Latina-Köchinnen triumphieren am Herd

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Die beste Köchin der Welt hat in Mexiko-Stadt ein Universum aus überraschenden Aromen geschaffen. In einem über hundert Jahre alten Patrizier-Haus mit abgenutztem Holzboden und von der Decke hängenden Pflanzen bastelt Elena Reygadas an Gerichten aus Chicatana-Ameisen und Butter, Austern und Wurzeln, Blattpfeffer und weißem Criollo-Kakao. Die Zyklen der Natur bestimmen das eklektische Menü ihres Restaurants «Rosetta» im Stadtteil Roma.

Auch wenn die 46-Jährige längst in der kulinarischen Oberklasse spielt, geht es in ihrem Restaurant für die Spitzengastronomie überraschend entspannt zu: Die Gäste speisen an einfachen Holztischen, die Gerichte werden auf bunten Tellern serviert, im Erdgeschoss wächst mitten im Gastraum ein Baum aus dem Boden.

Köchinnen aus Lateinamerika werden immer erfolgreicher. Reygadas ist bereits die vierte Latina in Folge, die von der Liste «50 Best» zur besten Köchin weltweit gekürt wurde. 2022 wurde die Kolumbianerin Leonor Espinosa ausgezeichnet (Tageskarte berichtete), 2021 Pía León aus Peru und 2019 die mexikanischstämmige US-Amerikanerin Daniela Soto-Innes (Tageskarte berichtete).

Frühmorgens läuft Reygadas in Kochschürze zwischen ihrem Restaurant und ihrer Bäckerei eine Straße weiter hin und her. Dort stehen die Kunden schon Schlange, um frisch gebackene Köstlichkeiten wie Guaverollen und Kaffee-Berliner mit Kardamom zu kaufen. In «Rosettas» Küche, die sich auf verschiedene Räume des Hauses - die Treppe hinauf, die Treppe hinunter - verteilt, werden derweil die Zutaten für das Mittags- und Abendessen gewaschen und geschnitten.

«Für mich stehen die Zutaten und der Geschmack im Mittelpunkt. Das bleibt im Gedächtnis und am Gaumen, im Geruchs- und im Sehsinn», sagt Reygadas der Deutschen Presse-Agentur. «Ich mische gerne verschiedene Aromen, um etwas weniger Vorhersehbares zu schaffen.»

Vier Jahre lang arbeitete Reygadas in London bei dem italienischen Sternekoch Giorgio Locatelli. Das Kneten von Teig liegt ihr noch immer am Herzen. Zuvor studierte sie englische Literatur in Mexiko und besuchte das French Culinary Institute in New York. Dann kehrte sie in ihre Heimat zurück und entdeckte die unendlichen Möglichkeiten des vielfältigen Mexikos neu. So entstanden etwa Mais-Tamales mit geräucherter Sahne, Kohl-Tacos mit Pistaziensoße und Avocadoeis mit Muskatellerpflaume.

Die erfolgreichen Köchinnen aus Lateinamerika verbindet, dass sie anspruchsvolles Kochen nicht nur als die technisch perfekte Zubereitung von exquisiten Speisen auf höchstem Niveau verstehen, sondern auch als Hommage an Kultur und Geschichte ihrer Heimatländer - und oft auch als politisches oder soziales Statement.

So will die Kolumbianerin Espinosa in ihrem Restaurant «Leo» in Bogotá und mit ihrer Stiftung Funleo die verschiedenen Kulturen und Traditionen ihres Landes fördern. «Diese kulturelle Vielfalt spiegelt sich in der enormen Anzahl von Zubereitungen, Techniken und Zutaten wider, die in jedem Winkel dieses «Landes der tausend Küchen» zu finden sind», sagt sie.

Reygadas hat in Mexiko ein Stipendium zur Förderung von Nachwuchsköchinnen ins Leben gerufen, in dessen Auswahlkomitee die ebenfalls ausgezeichnete Soto-Innes sitzt. Die Peruanerin León will in der oft harten Welt der Spitzengastronomie auch ein respektvolles Arbeitsumfeld schaffen und ihr Team stärker einbeziehen.

«Für mich ist es wichtig, dass die Menschen gerne zur Arbeit kommen, dass sie das Gefühl haben, an einem Ort zu arbeiten, an dem sie nicht nur lernen, sondern sich auch Gehör verschaffen können, wo sie respektiert werden», sagt die Köchin, die in Lima das Restaurant «Kjolle» betreibt.

Soto-Innes eröffnete 2019 als Küchenchefin der Restaurants «Cosme» und «Atla» in New York den Siegeszug der lateinamerikanischen Köchinnen. Sie war damals 28 Jahre alt und die jüngste Preisträgerin der «50 Best»-Liste. Für sie ist Kochen Heimat, Erinnerungen, Familie. «Ich bin mit einer Reihe wirklich starker Frauen aufgewachsen, die gerne kochen», sagt sie. «Alles drehte sich darum, wer den besten Kuchen, die beste Ceviche oder die beste Mole zubereitet. Ich wusste einfach, dass es das war, was mich am glücklichsten machte.»

Reygadas findet mit ihren Preis-Vorgängerinnen einen gemeinsamen Nenner in den alten Kulturen und der Vielfältigkeit ihrer Herkunftsländer. «In Mexiko waren schon immer Frauen in der Küche tätig, und sie sind es, die die Traditionen und Techniken bewahrt haben», sagt die Köchin. (dpa)


 

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