Nicht einfach unterschreiben: Die größten Fallen im Arbeitsvertrag

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Wer weiß eigentlich genau, was im aktuellen Arbeitsvertrag steht? Sin  hundert Prozent verstanden? Es kann durchaus vorkommen, dass sich im Vertrag Klauseln finden, die für Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zur Falle werden können.

Einen Arbeitsvertrag sollte man daher erst dann unterschreiben, wenn einem alle Punkte klar sind, sagt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Offenburg. Sind zu viele einseitige Klauseln enthalten, die den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin benachteiligen, sollte man die Finger vom Kugelschreiber lassen. «Das kann dann nicht der Wunsch-Arbeitgeber sein.»

Fallen im Arbeitsvertrag: Mindestanforderung an Verträge

Generell sollte sich das, was im Vorstellungsgespräch besprochen und vereinbart wurde, im Arbeitsvertrag wiederfinden, sagt Kaarina Hauer von der Arbeitnehmerkammer Bremen. Etwa das verhandelte Gehalt. Ist es nicht vertraglich oder tariflich geregelt, fällt man auf den gesetzlichen Mindestlohn zurück. Die Fälligkeit sowie die Abgeltung von Überstunden sollten ebenfalls festgehalten werden.

Das Nachweisgesetz legt fest, dass spätestens einen Monat nach Dienstantritt wesentliche Vertragsbedingungen vom Arbeitgeber schriftlich festgehalten werden müssen. Dazu zählen etwa Punkte wie Arbeitsort, Gehalt sowie Kündigungsfrist, so Till Bender von der Rechtsschutzabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).

 

Fallen im Arbeitsvertrag: Bei welchen Klauseln ist besondere Achtsamkeit gefragt? Eine Übersicht:

- Ausschluss der Kündigung vor Dienstantritt:

Normalerweise kann ein Arbeitsvertrag nach Unterzeichnung auch vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn zu den normalen Fristen gekündigt werden, zum Beispiel, wenn sich doch noch ein besseres Jobangebot für den Arbeitnehmer findet.

Allerdings ist es Arbeitgebern durchaus erlaubt, das per Klausel auszuschließen. Damit diese wirksam werde, müsse die Kündigung vor Dienstantritt für beide Seiten ausgeschlossen werden, erklärt Markowski. «Eine typische Falle, die oft zu Überraschungen führt.»

Häufig seien diese Klauseln mit Vertragsstrafen für den Fall des Nichtantritts der Stelle verbunden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern riskieren unter Umständen Strafen in der Höhe eins Gehalts. «Das beschränkt natürlich die Möglichkeiten, einen anderen Job anzunehmen», sagt Markowski.

- Probezeit und Probearbeitsverhältnis:

Meist wird im Arbeitsvertrag eine Probezeit vereinbart, üblicherweise von sechs Monaten. Damit soll laut Markowski erreicht werden, dass beide Vertragsparteien eine Kündigung mit sehr kurzer Kündigungsfrist aussprechen können. Aber Achtung: «Probezeit heißt nicht, dass man Kündigungsschutz hat», sagt DGB-Experte Till Bender. Im ersten halben Jahr darf grundsätzlich ohne Grund gekündigt werden, ob mit oder ohne vereinbarte Probezeit. Das Kündigungsschutzgesetz greift erst danach.

Ziel sollte es Markowski zufolge sein, eine möglichst kurze Probezeit zu vereinbaren. Eine Verlängerung der Probezeit über die im Arbeitsvertrag vorgesehene Zeit hinaus ist nur einvernehmlich möglich. Mehr als sechs Monate sind ohnehin nicht drin.

Die Probezeit darf aber nicht verwechselt werden mit dem Probearbeitsverhältnis. Findet sich im Arbeitsvertrag eine Klausel, wonach das Arbeitsverhältnis zur Erprobung auf sechs Monate befristet ist, sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hellhörig werden.

«Das ist ein befristeter Arbeitsvertrag durch die Hintertür, bei so einer Regelung würde ich als Arbeitnehmer auf jeden Fall nachfragen», rät Kaarina Hauer. Dann endet das Arbeitsverhältnis nämlich nach sechs Monaten, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

- Arbeitsort und Arbeitszeit:

Klauseln, die ohne weitere Einschränkung eine bundesweite oder sogar eine weltweite dauerhafte Versetzung vorsehen, seien in aller Regel unwirksam, erklärt Markowski.

Allerdings gilt: Ist der Arbeitsort nicht festgelegt, kann der Arbeitgeber diesen bestimmen. «Bei mehreren Betriebsstätten kann das bedeuten, dass man an mehreren Orten eingesetzt wird», sagt Hauer. Haben Sie im Bewerbungsgespräch über Homeoffice-Regelungen gesprochen, sollten diese ebenfalls vertraglich festgehalten werden.

Besonders für Teilzeitbeschäftigte wichtig: Im Arbeitsvertrag ist zwingend die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festzuschreiben. Können Sie beispielsweise nur vormittags arbeiten, im Vertrag steht aber lediglich, dass Sie 20 Stunden arbeiten sollen, kann der Arbeitgeber die Arbeitszeit frei bestimmen.

- Kündigungsfristen:

Wenn nichts geregelt ist, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist. Vorsicht ist Markowski zufolge geboten bei Klauseln, die die Kündigungsfrist für die Arbeitnehmenden an die Betriebszugehörigkeit knüpfen. Dann verlängern sich nämlich nicht nur für den Arbeitgeber die Kündigungsfristen, je länger das Arbeitsverhältnis besteht, sondern auch für Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin.

