Europas Hotellerie erhebt sich in Sammelklage gegen Booking.com

| Hotellerie Hotellerie

Nationale Hotelverbände aus über 25 europäischen Ländern schließen sich in einer gesamteuropäischen Sammelklage gegen Booking.com zusammen. Diese gemeinsame Initiative wird von HOTREC, dem Dachverband der Hotels, Restaurants, Bars und Cafés in Europa, unterstützt. Alle europäischen Hotels sind eingeladen und aufgerufen, sich unter www.mybookingclaim.com an der gemeinsamen Klage zu beteiligen und sich online zu registrieren. Anmeldeschluss ist der 31. Juli 2025.

Bereits im Jahr 2015 hatte das Bundeskartellamt festgestellt, dass Booking.com mit der Verwendung von so genannten Paritätsklauseln gegen Kartellrecht verstoßen hatte. Durch diese Klauseln wurde der Wettbewerb zum Nachteil der Hotellerie massiv beschränkt. Es schlossen sich zunächst Vergleichsgespräche zwischen dem Hotelverband Deutschland (IHA) und Booking.com über eine angemessene Entschädigung deutscher Hoteliers an, die Booking.com jedoch überraschend und einseitig beendete.

Offenbar wurde Booking.com seinerzeit dahingehend beraten, im Rahmen eines so genannten negativen Feststellungsklageverfahrens von den Gerichten in den Niederlanden feststellen zu lassen, dass deutschen Hoteliers keine Schadensersatzansprüche gegen Booking.com zustehen. In der Folge erhob Booking.com Klage gegen mehrere hundert deutsche Hotels vor dem Bezirksgericht Amsterdam.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs

Ein Zwischenergebnis dieses (noch laufenden) Verfahrens ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. September 2024, das die Feststellungen des Bundeskartellamts aus dem Jahr 2015 bestätigte, wonach die Paritätsklauseln von Booking.com gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen. Aus diesem Urteil des höchsten europäischen Gerichts lässt sich ungezwungen ableiten, dass sämtlichen europäischen Hotels Schadensersatzansprüche gegen Booking.com zustehen, die nun im Rahmen der von HOTREC unterstützten Sammelklage geltend gemacht werden sollen.

Das sieht Booking.com allerdings anders: "Das Urteil des Europäischen Gerichtshof bezieht sich spezifisch auf Fragen, die vom Amsterdamer Gericht im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit zwischen Booking.com und einigen deutschen Hotels gestellt wurden, bei dem es um die Rechtmäßigkeit von Preisparitätsklauseln in Deutschland zwischen 2006 und 2016 ging - das Gericht kam nicht zu dem Schluss, dass die deutschen Preisparitätsklauseln von Booking.com wettbewerbswidrig waren oder Auswirkungen auf den Wettbewerb hatten. Das Amsterdamer Gericht wird nun eine Entscheidung speziell zu den deutschen Paritätsklauseln treffen müssen", so das Unternehmen.

Preiswettbewerb eliminiert?

HOTREC ist sich hingegen sicher, dass die Paritätsklauseln europäische Hotels fast zwei Jahrzehnte lang erheblich im Wettbewerb benachteiligt hääten: Sie eliminierten den Preiswettbewerb zwischen Booking.com und anderen Online-Plattformen und führten hierdurch zu überhöhten Provisionen, die von den Hotels gezahlt werden mussten. Zudem hinderten die Klauseln Hotels daran, auf ihren eigenen Websites bessere Preise oder Verfügbarkeiten anzubieten – was die direkten Buchungen und die unternehmerische Freiheit der Hotels massiv einschränkte.

Kurz gesagt: Die wettbewerbswidrige Praxis der Paritätsklauseln von Booking.com hat Hotelbetrieben in ganz Europa erheblichen finanziellen Schaden zugefügt.

Nach den allgemeinen Grundsätzen des europäischen Wettbewerbsrechts haben betroffene Hotels Anspruch auf Schadenersatz von Booking.com für die erlittenen finanziellen Verluste.

Alexandros Vassilikos, Präsident von HOTREC, erklärte: „Europäische Hoteliers haben lange unter unfairen Bedingungen und überhöhten Kosten gelitten. Jetzt ist es an der Zeit, gemeinsam aufzutreten und Wiedergutmachung zu fordern. Diese gemeinsame Initiative sendet eine klare Botschaft: Missbräuchliche Praktiken im digitalen Markt bleiben nicht unbeantwortet.“

Die Klage wird von einem Team aus erfahrenen und anerkannten Wettbewerbsrechtlern, Prozessanwälten und Ökonomen geführt, die bereits das erfolgreiche EuGH-Urteil vom 19. September 2024 erreicht haben.

