Wie neue Mitarbeiter und Arbeitgeber Bauchlandungen vermeiden

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Das Schicksal neuer Mitarbeiter entscheidet sich meist in den ersten Monaten. Wer von außen kommt, sollte sich daher an bestimmte Regeln halten. Aber auch der neue Arbeitgeber ist gefordert, wenn der oder die Neue kein Flop werden soll.

Mit „Rumpeldipumpel“ beschreibt unsere Sprache einen geräuschvollen, eiligen, aber meist misslungenen Auftritt. Der/die Neue ist im Betrieb zwangsläufig wie ein Transplantat, das im unbekannten Körper anwachsen soll. Die bange Frage lautet: Nimmt das Unternehmen die Person an oder stößt sie ab? Schon beim Start sind kritische Hürden zu überwinden, wenn Akzeptanz entstehen soll. Bei jedem Schritt, jedem Handgriff, jeder Entscheidung werden Einsteiger beäugt. Sie stehen auf dem Monitor - bei Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten. Und - oft ist der erste Eindruck nur schwer zu revidieren. Dabei spielt es keine Rolle, welche Position besetzt wird. Je höher in der Hierarchie, umso wichtiger ist zielgerichtetes, adäquates Verhalten (Vorbildfunktion).

Machen wir uns klar: Es handelt sich um neue, von außen eingekaufte Führungskräfte, die voller Tatendrang und bestem Willen agieren – und trotzdem oft scheitern. Sie waren oft nicht bereit und in der Lage, sich sensibel und flexibel auf das neue Unternehmen einzustellen. Sie setzten sich vom ersten Tage an unter enormen Handlungsdruck. Es gelang ihnen nicht zu ihrem neuen Umfeld Tuchfühlung aufzunehmen. Sie wollten flott aufräumen, Neues schaffen und sichtbar Spuren hinterlassen. Am besten im Alleingang.


Über den Autor Albrecht von Bonin

Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.

Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.


 

 

Das jeweils einstellende Unternehmen wiederum war offensichtlich nicht bereit, den neuen Führungskräften Zeit, Raum und Chancen zu geben, sich zurecht zu finden, sich zu sozialisieren, den eigenen Platz zu finden. Es fand zu wenig konstruktive Kommunikation mit den Neuen statt, um den Kurs abzugleichen oder zu modifizieren. Stattdessen holte man sich „hintenrum“ die Meinungen langjähriger Mitarbeiter (angeblicher Vertrauenspersonen) ein. Schlimmer noch: Die meisten Kandidaten wurden von Anfang an unter Erfolgsdruck gesetzt, ohne die Chance, sich mit den unternehmensspezifischen Gegebenheiten vertraut zu machen: „Jetzt zeigen Sie mal, was Sie können, räumen Sie dort mal kräftig auf“.

Ohne Zweifel hat man als Einsteiger den leichteren Start, wenn man nach dem Motto vorgeht: „Erst leisten, dann fordern“. Mit all zu forschem Verhalten hat schon mancher Manager in den ersten Tagen und Wochen viel Porzellan zerschlagen. Starten Sie nicht mit der Attitüde „Hoppla jetzt komm ich“. Gehen Sie behutsam mit neuen Situationen und Mitarbeitern um. Diese Menschen haben bisher auch nicht alles falsch gemacht und auf Sie, den „neuen Heilsbringer“ gewartet. Hier ein paar gut gemeinte Tipps:

Bereiten Sie Ihren Einstieg vor

Ziehen Sie im alten Unternehmen einen sauberen Schlussstrich. Die Welt ist klein. Man begegnet sich meist zweimal im Leben. Bevor Sie in ernsthafte Gespräche mit neuen Arbeitgebern gehen, klären Sie rechtzeitig familiäre Themen wie erforderlicher Standort-/Wohnungswechsel, Schule, Freizeit, soziales Umfeld, evtl. Zweitwohnung anmieten etc., bevor Sie den neuen Arbeitsvertrag unterzeichnen. Fordern Sie schon vor Ihrem Start Informationen über Unternehmen, Standort, Marketingpolitik, Führungskultur, Vertriebsstrategie, Geschäftsbericht an. So können Sie schon von Anfang an mitreden.

