtigt.

Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele, sieht vor allem die Langzeitarbeitslosigkeit als Feld an, das eingehend beackert werden muss. Er geht davon aus, dass die Corona-Pandemie in Deutschland für rund 500.000 Arbeitslose verantwortlich ist. «Wir wären bei einer Quote von 4,9 Prozent, hätten wir die Situation nicht gehabt», sagte Scheele.

Zwölf Monate nach dem ersten Lockdown wird deutlich: Immer mehr, die damals ihren Job verloren, rutschen nun in Hartz IV. Scheele sprach von 30.000 Übergängen aus der Arbeitslosigkeit in die Grundsicherung - pro Monat. «Es gelingt einfach gegenwärtig zu wenigen Arbeitslosen, einen neuen Job zu finden», sagte der BA-Chef. «Ein Jahr Pandemie hat die Arbeit der Jobcenter der letzten drei Jahre fast vollständig zunichte gemacht.» In Zahlen: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg um über 300.000.

Die Zahl steuert damit auf den Wert von 2010 zu, als 1.114.000 erreicht worden waren. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bezeichnete die Entwicklung als «besorgniserregend». Sie erfordere eine Kraftanstrengung, um die Zahl nach der Pandemie wieder zurückzudrängen.

Die Vermittlungsanreize der Bundesagentur laufen derzeit häufig ins Leere - es müssten erst einmal die Jobs da sein. Die Helferkonjunktur der vergangenen Jahre in der deutschen Industrie, als neben Fachkräften vermehrt auch Ungelernte oder wenig Qualifizierte eingestellt wurden, sei erst einmal vorbei. Scheele rechnet damit, dass sie höchstens in Teilen wiederkommt. Drei von fünf Langzeitarbeitslosen hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung. Auch 550.000 Minijobber verloren ihre Arbeit in der Pandemie, die Hälfte davon allein in der Gastronomie.

Anzeichen dafür, dass sich an der Situation schnell etwas ändern könnte, gibt es nicht. «Wir brauchen die dreijährige Umschulung im Sozialgesetzbuch II und wir brauchen die Weiterbildungsprämie», sagte er an die Politik gerichtet. «Das sind die beiden Instrumente, die wir haben.» Und es braucht Zeit. Obwohl die Zahl der gemeldeten freien Stellen um 2000 auf 629.000 geklettert ist und damit ein vergleichsweise erfreuliches Niveau erreicht hat, gilt vor allem eines: Die Unternehmen werden zuerst einmal die Kurzarbeit zurückfahren und ihre Mitarbeiter wieder in Vollzeit beschäftigen - erst wenn sie dann spüren, sie brauchen noch mehr Arbeitskraft, werden sie neue Leute einstellen.

Und von der Kurzarbeit kommen unterschiedliche Signale. Im Februar - von da stammen die aktuellsten einigermaßen verlässlichen Zahlen - kletterte die Zahl der Kurzarbeiter auf 3,27 Millionen. Das sind rund eine Million mehr als im Oktober 2020, also vor dem bis heute anhaltenden Lockdown, und 80.000 mehr als im Januar dieses Jahres. Eine weitere Kennzahl ist für Scheele besonders alarmierend. Die Kurzarbeiter waren im Schnitt nur zu 39 Prozent noch im Job, zu 61 Prozent waren sie freigestellt. Das ist eine Quote, die noch höher ist als zu Beginn der Corona-Krise, als bis zu knapp sechs Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit waren.

Die positive Nachricht: Die Zahl der Anmeldungen für Kurzarbeit sind zuletzt deutlich zurückgegangen. In den ersten 25 Tagen des April gab es Anträge nur noch für 116.000 Beschäftigte. Das sind nur noch halb so viele wie im März. Und sie kamen vermehrt aus Branchen wie Bau, Automobil und Zulieferer - was eher auf Probleme hindeutet, die nicht zuvorderst mit der Pandemie zu tun haben.

Die Erleichterung würde dringend gebraucht. Die Bundesagentur kommt mit ihrem ursprünglichen Haushaltsansatz von rund sechs Milliarden Euro für Kurzarbeitergeld bei weitem nicht aus. Auch eine im Februar beschlossene Verdoppelung reicht nicht. Inzwischen wird in Nürnberg mit einem Finanzbedarf in Höhe von 20 Milliarden Euro allein für die Kurzarbeit gerechnet. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Wer beim Thema Überstunden Ärger mit dem Arbeitgeber vermeiden will, sollte Mehrarbeit immer dokumentieren. Denn: Gibt es Streit, müssen Beschäftigte ihre Überstunden nachweisen können, wie es in der Zeitschrift «Finanztest» heißt.

In Deutschland halten sich einer Studie zufolge 61 Prozent der Arbeitnehmer selbst für Burn-out-gefährdet. 21  Prozent sehen für sich ein hohes und 40 Prozent ein mittleres Risiko, an Überlastung zu erkranken, wie eine repräsentative Befragung ergab.

Im Münchner Traditionsunternehmen der Platzl Hotels wurde Direktor Heiko Buchta (54) die Prokura erteilt. Bereits seit 2013 in der Führungsspitze des Vier-Sterne-Superior-Hauses, erhält der erfahrene Diplom-Kaufmann mit der handelsrechtlichen Vollmacht durch die Inhaberfamilie Inselkammer nun noch mehr Verantwortung.

Beförderungen aus eigenen Reihen sind oft eine bevorzugte Lösung. Manche Kollegen rechnen fest damit, bei der Auswahl auf dem Siegertreppchen zu landen. Doch woran kann es liegen, dass sie immer wieder ignoriert werden? Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Trotz Inflation und schwacher Konjunktur haben die Menschen in Deutschland wieder mehr Geschmack an Bio-Lebensmitteln gefunden. Die Verbraucher kommen langsam wieder aus der Schockstarre.

Gemessen an den Übernachtungszahlen hat die Tourismusbranche in Deutschland im Jahr 2023 die Corona-Krise fast hinter sich gelassen. Die Zahl der Gästeübernachtungen lag nur noch knapp unter den Ergebnissen, die vor der Pandemie erreicht wurden.

Knapp jede und jeder sechste abhängig Beschäftigte (16 Prozent) in Deutschland arbeitete im April 2023 im Niedriglohnsektor. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren das 1,1 Millionen Niedriglohnjobs weniger als im April 2022. Die Hälfte aller Beschäftigten im Gastgewerbe arbeitet im Niedriglohnbereich.

Die Karnevalszeit beschert vor allem Gastronomen in den Karnevalshochburgen ein lukratives Geschäft. Einer Berechnung zufolge sind diesmal sogar etwas höhere Einnahmen zu erwarten als in der Saison 2022/2023.

Manche Menschen teilen ihren Alltag regelmäßig auf ihren Social-Media-Kanälen. Da ist auch schnell ein Foto vom Arbeitsplatz dabei. Wer solche Bilder unbedacht postet, muss mit Folgen rechnen.

Das Schaltjahr beschert uns 2024 einen zusätzlichen Arbeitstag am 29. Februar. Damit gibt es dieses Jahr bundesweit im Schnitt 248,8 Arbeitstage – trotz Schaltjahr 0,6 Tage weniger als im Vorjahr mit 249,4 Arbeitstagen.