Expertentipp: Neu-Start wie eine Neu-Eröffnung planen

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„Es wird nicht leicht“, prognostiziert Jean-Georges Ploner von den F&B Heroes. Jedoch ist der Neu-Start in der Gastronomie zugleich eine nicht wiederkehrende Chance. Die Ungewissheit über die Zukunft bedeutet zugleich Spiel- und Gestaltungsräume für Visionäre und Macher. Deshalb empfiehlt er, den Neu-Start nicht als Wiedereröffnung, sondern wie die Neu-Eröffnung eines zweiten Betriebes zu planen.

Wer jetzt den Moment zur Umsetzung von Ideen nutzt, sowohl Bestandkunden wie neue Gäste ins Visier nimmt und über höherwertige Angebote höhere Preise erzielt, macht aus Sicht des Beraters vieles richtig, um den Neu-Start wirtschaftlich sinnvoll zu gestalten.  „Wer glaubt, alles geht weiter wie bisher, wird es unter den veränderten Voraussetzungen nicht leicht haben. Angesichts der vielen Unbekannten kann kein Gastronom kann derzeit zuverlässig vorhersagen, wann er den Break-Even-Punkt erreichen wird“.

Die nach schwierigen Wochen der Schließung wirtschaftlich stark angeschlagenen Betriebe brauchen eine klare Strategie, um von Anfang ausreichend Einnahmen zu erzielen. Verunsicherte Gäste, Mehrkosten zur Erfüllung der Auflagen, hohe Fixkosten und ein reduziertes operatives Geschäft erschweren den Start. Dennoch ist Ploner optimistisch: „Die Branche hat während Corona gezeigt was sie ausmacht: Kreativität, Leidenschaft für den Beruf und einen starken Überlebenswillen. Wenn die Betriebe die enorme Energie, die sie in der Krise freigesetzt haben, jetzt strategisch auf den Neu-Start fokussiert, sehe ich gute Chancen, dass es gelingt“.

Stammgäste ins Visier nehmen

Die Krise hat viele grundsätzliche strukturelle Probleme der Hospitality Industrie Branche mit aller Deutlichkeit aufgezeigt. Zugleich hat sie eine extreme Dynamik in die Weiterentwicklung der Branche gebracht. Gerade klein- und mittelständische Betriebe konnten ihre Vorteile wie Kundennähe, Flexibilität und Einfallsreichtum ausspielen. Ein paar Beispiele: Der Landgasthof Seemer in Eslohe in Nordrhein-Westfalen hat erfolgreich seine Gäste mit dem Angebot angeschrieben, ihnen einen lieben Gruß in Form eines handgepackten Paketes zu schicken. In Frankfurt stellte das pan-japanische Restaurant Moriki sofort nach Schließung auf Take Away und Delivery um. Das Carte Blanche in Frankfurt bot seinen Stammgästen jede Woche ein 4 Gang Menü zum Abholen mit Finishing zu Hause. Für solche Aktionen braucht es einerseits eine enge und vertrauensvolle Beziehung zwischen Gastronom und Gästen, andrerseits eine konsequente Digitalisierung in Form von Datenmanagement basierend auf Hotelsoftware bzw. Tischreservierungssystem sowie gutes Social Media-Marketing.

Vertrauen schaffen und Orientierung geben

Vieles ist neu und ungewohnt. Deshalb ist es wichtig, Vertrauern durch eindeutige Maßnahmen und eine klare Kommunikation zu schaffen und Orientierung zu geben. Stammgäste und potentielle Gäste wollen wissen, was wird es wann und wie geben. Eine persönliche Mail sowie Social Media sind die optimalen Instrumente, um das Hygienekonzept, Schutzvorkehrungen und das Angebot vorstellen.

Der geforderte Sicherheitsabstand und Auslastungsobergrenzen erfordern eine neue Planung der Belegung und Auslastung. Sinnvolle Maßnahmen sind getaktete Zeitfenster von z.B. 60 oder 90 Minuten mittags und abends mit verbindlichen Tischreservierung. Wem diese Zeitspanne für ein entspanntes Abendessen zu knapp ist, erhält die Möglichkeit zur Online Vorbestellung seines Menüs. Zugleich bietet sich die Ausweitung der Dinner-Zeiten an z.B. mit Start um 17 Uhr für das „Early Dinner“ oder die „Nachtschicht“ um 23 Uhr. Walk-Ins werden über eine Tafel oder Digital Signage am Eingang informiert,  wann ein Time Slot frei und um Reservierung über das Internet gebeten. Vertrauen in ein sicheres Gasterlebnis verschaffen sichtbare Hygienemaßnahmen.

Delivery als Business Model prüfen

Der Geschäftsbereich Take Away und Delivery bleibt und kann weiter ausgebaut werden. Statt Pizza, Salate & Co. kommt Feinschmeckergenuss in Form von Sushi oder Menüs ins Haus. Die Kunden haben eine neue Qualität von Delivery kennen- und schätzen gelernt und sind bereit, dafür Restaurantpreise zu bezahlen. Einige Beispiele: Der Anger in Neuwürschnitz hat sich auf Delivery für Spare Ribs spezialisiert und landete damit einen Volltreffer. Das To Go-Überraschungsmenü zu Muttertag von dem bereits erwähnte Frankfurter Restaurant Carte Blanche war in kürzester Zeit ausverkauft. Um die hohen Preise auch in Zukunft zu halten, muss das Gesamtpaket auf hohem Niveau stattfinden von den Speisen, Getränken, Verpackung, Abholung bis zur Table Ware (Porzellan statt Plastik). 

Vakuum nutzen und Marktlücken besetzen

Wann in den letzten Jahrzehnten war die Zukunft so wenig vorhersehbar wie jetzt? Diese Ungewissheit bietet Spiel- und Gestaltungsräume, allerdings nur für eine gewisse Zeit. Wer als erster Träume, Visionen und kühne Ideen umsetzt gewinnt. Selbst die Behörden erkennen, dass es bei den Gastronomen um die Substanz geht und die Gäste begegnen allem Neuen mit großer Aufgeschlossenheit.

Einige Beispiele: Der Besitzer eines Schlossrestaurants macht Delivery auf den Parkbänken der Fasanerie. Auf jeder Parkbank finden die Besucher die Telefonnummer des Restaurants und die Parkbanknummer für die Bestellung. Ein anderer organisiert eine Auto Disco. In Köln und anderen Städte werden Restaurantterrassen um Parkplätze erweitert. Alles in Einstimmung mit den örtlichen Ämtern und Autoritäten. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, mutig Neues zu wagen und Anträge für Vorhaben zu stellen, die bisher als unmöglich und aussichtslos eingeschätzt wurden. So gute Aussichten auf Genehmigung wird es wahrscheinlich so bald nicht mehr gehen.

Über Jean-Georges Ploner

Jean-Georges Ploner ist Gründer, Geschäftsführer und visionäre Leitfigur der F&B HEROES GmbH, dem führenden Beratungs- und Managementunternehmen für das Gastgewerbe, den Handel und die Immobilienwirtschaft.


 

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