Der erste Tag im neuen Job

Widmen Sie Ihrem „Outfit“ besondere Sorgfalt. Gehen Sie auf Nummer sicher - eher konservativ als extravagant - jedoch bleiben Sie Ihrer Persönlichkeit treu. Kleider machen Leute. Die Kleiderordnung, der Dienstwagen, die Büroausstattung - falls Sie daran etwas ändern möchten: tun Sie’s mit Fingerspitzengefühl, es gibt Wichtigeres. Allzu rasch entsteht der Ruf des „Profil-Neurotikers mit Status-Denken“. Stellen Sie sich selbst mit wertschätzender Attitüde bei Mitarbeitern, Kollegen, Betriebsrat vor, falls es Ihr Vorgesetzter nicht tut. Erwarten Sie nicht, dass Sie überall mit offenen Armen aufgenommen werden. Führen Sie mit Ihren direkten Mitarbeitern und Kollegen „Startgespräche“, auch mit möglichen Widersachern, um deren Erwartungen und Vorstellungen zu erkunden. Hüten Sie sich vor allzu schnellen Urteilen, Versprechen und Ankündigungen.

Zuhören und lernen

Suchen Sie frühzeitig den Dialog mit der Unternehmensleitung. Was ist ihre Einschätzung Ihrer Aufgaben? Welche Erwartungen hat man an Sie? Was soll künftig besser laufen? Welchen konkreten Beitrag zum Erfolg können Sie leisten? Erfragen Sie die Leitplanken für Ihre Kompetenzen. Lassen Sie sich die Arbeitsabläufe in Ihrem Umfeld erläutern. Stellen Sie fest, welches Insider-Wissen Ihnen noch fehlt. Setzen Sie alles daran, sich schlau zu machen. Hören Sie zu. Fragen Sie viel. Dozieren Sie nicht. Bleiben Sie geduldig – mindestens die ersten 100 Tage. So verschaffen Sie sich den ersten wichtigen Eindruck.

Integrieren Sie sich im Team

Stellen Sie fest: Wer sind die „good guys“, die echten Leistungsträger. Sind sie bereit, Sie zu unterstützen? Finden Sie aber auch heraus, was Sie selbst für die gute Zusammenarbeit einbringen können. Wo sitzen die „bad guys“? Am leichtesten finden Sie Akzeptanz durch Vorbild an Leistung und Kompetenz.

Direkt kommunizieren

Wer sich in seinem Büro einigelt, ist nicht sichtbar für Kollegen und Mitarbeiter. Also zeigen Sie sich regelmäßig im Betrieb und interessieren sich für das Tagesgeschäft. Ihre Chefs sollten Ihre Ziele und Erwartungen kennen. Sprechen Sie darüber, informieren Sie sie direkt, verbindlich und offen, in Einzelgesprächen, mit einer Kurzpräsentation. Das schafft Vertrauen und vermeidet Gerüchte.

Die „Hackordnung“

Machen Sie sich vertraut mit Ablauf, Strukturen, Informationsfluss im Unternehmen. Wer, wo, was sind Informationsgeber/-quellen für das eigene Bestehen? Wie ist das interne Machtgefüge, die „Hackordnung“. Gibt es „heilige Kühe“? Wenn ja, wo? Gab es im Unternehmen interne Bewerber auf Ihre Position?

Zerschlagen Sie kein Porzellan. Nicht alles, was vor Ihnen geschah, muss schlecht gelaufen sein. Ihre Veränderungsvorschläge sollten das Bewährte erhalten und um neue Impulse bereichern. Berücksichtigen Sie dabei die Firmenkultur. Und bedenken Sie: Auch Ihre Vorgesetzten sind nicht fehlerfrei. Hüten Sie sich also davor, über Ihre Geschäftsleitung zu meckern, bevor Sie Ihre eigenen Aufgaben gelöst haben.

Vergessen Sie Ihr letztes Unternehmen

Nichts baut schneller Hürden auf als ein Neuer, der ständig mit Vergleichen zu seinem früheren Arbeitgeber herumtönt: „Bei XY haben wir das aber soundso gemacht.“ Erwarten Sie nicht, dass das ganze Unternehmen sich ab sofort auf Sie einstellt und Ihre Arbeitsmethoden übernimmt. Schauen Sie nicht zurück auf die „guten alten Zeiten“, sondern blicken Sie nach vorn. Gestalten Sie die Zukunft.

Konzentrieren Sie sich auf die brennenden Probleme

Nach wenigen Wochen der Bestandsaufnahme kennen Sie die Probleme und den Handlungsbedarf in Ihrem Bereich. Analysieren Sie genau, setzen Sie Prioritäten und machen konkrete Verbesserungsvorschläge. Entscheiden Sie rasch über die erforderlichen Maßnahmen. So schaffen Sie „Quick Wins“, zeigen Zielstrebigkeit und frischen Arbeitsstil.

Kommunizieren Sie mit der „Spitze“

Halten Sie in den ersten Tagen und Wochen engen Kontakt zur Geschäftsleitung. Informieren Sie sie über Ihre Aktivitäten. So sichern Sie sich Feedback und Aktionsraum für Ihre Maßnahmen. Berichten Sie - ohne Aufdringlichkeit - über Ihre Arbeitsergebnisse und Erfolge. So zeigen Sie der Unternehmensleitung, dass sie sich für die richtige Führungspersönlichkeit entschieden hat.

