Zahl der Beschäftigten im Gastgewerbe weiter unter Vorpandemie-Niveau

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Fachkräftemangel, hohe Kosten, ausbleibende Gäste - die Lage im Gastgewerbe bleibt schwierig. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)  kritisiert ein niedriges Lohnniveau, eine schwache Tarifbindung sowie unsichere Arbeitsverhältnisse.

DEHOGA Bayern Chef, Thomas Geppert, sieht in einem Internview mit dem Bayerischen Rundfunk auch, dass etwas passieren muss, um die Personalprobleme in den Griff zu kriegen. Geld allein reiche nicht aus, es brauche auch mehr Planbarkeit: "Deshalb ist es wichtig, dass wir umstellen auf die gesetzliche Wochenarbeitszeit – weg von der Tageshöchstarbeitszeit aus dem letzten Jahrhundert." So könne die Branche gerade auch für junge Menschen wieder attraktiver werden.

Das Gastgewerbe war schon immer eine Branche mit großem Niedriglohnbereich. Doch das Phänomen hat sich seit der Pandemie laut einer am Dienstag in Berlin vorgelegten Studie der NGG und der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung verschärft.

Etwa jeder fünfte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hat der Branche demnach während der Pandemie den Rücken gekehrt. Konkret fiel ihre Zahl zwischen 2019 und 2021 laut der Studie um 21,6 Prozent auf 1,78 Millionen. Aktuell seien rund 100 000 Menschen weniger im Gastgewerbe beschäftigt als vor der Pandemie. Doch die Lücke schließt sich allmählich. Die Untersuchung zitiert Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit, wonach schon im kommenden Jahr wieder in etwa so viele Menschen im Gastgewerbe arbeiten werden wie 2019.

Allerdings gelinge der Personalaufbau hauptsächlich über sogenannte Minijobs sowie einen hohen Anteil ungelernter Fachkräfte. Lediglich rund 36 Prozent der Neueinstellungen erfolgten sozialversicherungspflichtig, heißt es in der Studie. Bei den übrigen rund zwei Dritteln handele es sich laut der Statistik um geringfügig entlohnte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor allem in der Gastronomie - Restaurants, Bars, Kneipen - ist ihr Anteil mit 75 Prozent hoch. Das war er schon immer. Doch der Trend sei vor der Pandemie in eine andere Richtung gegangen, sagte Studien-Co-Autorin Katrin Schmid. «Nun hat er sich erneut umgekehrt.»

Insbesondere Minijobber hätten kaum Sicherheit. «Das waren die ersten, die in der Pandemie gehen mussten und damit die ersten, die von heute auf morgen kein Einkommen mehr hatten», sagte NGG-Chef Guido Zeitler. Anders als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben sie kein Anrecht auf Kurzarbeit.

Auch an den Arbeitsbedingungen habe sich wenig geändert, kritisierte Zeitler. Bei einer NGG-Umfrage unter 4000 Beschäftigten aus dem Jahr 2022 gab mehr als ein Drittel der Befragten an, sich nicht vorstellen zu können, noch länger im Gastgewerbe zu arbeiten. Davon wiederum nannten 80 Prozent die niedrige Bezahlung als wichtigsten Grund. Der durchschnittliche Bruttomonatslohn lag zum 1. Oktober dieses Jahres der NGG zufolge je nach Bundesland zwischen 2067 Euro (Mecklenburg-Vorpommern) und 2622 Euro (Bayern).

Dabei habe sich der Umsatz und auch die Zahl der im Gastgewerbe tätigen Unternehmen nach der Pandemie schnell wieder erholt. Das große Kneipen-, Restaurant- und Hotelsterben sei ausgeblieben. Bereits im Jahr 2022 habe es in Deutschland wieder mehr als 159 000 Branchenbetriebe gegeben und damit etwas mehr als vor der Pandemie. Auch die Umsätze seien wieder auf einem ordentlichen Weg.

Der NGG-Chef bekräftigte Forderungen nach einem «Neustart» in der Branche und kritisierte die niedrige Tarifbindung. «80 Prozent der Menschen arbeiten in Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das heißt, Mitbestimmung findet dort nicht statt und auch keine gewerkschaftliche Bindung der Mitarbeiter.» In mehr als der Hälfte der Dehoga-Landesverbände sei eine «Mitgliedschaft ohne Tarifbindung» möglich.

Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) verwies hingegen zuletzt immer wieder auf die weiter angespannte Lage der Unternehmen. Das Sommergeschäft sei schlechter als erhofft gelaufen, hieß es Anfang September. Dem Statistischen Bundesamt zufolge lagen die Umsätze der Branche im ersten Halbjahr 2023 inflationsbereinigt um mehr als zehn Prozent unter dem Halbjahresniveau aus dem Vorkrisenjahr 2019.

«Die Situation in den Betrieben ist sicherlich vor dem Hintergrund der Inflation inzwischen angespannt», erkannte auch NGG-Chef Zeitler an. Mit dem Rücken zur Wand stünden die Betriebe allerdings nicht. «Wir können diesen Neustart ja nicht einseitig machen», betonte er. «Wir können nur dazu einladen, unsere Rolle dabei zu spielen.» (Mit dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine aktuelle Erhebung zeigt einen deutlichen Anstieg von Betriebsaufgaben im deutschen Mittelstand. Hohe Kosten, bürokratische Hürden und fehlende Nachfolgelösungen führen dazu, dass immer mehr Unternehmer ihr Geschäft aufgeben.

Die wirtschaftliche Verunsicherung wird laut einer Umfrage auch 2026 das Kaufverhalten der Deutschen prägen. Besonders für Kosmetik, Mode, Reisen und Gastronomie wollen die Befragten weniger ausgeben.

Die Tariflöhne sind im laufenden Jahr in Deutschland kaum noch stärker gestiegen als die Verbraucherpreise. Im vergangenen Jahr hatten sich die Reallöhne und damit die Kaufkraft der Beschäftigten noch um 3,1 Prozent gesteigert. 

Neue BIBB-Zahlen zeigen: Das Gastgewerbe trotzt dem bundesweiten Rückgang bei Ausbildungsverträgen weitgehend. Während die Gesamtzahlen sinken, verzeichnen die zweijährigen Berufe im Gastgewerbe starke Zuwächse. Die Hotelberufe hingegen leiden weiterhin unter deutlichen Einbrüchen.

Der Begriff «Insolvenz» kann schon mal Panik auslösen. Insbesondere, wenn es den eigenen Arbeitgeber betrifft. Ruth Rigol, Fachanwältin für Arbeits- und Insolvenzrecht, und Guadalupe Florenin von der Bundesagentur für Arbeit, beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema Insolvenz des Arbeitgebers.

Das Leben ist zunehmend stressig - davon sind viele Menschen überzeugt. Und nicht nur der Stress wächst, sondern laut Daten einer Krankenkasse auch die Zahl der Fehltage wegen der Diagnose Burnout.

Die Österreichische Hotelvereinigung hat die größte Praktikums-Umfrage der Branche durchgeführt. Mehr als 1.200 Schüler nahmen an der Befragung teil, die bereits zum vierten Mal stattfand. Die Ergebnisse für das Jahr 2025 zeigen gute Bewertungen für die Praktikumsbetriebe. Optimierungspotenzial sehen die Schüler bei Kommunikation und Dienstzeiten.

Die Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in den Kategorien Hotellerie und Gastronomie zeigen, wie ökologische und soziale Verantwortung in der Praxis umgesetzt werden kann. Das Hotel Luise in Erlangen und die Obermühle Görlitz werden für ihren Einsatz für Kreislaufwirtschaft, faire Arbeitsbedingungen und regionale, umweltschonende Konzepte gewürdigt.

Die Krise in der Wirtschaft hinterlässt deutliche Spuren auf dem Ausbildungsmarkt. Die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge ist in diesem Jahr auf rund 476.000 zurückgegangen, ist war der zweite Rückgang in Folge.

Die Bereitschaft von Fachkräften in Deutschland, während der Weihnachtsfeiertage und des Jahreswechsels für dienstliche Anfragen erreichbar zu sein, hat einen neuen Tiefstand erreicht. Insgesamt haben 71 Prozent der Berufstätigen über die Feiertage Urlaub.