Wie der perfekte Teller zur Bühne für Gerichte wird

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Für Zwei-Sterne-Köchin Rosina Ostler ist ein perfekt inszenierter Teller die «Erweiterung der Stimme des Kochs». Der Küchenchefin vom «Alois» in München ist die Gestaltung genauso wichtig wie der Geschmack.

Der Teller als Spiegel der Persönlichkeit in der Spitzengastronomie

«Ich bin nicht laut – und meine Teller auch nicht», sagt die 33-Jährige und arbeitet gerne mit monochromen Farbwelten – also Farben, die aus einer Grundfarbe stammen. Dazu sollten die Gerichte, bei der das Produkt im Mittelpunkt steht, so strukturiert werden: aufgeräumt, aber elegant, detailverliebt, aber trotzdem übersichtlich und klar strukturiert. 

Was nach Widerspruch klingt, bezeichnet Ostler als «wilde Ordnung». «Ich mag das japanische Wabi-Sabi-Konzept für Ästhetik», sagt sie. Das beschreibe die Schönheit in der Unvollkommenheit, Vergänglichkeit und Einfachheit. Für sich hat sie es so übersetzt: «Ich lege Wert auf Natürlichkeit, Asymmetrie und reduziere mich auf das Wesentliche.»

Die Gestaltungsregeln, die Ostler und ihre Kollegen in der Küche anwenden, funktionieren auch zu Hause. Anke Noack hat sie in ihrem Buch «Der perfekte Teller», das im Christian Verlag erschienen ist, zusammengefasst. „Kulinarisches Vergnügen beginnt schon im Kopf, nicht erst im Mund“, sagt die Autorin.

Der perfekte Teller: die wichtigsten Regeln

  • Geometrische Figuren: Fast alle Teller bauen auf einfachen geometrischen Figuren auf: Linien, Bögen, Kreise oder einer Kombination daraus. Das ist das Grundgerüst, das durch die Zutaten entsteht. Und mindestens zwei unterschiedliche Farben sollten auf dem Teller zu sehen sein – oder wie bei Ostler: monochrome Farben.
  • Asymmetrie: Wie die Sterneköchin plädiert auch Noack dafür, die Teller asymmetrisch zu gestalten: «Große und mehrere kleine Elemente, nicht gleichmäßig, aber ausgewogen, eher eine ungerade Anzahl, das wirkt spannender.»
  • Hoch hinaus: Was immer wirkt, ist in die Höhe anrichten, Zutaten stapeln oder aneinander lehnen. Der Rand sollte frei bleiben und der Teller nur zu zwei Dritteln gefüllt. Im Zweifel lieber einen Nachschlag servieren. Das gilt auch für Salat: Den sollte man nicht vermengen, sondern türmchenförmig anrichten und das Dressing separat reichen. Auch ein Pastateller sieht schöner aus, wenn man Spaghetti mit einer Zange in einer Suppenkeller aufdreht und die Zutaten darauf anrichtet, statt sie zu vermengen.
  • Eis für die Farbe: Bei der Zubereitung sollte man Gemüse nicht zu weich kochen und in Eiswasser abschrecken, so behält es die Farbe.
  • Straße oder Spieße für One Pots: Unansehnliche Eintöpfe oder Suppen lassen sich aufpeppen, indem man Croûtons oder Fetawürfel als Straße in das Gericht legt oder auf einem Spieß über dem Tellerrand serviert. Kommt die Suppe mit einer Einlage, kann man diese in den Teller legen und die Suppe erst am Tisch aufgießen – so macht es auch Ostler.
  • Dekoration: Frische Kräuter, Zitronenzesten, gehackten Nüsse, gehobelter Parmesan, Kleckse von Soßen, grobes Meersalz und gemahlener Pfeffer sind toll, um den Teller zu dekorieren.
  • Geschirr: Bei der Frage nach dem perfekten Geschirr empfiehlt Noack weiß beziehungsweise einfarbig: «Das ist flexibel, macht den Zutaten keine Konkurrenz und lässt Farben gut zur Geltung kommen.»
  • Ungewöhnlichen Behältnisse: Eine Sardinendose oder ein Reagenzglas können für einen Überraschungseffekt sorgen.