„In Deutschland hatten sich bereits im Jahr 2020 über 2.000 Hotels der „daBeisein“-Initiative des Hotelverband Deutschland (IHA) angeschlossen, um ihren Anspruch auf Schadensersatz gerichtlich durchzusetzen. Für diese deutschen Pionier-Hotels sind bereits Gerichtsverfahren vor dem Bezirksgericht Amsterdam oder dem Landgericht Berlin anhängig. Für sie ist eine erneute Registrierung unter www.mybookingclaim.com nicht mehr notwendig“, erläutert Markus Luthe, IHA-Hauptgeschäftsführer und Vorsitzender der HOTREC-Arbeitsgruppe Distribution.

Hintergrund

Das EuGH-Urteil von 2024 (Rechtssache C-264/23) bestätigte, dass die Paritätsklauseln von Booking.com – vertragliche Bestimmungen, die Hotels daran hinderten, über andere Kanäle niedrigere Preise oder bessere Verfügbarkeiten anzubieten – gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen. Diese Klauseln führten zu überhöhten Provisionssätzen, unterdrückten Direktbuchungen und verzerrten den Wettbewerb auf dem Online-Markt.

Die Klage wird von der Stiftung Hotel Claims Alliance koordiniert und vor Gerichten in den Niederlanden eingebracht, um eine einheitliche und effiziente Durchsetzung in ganz Europa zu ermöglichen.

Die Initiative wird von den nationalen Hotelverbänden der folgenden Länder unterstützt: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Griechenland, Island, Italien, Irland, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern. 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

DEHOGA Hessen nimmt Abschied von Reinhard Schreek. Der ehemalige Präsident des Verbands und spätere Ehrenpräsident ist kürzlich verstorben. Schreek prägte den Hotel- und Gaststättenverband in Hessen über Jahrzehnte.

Der Fürstenhof in Bad Kissingen steht zum Verkauf. Die Historie des Fürstenhofs reicht über 160 Jahre zurück. Das ursprüngliche Gebäude wurde bereits 1856 als Kurhotel errichtet und beherbergte Gäste des europäischen Hochadels.

Die Liquidation von Sonder Holdings hat Marriott in die Schlagzeilen gebracht . Seit dem abrupten Zusammenbruch der Lizenzvereinbarung sieht sich das Unternehmen nun mit erheblichem Gegenwind seitens der Gäste konfrontiert. 

In Leipzig wurden die SO!APART Awards 2025 verliehen. Die ausgezeichneten Häuser präsentieren Konzepte, die laut Jury-Einschätzung trotz des aktuell schwierigen Marktumfelds und der Zurückhaltung bei Neueröffnungen „extrem stark und zukunftsgewandt“ sind.

Der aktuelle „Changing Traveller Report 2026“von SiteMinder zeigt eine deutliche Verschiebung im Suchverhalten von Reisenden bei der Hotelsuche. Demnach haben Online-Reisebüros die Suchmaschinen als primären Startpunkt für die Hotelrecherche abgelöst.

Die britische Aufsichtsbehörde Advertising Standards Authority (ASA) hat Beschwerden gegen große Akteure der Reisebranche, darunter die Hotelgruppen Hilton, Travelodge und Accor sowie das Buchungsportal Booking.com, stattgegeben. Der Vorwurf: Irreführende Werbung mit sogenannten „Ab-Preisen“ für Hotelzimmer.

Der auf Hotelimmobilien spezialisierte Berater Christie & Co ist mit der Vermarktung des etablierten Romantik Hotel Bösehof in Bad Bederkesa beauftragt worden. Das Midscale-Hotel, gelegen im Elbe-Weser-Dreieck zwischen den Städten Bremen, Hamburg und Cuxhaven, wird zum Verkauf angeboten.

Das Hochhaus Main Plaza am Sachsenhäuser Mainufer in Frankfurt startet in eine neue Ära. Unternehmer Michael Schramm, Inhaber der Apartmentresidenz-Gruppe, hat das Gebäude von der Lindner Hotel Gruppe übernommen. Das als Frankfurter Wahrzeichen geltende Hochhaus soll mit einem zukunftsweisenden Hybridmodell neu ausgerichtet werden.

Tin Inn, das auf ein nachhaltiges Übernachtungskonzept auf Basis seriell gefertigter Container setzt, hat einen neuen Standort in Nettetal-Kaldenkirchen eröffnet. Die Eröffnung folgt kurz nach der Inbetriebnahme des Standorts in Meckenheim.

Am 1. Dezember 2025 eröffnet in Frankfurt-Sachsenhausen das The Florentin. Das Haus, das aus der ehemaligen Villa Kennedy und erweiterten Gebäudeflügeln besteht, ist Teil der Althoff Collection.