Laut Kaarina Hauer kann es aber heikel sein, dass Thema gleich beim Vorstellungsgespräch zu besprechen. «Als Arbeitgeber würde ich fragen, warum Sie bei mir anfangen wollen, wenn Sie jetzt schon über Kündigungsfristen diskutieren.» In der Praxis komme man in der Regel mit einer Aufhebungsvereinbarung gut aus einem Vertrag und Angestelltenverhältnis.

- Widerrufs- oder Freiwilligkeitsklauseln:

In manchen Arbeitsverträgen finden sich auch Widerrufs- oder Freiwilligkeitsklauseln, die sich zum Beispiel auf die Zahlung von Zulagen oder Boni beziehen. Hier kann es sich lohnen, rechtlichen Rat einzuholen. «In jedem Fall sollten Regelungen vermieden werden, wonach der Arbeitgeber etwas freiwillig oder widerruflich gewährt», sagt Markowksi. «Arbeitsverträge sollten verbindliche Leistungen vorsehen.» Ein typisches Beispiel sind Sonder- oder Bonuszahlungen. Sind die freiwillig, kann niemand einen Anspruch daraus ableiten.

Arbeitsvertrag nicht wie AGB behandeln

Insgesamt gibt es also Vertragsklauseln, die sind zwar zum Nachteil für Arbeitnehmer, aber trotzdem rechtlich zulässig. Zum anderen existieren Klauseln, die rechtlich unzulässig sind. Der Vorteil für Arbeitnehmer: Kommt es auf Basis solcher Klauseln später zum Konflikt, kann sich der Arbeitgeber nicht auf den Arbeitsvertrag berufen.

Sollten Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Vertragsklauseln bestehen, empfiehlt es sich, vor Unterzeichnung Rat einzuholen, beispielsweise bei einem Fachanwalt, einer Arbeitnehmerkammer oder der Gewerkschaft. «Für die meisten Leute ist das die Basis ihrer Existenz», sagt Bender, daher lohne sich ein genauer Blick. «Behandeln Sie den Vertrag nicht wie AGB, die Sie einfach abnicken.»

Wem eine Klausel seltsam vorkommt, die zudem rechtlich unwirksam wäre, kann es laut Markowski eine Möglichkeit sein, den Vertrag trotzdem zu unterschreiben. Weist man den Arbeitgeber direkt auf Unwirksamkeit hin, könnte er die entsprechenden Passagen zu seinem Vorteil so ändern, dass sie wirksam werden. «Den Job sollte man als Arbeitnehmer nicht für den Arbeitgeber machen», sagt der Anwalt. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Österreichische Hotelvereinigung hat die größte Praktikums-Umfrage der Branche durchgeführt. Mehr als 1.200 Schüler nahmen an der Befragung teil, die bereits zum vierten Mal stattfand. Die Ergebnisse für das Jahr 2025 zeigen gute Bewertungen für die Praktikumsbetriebe. Optimierungspotenzial sehen die Schüler bei Kommunikation und Dienstzeiten.

Die Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in den Kategorien Hotellerie und Gastronomie zeigen, wie ökologische und soziale Verantwortung in der Praxis umgesetzt werden kann. Das Hotel Luise in Erlangen und die Obermühle Görlitz werden für ihren Einsatz für Kreislaufwirtschaft, faire Arbeitsbedingungen und regionale, umweltschonende Konzepte gewürdigt.

Die Krise in der Wirtschaft hinterlässt deutliche Spuren auf dem Ausbildungsmarkt. Die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge ist in diesem Jahr auf rund 476.000 zurückgegangen, ist war der zweite Rückgang in Folge.

Die Bereitschaft von Fachkräften in Deutschland, während der Weihnachtsfeiertage und des Jahreswechsels für dienstliche Anfragen erreichbar zu sein, hat einen neuen Tiefstand erreicht. Insgesamt haben 71 Prozent der Berufstätigen über die Feiertage Urlaub.

Die wirtschaftspolitischen Verwerfungen treffen die Unternehmen in Deutschland weiter hart. Bonitäts-Schlusslicht bleibt das Gastgewerbe. Auch wenn sich die Lage seit Corona leicht gebessert hat, bleibt die Kreditwürdigkeit bei Gastronomen deutlich eingeschränkt.

Das kommende Jahr 2026 bringt für Unternehmen in Deutschland im Durchschnitt 2,4 Arbeitstage mehr als das laufende Jahr 2025. Dies teilt das Statistische Bundesamt mit. Bundesweit wird die durchschnittliche Zahl der Arbeitstage 250,5 erreichen.

Neue Studienergebnisse zeigen einen deutlichen Wandel im Trinkgeldverhalten der Deutschen. Während es im Restaurant stabil bleibt, sinkt die Bereitschaft in anderen Dienstleistungsbereichen massiv.

Deutschland zählt so viele Firmenpleiten wie seit 2014 nicht - und trotz Konjunkturhoffnungen gibt es keine Entwarnung für das kommende Jahr. Die zahlenmäßig meisten Insolvenzen entfielen auf das Dienstleistungsgewerbe.

Die Zuversicht der Verbraucher in Deutschland bezüglich ihrer eigenen finanziellen Lage stagniert. Das aktuelle Postbank Stimmungsbarometer beleuchtet die Hauptsorgen der Bevölkerung und zeigt auf, wie die gestiegenen Kosten die Spar- und Konsumpläne beeinflussen.

Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass die Niedriglohnquote in Deutschland konstant bei 16 Prozent liegt. Besonders betroffen ist das Gastgewerbe, wo über die Hälfte der Jobs dem Niedriglohnsektor zuzuordnen sind.