Nützliche Küchenhelfer fürs schöne Anrichten

  • Eine Pinzette: «Das ist für mich ein Absolutes Muss. Damit gelingt das Anrichten von filigranen Dingen viel punktgenauer als mit der Hand», sagt Noack.
  • Servierringe: Einfach auf dem Teller platzieren, mit Beilagen wie zum Beispiel Risotto ausstreichen und das Hauptgericht daraufsetzen.
  • Spritzflaschen: «Damit kann man Saucen und Pürees punktgenau auf den Teller auftragen. Legt man die Flaschen in einen Topf mit warmem Wasser, bleibt der Inhalt bis zum Anrichten warm», rät die Autorin.
  • Pinsel: Der eignet sich, um Saucen und Pürees auf den Teller zu streichen.

Dann rät Noack noch: «Auf die Intuition verlassen, wie beim Einrichten einer Wohnung.» Man müsse ja nicht direkt mit einem ganzen Menü starten. «Einfach im Alltag mal ausprobieren, morgens das eigene Müsli netter anzurichten.»

Anrichten im Alltag ausprobieren: das Müsli in Szene setzen

Zum Beispiel wie es Kochbuchautorin und Foodstylistin Agnes Prus macht: Das Porridge versteckt sie unter einer Mischung aus Joghurt und Erdbeerpüree, die sie zu einem rot-weißen Swirl verrührt hat. Darauf kommen, entlang des Randes von der Müslischale, spiralförmig aufgereiht Bananenscheiben, Himbeeren, Blaubeeren und Johannisbeeren. Aufgebrochen wird das Bild durch gelbe Blütenpollen und hauchzarte grüne Kräuterblättchen.

Kocht man nicht für Gäste, möchte aber sein eigenes Gericht für Social Media in Szene setzen, hat Prus einen Tipp aus ihrem Alltag. Fotos von Rezepten für Kochbücher oder für das Internet sollen natürlich aussehen. «Die Leute sollen denken: "Das kann ich auch". Es soll nicht so perfekt wie in der Werbung aussehen, eher nachvollziehbar. Daher gucke ich manchmal, was ich kaputt machen kann, zum Beispiel ein Stück vom Fischstäbchen aufspießen, Dressing daneben tropfen oder eine Nudel auf die Gabel legen», so die Foodstylistin. Das sehe authentisch aus. 

Anders als in der Spitzengastronomie darf bei Prus auch mal etwas daneben gehen: Ein paar Krümel, etwas zerstoßener Pfeffer oder einige Kräuterblätter dürfen durchaus auf dem Tisch liegen. Diese gezielt eingesetzte Unaufgeräumtheit unterstützt den natürlichen Eindruck. 

Dennoch sei Klarheit absolut wichtig: «Ich zeige, welche Zutaten in dem Gericht sind. Bei einem Eintopf zum Beispiel setze ich die einzelnen Bestandteile wie Möhrenwürfel als "zufällige" Akzente auf die Oberfläche. Man soll sich so schnell wie möglich die Zutaten erschließen, gleichzeitig soll es gut aussehen.»

Sprühflaschen mit Wasser

Für Produkte wie Salat benutzt Prus Pinsel und Öl oder eine Sprühflasche mit Wasser. «Durch die Lichtreflexe, die dadurch entstehen, sehen die Zutaten frischer aus und es ermöglicht ein spannendes Spiel zwischen glänzend und matt.» Wie Ostler und Noack nutzt auch Prus eher asymmetrische Gestaltungsformen und verteilt Tomaten etwa ungleichmäßig auf einem Salat: mal eine einzelne, eine versteckt, zwei übereinander.

Noch ein letzter Tipp, wenn es um ein gelungenes Foto geht: Experimentieren mit Kamerawinkel und Licht. Ändert man die, ergibt sich oft ein ganz anderes Bild. «Zum Beispiel ein Swirl beim Kartoffelpüree, in dem ein wenig Soße sitzt. Der sieht, je nachdem, von wo das Licht kommt, anders aus.»


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