Einwegverpackungen sind im Alltag der Gastronomie fest verankert – vor allem im Bereich Take-away und Lieferservice. Doch angesichts wachsender Umweltprobleme und neuer gesetzlicher Vorgaben geraten klassische Verpackungslösungen zunehmend unter Druck. Nachhaltigkeit wird zum Muss. Für Gastronom:innen bedeutet das: Die Verpackungsauswahl muss nicht nur funktional, sondern auch ökologisch tragfähig sein. Dabei geht es längst nicht mehr nur um einzelne Materialien – sondern um ganzheitliche Konzepte.
Ein zentraler Aspekt dieses Wandels ist die bewusste Entscheidung fürumweltfreundliche Verpackungsoptionen. Wer verantwortungsvoll handeln möchte, sollte sich frühzeitig mit den eigenen Möglichkeiten, aber auch den Anforderungen und Hürden nachhaltiger Verpackungssysteme auseinandersetzen. Denn richtig eingesetzt, können umweltfreundliche Verpackungen nicht nur die Umwelt schonen, sondern auch ein starkes Zeichen an Gäste und Partner senden.
Neue gesetzliche Rahmenbedingungen
Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland die sogenannte Mehrwegangebotspflicht gemäß dem Verpackungsgesetz (§ 33 und § 34 VerpackG). Demnach müssen Gastronomiebetriebe, die Speisen oder Getränke zum Mitnehmen anbieten, eine Mehrwegvariante zur Einwegverpackung anbieten – gleichwertig in Funktion und Preis.
Die Pflicht betrifft Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten oder einer Ladenfläche über 80 Quadratmetern. Kleinere Betriebe sind ausgenommen, müssen aber erlauben, dass Gäste eigene Mehrwegbehälter mitbringen dürfen.
Diese Regelung ist Teil eines umfassenderen Maßnahmenpakets der Bundesregierung zur Reduzierung von Verpackungsmüll – insbesondere Kunststoffabfällen. Auch die EU-Richtlinie über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (SUP-Richtlinie) spielt hier eine wichtige Rolle.
Verstöße gegen die Mehrwegangebotspflicht können mit Bußgeldern bis zu 10.000 € geahndet werden. Doch es geht um mehr als nur Pflichterfüllung: Wer jetzt in nachhaltige Verpackungslösungen investiert, positioniert sich zukunftsorientiert und umweltbewusst – und vermeidet langfristig Imageverluste.
Materialkunde: Welche Verpackung ist wirklich nachhaltig?
Die Auswahl an Verpackungsmaterialien ist in den letzten Jahren stark gewachsen – doch nicht alles, was ökologisch aussieht, ist es auch. Nachhaltigkeit hängt von zahlreichen Faktoren ab: Rohstoffherkunft, Energieverbrauch bei Herstellung, Transportwege, Wiederverwertbarkeit und letztlich auch der Entsorgungsrealität vor Ort.
Papier und Karton gelten als Klassiker. Sie bestehen in der Regel aus nachwachsenden Rohstoffen und lassen sich gut recyceln – sofern sie nicht mit Kunststoff beschichtet sind. Gerade bei fettigen Speisen ist jedoch oft eine Barrierebeschichtung nötig. Hier lohnt sich ein Blick auf wasserbasierte oder kompostierbare Alternativen.
Biokunststoffe wie PLA oder CPLA basieren auf pflanzlichen Rohstoffen wie Maisstärke. Sie sind theoretisch industriell kompostierbar – praktisch jedoch problematisch, weil viele kommunale Entsorger diese nicht erkennen und daher wie Restmüll behandeln. Zudem steht ihr Anbau aufgrund von Flächenverbrauch und Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion in der Kritik.
Bagasse, also Fasern aus der Zuckerrohrverarbeitung, sowie Palmblatt oder Graspapier gelten als besonders nachhaltige Alternativen, da sie aus Reststoffen bestehen und keine zusätzlichen Anbauflächen benötigen. Sie sind biologisch abbaubar, hitzebeständig und optisch ansprechend – jedoch teurer als Standardlösungen.
Holz und Bambus werden ebenfalls gern eingesetzt, sollten aber aus zertifizierter Forstwirtschaft stammen (z. B. FSC-Siegel), um Raubbau zu vermeiden. Gerade bei Importen ist Transparenz über die Lieferkette wichtig.
Vorteile nachhaltiger Materialien im Überblick:
- Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks
- Positive Wahrnehmung bei Gästen
- Einhaltung gesetzlicher Vorgaben
- Differenzierung im Wettbewerb
- Förderung der Kreislaufwirtschaft
Praktische Herausforderungen im Betrieb
Die Umstellung auf nachhaltige Verpackungslösungen bringt organisatorische Fragen mit sich: Wie lassen sich neue Materialien in bestehende Abläufe integrieren? Wie hoch ist der Mehraufwand beim Einkauf? Und wie reagieren Kunden auf veränderte Verpackungen?
