Ein Jahr Hoteleinsturz - «Dankbar, dass ich noch da bin!»

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Ein Jahr nach dem Hoteleinsturz ist an der Unglücksstelle das Ausmaß der Katastrophe noch sichtbar. Die eingestürzten Betondecken liegen schräg über Bergen von Steinen und Trümmern. «Wenn man das hier sieht: Es ist schon ein Wunder, dass hier jemand überlebt hat», sagt der damalige Einsatzleiter, Jörg Teusch, vor Ort.

In dem Hotel im Moselort Kröv war am 6. August 2024 spätabends ein komplettes Stockwerk in sich zusammengebrochen. Eine 64-jährige Frau und der 59 Jahre alte Hotelbetreiber starben. Sieben Menschen waren teils über Stunden in den Trümmern gefangen.

Wie Erika Sorm. Sie war zehn Stunden lang verschüttet, bevor sie gerettet wurde. Wie es ihr heute geht? «Danke, hervorragend», sagt die 72-Jährige. Sie ist vor dem Jahrestag von ihrem Wohnort im baden-württembergischen Rheinau wieder nach Kröv gekommen. «Mir geht es sehr gut. Ich bin nur dankbar, dass ich noch da bin!»

Sorm hatte an dem Unglückstag mit zwei Freundinnen für einen Kurzurlaub in dem Hotel in Kröv eingecheckt. Sie reist auch weiterhin gerne in den Moselort zum Urlaub machen. «Anfang Oktober sind wir wieder da. Wir kommen immer wieder gerne hierher. Das ist unsere zweite Heimat.» Es seien inzwischen richtige Freundschaften entstanden.

Niederländer körperlich noch beeinträchtigt

Auch eine niederländische Familie, die zu den Überlebenden des Unglücks zählt, ist wenige Tage vor dem Jahrestag erneut an den Ort gekommen. Während Mutter Edi Hoefnagel-Visser und ihr damals zweijähriger Sohn unverletzt gerettet wurden, erlitt Familienvater Mark schwere Verletzungen.

Der 27-Jährige kämpft noch mit seiner Genesung. «Ich kann nicht selbstständig laufen und habe Nervenschmerzen», sagt Mark Hoefnagel. Die ganze Woche sei er mit Rehabilitation beschäftigt. Psychisch habe er das Unglück aber gut verarbeitet. «Ich habe kein schlimmes Gefühl, wenn ich nach Kröv zurückkomme», sagt er vor Ort.

Er freue sich, dort andere Betroffene wiederzutreffen. Und auch, seine Retter zu sehen. «Das ist ganz emotional.» Er sei so dankbar, dass er noch lebe und mit seiner Familie das Leben genießen könne. Im April sei sein zweiter Sohn geboren worden. «Edi hatte mir 20, 30 Minuten vor dem Einsturz gesagt, dass sie schwanger ist.»

Dankbarkeit auch bei den Rettern

«Da, wo die Träger liegen, war ein Keil», erzählt Teusch und zeigt auf die Trümmer. «Und das war der Flur, wo sie gelegen haben.» Die Retter hätten sich vorsichtig durch die Decke Löcher hineingearbeitet und die Menschen dann nach oben hinausgezogen.

Bei der 24-stündigen Rettungsaktion waren rund 250 Einsatzkräfte dabei. «Es war ein schlimmes Ereignis», sagt Teusch. Dennoch würden heute die guten und positiven Gedanken überwiegen. «Ich bin sehr dankbar, dass man mit einem tollen Team Menschenleben retten konnte.» Schön sei, dass man mit vielen Betroffenen heute noch in Kontakt sei.

Der Einsatz in Kröv sei für ihn ein besonderer gewesen, sagt er. Er habe noch nie einen Gebäudeeinsturz mit Verschütteten gehabt. «Der Einsatz ist auch so in den Fokus gerückt hat, weil das in Deutschland keine alltägliche oder schon oft dagewesene Lage war», sagt Teusch. 

Retter Christoph Reuter meint an der Unglücksstelle: «Das Schöne war, dass das das Ehrenamt zusammen hier Großes geleistet hat.» Man habe an dem Tag einen Unterschied machen können und Leben gerettet. Die meisten Einsatzkräfte seien Ehrenamtliche gewesen.

Ermittlungsverfahren gegen Statiker läuft noch 

Nach einem Gutachten war das Gebäude wegen Materialversagens eingestürzt. Durch die in den 1980er Jahren erfolgte Aufstockung des Hotelgebäudes sei es zu einer Überlastung der Altbausubstanz gekommen.

Zuvor hatten sich erkennbare Risse gebildet, der Hotelbetreiber beauftragte einen Statiker mit der Prüfung der Rissbildung. «Durch die unter Leitung des Statikers veranlassten Bauarbeiten sei das Gebäude in einen labilen Zustand geraten, der letztlich zum Einsturz geführt habe», hatte die Staatsanwaltschaft Trier Ende Juni mitgeteilt.

Gegen den Statiker ermittelt die Staatsanwaltschaft unter anderem wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Der Beschuldigte habe sich noch nicht eingelassen, teilte Oberstaatsanwalt Peter Fritzen der Deutschen Presse-Agentur mit.

Er habe einen Verteidiger beauftragt, dem Akteneinsicht gewährt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Eine Stellungnahme liege noch nicht vor, sagte Fritzen. Wann das Ermittlungsverfahren abgeschlossen werden könne, hänge davon ab, ob und wie sich der Beschuldigte einlasse.

Keine Gedenkfeier in Kröv

Am Jahrestag am nächsten Mittwoch (6. August) sei keine Gedenkveranstaltung geplant, teilt die Gemeinde mit rund 2.300 Einwohnern mit. Menschen könnten aber vor Ort Blumen niederlegen. «Und innehalten», sagt Teusch. (dpa)


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