„Lieber keine Entscheidung als eine falsche“. Mit dieser Devise kommen Sie nicht weit. Also agieren Sie mutig. Bei wichtigen Entscheidungen ist es sinnvoll, vorher das Feedback der Geschäftsleitung einzuholen: „Ich plane das und das, denn ich möchte das und das verändern. Was halten Sie von der Idee?“

Aber seien Sie auch offen für Kritik, gestehen Sie ebenso offen ein, wenn Sie falsch entschieden haben. Wichtige Zusatzinformationen helfen Ihnen dann, Ihre Entscheidung zu revidieren. Sie werden sehen, das erhöht Ihren Akzeptanzwert bei Kollegen und Chefs. Zugleich wächst Ihre Glaubwürdigkeit.

Mehr versprochen als gehalten?

Gehen Sie konstruktiv vor. Suchen Sie Konsens im direkten, persönlichen Gespräch mit dem Vorgesetzten. Keine „Rabattmarken sammeln“, wenn etwas nicht wie versprochen läuft! Fordern Sie – falls notwendig - Einarbeitungsunterstützung an. Suchen Sie den regelmäßigen Dialog mit dem Personalchef. Er kann ein neutraler Ratgeber und Mittler „zwischen den Fronten“ für Sie sein.

Der langfristige Erfolg

Erstellen Sie vor Ende der Probezeit eine Soll/Ist-Analyse. Was lief gut, wo gibt es Korrekturbedarf? Bereiten Sie sich auf Kritik vor und gehen konstruktiv darauf ein. Ist es sinnvoll, die Zusammenarbeit fortzusetzen? Wie ist die Einschätzung der Geschäftsleitung. Sieht sie Ihren Start positiv? Ist es an der Zeit, weiterführende Maßnahmen mit der Geschäftsleitung festzulegen?

Was können Unternehmen tun?

Mit Schrecken denken wir daran, welcher ökonomische und soziale Schaden für Unternehmen und Mitarbeiter entsteht, wenn eine systematische Integrationshilfe im neuen Betrieb unterlassen wird. Häufig werden allseits bekannte und bewährte Einarbeitungsmodelle wie „Patensystem“, „Mentoring“ etc. auf der Ebene Leitender Führungskräfte unterschätzt. Der oder dem Neuen wird die eigene Rollenfindung nach dem Gesetz des Dschungels selbst überlassen („Friss Vogel oder stirb“). Die neue Führungskraft, noch nicht vernetzt und mit den geheimen Spielregeln des Unternehmens nicht vertraut, zieht mehr oder weniger nach dem Prinzip „trial & error“ ihre Bahnen und tritt dabei allzu häufig in das eine oder andere Fettnäpfchen. Das lassen sich die angeblichen Vertrauensleute der Geschäftsleitung nicht gefallen.

Doch mehr und mehr Arbeitgeber machen sich intensiv Gedanken um die Integration neuer Mitarbeiter und haben ein klares Konzept. Wenn die Ressourcen im Unternehmen nicht vorhanden sind, setzen sie einen neutralen Coach (von außen) ein, um den Start zu unterstützen. Damit soll sichergestellt werden, dass der oder die Neue eine sanfte Landung macht und keine Bauchlandung.

Das Patensystem

Entwickeln Sie ein Modell, bei dem ein interner Pate die Neuen in die Unternehmenskultur einführt (Do’ s & Don’ts) und als Lotse und Steigbügelhalter dient. Auch der externe Coach kann hier wertvolle Hilfestellung leisten.

Wöchentliches Feedback

Führen Sie (Geschäftsleitung, Vorstand etc) in der Anfangsphase persönliche Gespräche mit der neuen Führungskraft und überprüfen, welche Fortschritte sie in der Einarbeitung macht, wo Unterstützungs- oder Korrekturbedarf besteht. Verlassen Sie sich hier nicht allein auf vorgefilterte Meinungen anderer. Das Führen von Führungskräften ist Chefsache. Bilden Sie sich Ihren eigenen Eindruck. Gleichen Sie die jeweiligen Erfahrungen und Erwartungen im offenen Dialog zeitnah ab. Bedenken Sie: Wer ein großes Schiff in die Themsemündung lenken will, muss im Ärmelkanal bereits beidrehen.

Sie sehen: beide Seiten – Arbeitgeber und Führungskraft - können zum Gelingen des Starts beitragen. Mit den o.g. Maßnahmen werden Sie die Bauchlandung mit „Rumpeldipumpel“ vermeiden.


Autor

Albrecht von Bonin

avb Management Consulting

www.avb-consulting.de

VON BONIN + PARTNER Personalberatung

www.von-bonin.de


 

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