Insbesondere beim Thema Mehrweg besteht erheblicher Schulungs- und Kommunikationsbedarf. Mitarbeitende müssen in der Lage sein, Rückgabesysteme zu erklären, Pfandsysteme korrekt abzuwickeln und Reklamationen souverän zu handhaben. Zusätzlich sind hygienische Anforderungen zu beachten – gerade bei der Rücknahme gebrauchter Behältnisse.
Ein weiteres Kriterium ist die Lagerlogistik. Mehrwegverpackungen benötigen mehr Platz – sowohl in der Küche als auch im Servicebereich. Auch Transportprozesse, etwa bei Lieferdiensten, müssen angepasst werden. Insbesondere kleine Betriebe stoßen hier schnell an Kapazitätsgrenzen.
Kundenakzeptanz und Kommunikation
Viele Gäste stehen nachhaltigen Verpackungen grundsätzlich offen gegenüber – insbesondere jüngere Zielgruppen legen Wert auf Umweltbewusstsein. Laut einer Umfrage des Umweltbundesamts wünschen sich über 80 % der Verbraucher:innen mehr Nachhaltigkeit im Außer-Haus-Verzehr.
Entscheidend ist jedoch die Kommunikation. Gäste müssen verstehen, warum ein Produkt mehr kostet, warum sich das Handling geändert hat oder warum bestimmte Verpackungen nicht im Hausmüll landen sollen. Hilfreich sind hier:
- Symbole und Hinweise auf der Verpackung
- QR-Codes mit Infos zur Entsorgung
- Erklärende Hinweise in der Speisekarte oder auf der Website
- Sichtbare Mehrwegstationen oder Rückgabebehälter
Gastronomiebetriebe, die offen und transparent mit dem Thema umgehen, stärken das Vertrauen ihrer Gäste – und erhöhen gleichzeitig die Akzeptanz neuer Verpackungssysteme.
Strategien für eine nachhaltige Verpackungspraxis
Nachhaltigkeit ist keine Einzellösung, sondern ein Prozess. Es geht nicht darum, einfach von einem Material auf ein anderes zu wechseln, sondern eine ganzheitliche Strategie zu entwickeln. Dabei helfen folgende Schritte:
- Ist-Analyse: Welche Verpackungen werden aktuell genutzt? Welche Mengen fallen an? Was davon ist recycelbar?
- Bedarfsklärung: Welche Gerichte und Getränke benötigen welche Verpackungsform? Gibt es Alternativen?
- Lieferantenbewertung: Bieten aktuelle Anbieter umweltfreundliche Varianten? Sind sie zertifiziert?
- Kundenfeedback einholen: Was denken Gäste über neue Verpackungen? Gibt es Rückmeldungen?
- Pilotphasen einplanen: Neue Verpackungslösungen zunächst im Testlauf einführen, um Erfahrungen zu sammeln.
Viele Städte bieten mittlerweile auch Förderprogramme oder Beratungsangebote für eine nachhaltigere Gastronomie an. Ein Blick in kommunale Informationsportale oder Netzwerke lohnt sich.
Beispiele aus der Praxis
Einige Gastronomiebetriebe haben die Umstellung bereits erfolgreich vollzogen:
- Ein Burgerladen in Köln nutzt ausschließlich kompostierbare Schalen aus Bagasse und bewirbt dies aktiv auf seinen Social-Media-Kanälen.
- Ein Café in Leipzig hat ein eigenes Mehrwegpfandsystem für Kaffeebecher eingeführt und verzeichnet seitdem eine deutlich höhere Stammkundenzahl.
- Ein Lieferdienst in München arbeitet mit einem digitalen Mehrweg-Start-up zusammen, das per App Rückgaben trackt und den Kunden dafür Rabatte anbietet.
Diese Beispiele zeigen: Auch mit begrenztem Budget lassen sich nachhaltige Lösungen realisieren – vorausgesetzt, sie sind durchdacht und gut kommuniziert.
Chancen für die Markenbildung
Verpackungen sind mehr als nur Hülle – sie sind Teil der Markenbotschaft. Wer umweltbewusst verpackt, signalisiert Verantwortung, Qualitätsbewusstsein und Weitblick. Gerade in einem zunehmend bewussten Konsumumfeld kann dies ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.
Nachhaltige Verpackungen sind:
- Teil der Außendarstellung
- Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz
- Möglichkeit zur Kundenbindung
- Signal für zukunftsfähiges Wirtschaften
Verantwortung beginnt bei der Verpackung
Die Auswahl nachhaltiger Verpackungslösungen ist keine reine Formsache – sie erfordert Wissen, Strategie und Mut zur Veränderung. Doch der Aufwand lohnt sich: Wer heute umweltfreundlich denkt, sich mit umweltfreundlichen Verpackungsoptionen auseinandersetzt und Prozesse aktiv anpasst, investiert in die Zukunft seines Betriebs – ökologisch, rechtlich und wirtschaftlich. Die Gastronomie hat die Chance, Vorreiter zu sein – im Sinne der Umwelt, der Gäste und des eigenen unternehmerischen Erfolgs.