Jobs mit ungenutztem Homeoffice-Potenzial

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Präsenzkultur weicht dem Social Distancing in vielen deutschen Unternehmen. Die Corona-Krise zeigt, wie gut Homeoffice in Deutschland funktionieren kann, aber auch wo es Nachholbedarf geben könnte. Bisher wurde in fast allen Unternehmen der Privatwirtschaft das Potenzial für Beschäftigte, im Homeoffice zu arbeiten, noch nicht voll genutzt. Insbesondere in administrativen Berufen, IT und Naturwissenschaft, aber auch im Handel schlummerte noch Potenzial. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Kurzexpertise des ZEW Mannheim gemeinsam mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Die Auswertung beruht auf Daten des Linked Personnel Panels, das ausschließlich Betriebe der Privatwirtschaft mit mindestens 50 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten umfasst. Die Wissenschaftler/innen zeigen in ihrer Kurzexpertise auf, welche Jobs das Potenzial haben, von zu Hause aus erledigt werden zu können, wenn die noch vorhandenen technologischen Hürden beseitigt würden.

Vor der Corona-Krise haben immer mehr Berufstätige im Homeoffice gearbeitet. Je nach Berufssegment variierte die Homeoffice Nutzung jedoch stark und das Potenzial war nicht ausgeschöpft, wie die Kurzexpertise zeigt: In allen untersuchten Berufssegmenten könnten mehr Personen mobil arbeiten – vorausgesetzt die Tätigkeit eignet sich dafür und technologische Hürden werden beseitigt. Vor allem in Berufssegmenten, in denen der Anteil der bisher schon von zu Hause aus Arbeitenden recht hoch ist, wie in IT, Naturwissenschaften sowie im Handel, könnten Berufstätige noch stärker als bisher mobil arbeiten. Dies gilt insbesondere auch in klassischen Büro-Jobs in denen bis zu 30 Prozent der Beschäftigten zusätzlich im Homeoffice arbeiten könnten.
 

Die Wissenschaftler/innen verdeutlichen zudem, dass das Niveau der Tätigkeit eine zentrale Rolle für die Ausübung des Berufs im Homeoffice spielt. Die Mehrheit der Beschäftigten in den untersuchten Betrieben arbeitet in Jobs mit fachlichen Tätigkeiten, 23 Prozent der Beschäftigten zumindest gelegentlich von zu Hause aus. Der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Spezialisten- oder Experten-Tätigkeiten, die von Zuhause aus arbeiten, liegt mit 61 Prozent mehr als doppelt so hoch.

Auch der Umfang sowie die Struktur der Tätigkeiten in den verschiedenen Berufssegmenten legt das ungenutzte Potenzial, von Zuhause aus zu arbeiten, offen. Denn je mehr Zeit ein Beschäftigter mit Homeoffice-nahen Tätigkeiten, wie der Kommunikation oder Arbeit am Computer verbringt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Person von zu Hause arbeiten kann. Umgekehrt geht ein höherer Anteil der Arbeit an Maschinen und Geräten mit einer geringeren Homeoffice-Wahrscheinlichkeit einher. „Ein geringes Potenzial für Homeoffice haben also solche Berufstätige, die in hohem Maße an Maschinen und Anlagen arbeiten. Dies betrifft maßgeblich Berufe aus den Bereichen Bau, Ausbau und Fertigung, die bei der Erledigung ihrer Arbeit überwiegend auf die Bedienung von Maschinen und Anlagen angewiesen sind“, erklärt Dr. Susanne Steffes, Wissenschaftlerin am ZEW. Demgegenüber weisen Berufe in unternehmensbezogenen Dienstleistungen, der Unternehmensführung und der Unternehmensorganisation sowie dem Handel vergleichsweise hohe Anteile Homeoffice-naher Tätigkeiten auf.

 

„In Deutschland gibt es noch viel ungenutztes Potential an Homeoffice-Möglichkeiten, welches in den kommenden Wochen sicher stärker genutzt werden wird. Diese Möglichkeiten sind jedoch sehr von der Tätigkeitsstruktur der Arbeitsplätze abhängig. Wo viel mit Maschinen und Anlagen gearbeitet wird, bleiben die Hürden relativ hoch“, führt Dr. Susanne Steffes aus. Dr. Stefanie Wolter vom IAB ergänzt: „Das zeigt auch die aktuelle Entwicklung. Maßnahmen wie die Schließung von Produktionswerken aufgrund der Corona-Pandemie können auch einen Effekt auf die Arbeitsplätze in der Administration haben, die potenziell nach Hause verlagert werden könnten. Nichtsdestotrotz würde ein Abbau der technologischen Hürden, wie die Ausstattung mit Hard- und Software und die Sicherstellung von ausreichend Breitbandnutzung, dazu beitragen, die deutsche Wirtschaft weitgehend am Laufen zu halten.“


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Neue Studienergebnisse zeigen einen deutlichen Wandel im Trinkgeldverhalten der Deutschen. Während es im Restaurant stabil bleibt, sinkt die Bereitschaft in anderen Dienstleistungsbereichen massiv.

Deutschland zählt so viele Firmenpleiten wie seit 2014 nicht - und trotz Konjunkturhoffnungen gibt es keine Entwarnung für das kommende Jahr. Die zahlenmäßig meisten Insolvenzen entfielen auf das Dienstleistungsgewerbe.

Die Zuversicht der Verbraucher in Deutschland bezüglich ihrer eigenen finanziellen Lage stagniert. Das aktuelle Postbank Stimmungsbarometer beleuchtet die Hauptsorgen der Bevölkerung und zeigt auf, wie die gestiegenen Kosten die Spar- und Konsumpläne beeinflussen.

Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass die Niedriglohnquote in Deutschland konstant bei 16 Prozent liegt. Besonders betroffen ist das Gastgewerbe, wo über die Hälfte der Jobs dem Niedriglohnsektor zuzuordnen sind.

Im Büro, auf der Bühne oder an der Maschine: Macht das einen Unterschied, wenn Medikamente die Leistungsfähigkeit einschränken? Und was passiert, wenn ein Fehler passiert? Fragen und Antworten.

Die anstehende Erhöhung des Mindestlohns auf 13,90 Euro pro Stunde zum 1. Januar 2026 hat für das Gastgewerbe die größten Auswirkungen. Das geht aus einer neuen Studie des ifo Instituts hervor. Die Branche weist die höchste Betroffenheit auf und plant entsprechende Reaktionen auf den signifikanten Lohnkostenanstieg.

Kinder weltweit essen immer mehr hochverarbeitete Lebensmittel – mit gefährlichen Folgen für Gesundheit, Wachstum und Psyche. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Unicef-Analyse, die zusammenfasst, wie sehr sogenannte ultra-verarbeitete Produkte (UPFs) den Alltag von Kindern und Jugendlichen bestimmen.

Fit Reisen das Suchverhalten in den 200 größten deutschen Städten untersucht, um die tatsächliche Nachfrage nach Wellnessangeboten zu analysieren. Die Auswertung zeigt, dass dabei die Nähe zu Angeboten, regionale Gegebenheiten und das Einkommen entscheidend sind.

Eigentlich gibt es Kinderkrankentage nur bis das Kind zwölf Jahre alt ist. Wann Eltern trotzdem bezahlt zu Hause bleiben dürfen – und warum der Arbeitsvertrag zum Stolperstein werden kann.

Zum 1. Januar steigt der Mindestlohn um 1,08 Euro - 22 Prozent der direkt betroffenen Unternehmen wollen daher Jobs streichen. Eine Umfrage des Ifo zeigt, wo besonders oft Mindestlohn gezahlt wird.