Gastgeber mit Haltung: Wie Matthias Ganter die Mosel neu erfindet

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Zwischen Jugendstil, Moselromantik und Weinbautradition entsteht in Traben-Trarbach ein neues Kapitel der Gastlichkeit. Hotelier Matthias Ganter, zuletzt mit Investitionen ins Moselschlösschen Spa & Resort, widmet sich nun dem benachbarten Romantik Jugendstilhotel Bellevue. Geplant ist eine behutsame Revitalisierung, die den Charakter des Hauses bewahrt.

Das Gebäude wurde 1903 von Bruno Möhring entworfen und gilt als einziges original erhaltenes Jugendstilhotel Deutschlands. Ganter betont, dass die geplanten Maßnahmen den Charakter des Hauses bewahren sollen: „Wir wollen das Bellevue sanft revitalisieren, ihm ein modernes Facelift geben, ohne seinen Charakter zu zerstören.“

Historische Substanz als Verpflichtung

Die Erhaltung und Weiterentwicklung historischer Bausubstanz ist für Ganter ein zentrales Anliegen. „Der Erhalt historischer Bausubstanz ist für mich ein echter Wert“, erklärt er. In den vergangenen Jahren habe er gemeinsam mit seinem Team mehr als 20 Gebäude in Traben-Trarbach saniert. Dafür wurde eigens die Firma Historical Buildings gegründet, die sich auf die Revitalisierung und Restaurierung spezialisiert hat. Auch traditionelle Handwerkstechniken werden dabei genutzt, um Möbel und Interieurs zu erhalten.

Unternehmerische Haltung und regionale Verbundenheit

Seit 1992 prägt Matthias Ganter die Hotellandschaft an der Mosel. Mit der Übernahme des Bellevue begann er, ein eigenständiges Profil für die Region aufzubauen. „Ich habe immer daran geglaubt, dass man auch in kleinen Orten große Geschichten schreiben kann – wenn man es richtig macht“, so der Hotelier. Sein Ziel sei es gewesen, eine Alternative zu den preisgetriebenen Pauschalangeboten früherer Jahrzehnte zu schaffen.

Besonders wichtig ist ihm der Faktor Mensch. „Als Hotelier ist es wichtig, herzliche und zufriedene Mitarbeiter zu haben. Denn sie sorgen dafür, dass die Gäste im Hotel glücklich sind“, betont Ganter.

Moderne Gastlichkeit

Für Ganter bedeutet Gastfreundschaft eine Kombination aus Authentizität, Respekt und Qualität. „Herzlich, aber nicht anbiedernd. Authentisch, aber nicht provinziell“, beschreibt er sein Konzept für das Bellevue. Im Mittelpunkt stünden hochwertige Produkte, guter Service und eine Atmosphäre, die Gästen das Gefühl geben solle, aufgehoben zu sein.

Auch seine persönliche Präsenz versteht Ganter als Teil des Erlebnisses. Manche Gäste begleite er im Amphicar auf Fahrten über die Mosel oder in Gesprächen bei einer Flasche Wein.

Kritik an Tourismusstrukturen

Im Gespräch äußerte Ganter auch Kritik an der regionalen Tourismuspolitik. Er sieht Defizite bei Konzepten für hochwertigen Oenotourismus: „Grundsätzlich fehlen uns an der Mosel aus meiner Sicht schlüssige Konzepte für hochwertigen Oenotourismus. Ein durchdachtes und kuratiertes Reiseprogramm: Drei Top-Weingüter pro Tag, eine Wanderung durch die Weinberge, ein gutes Restaurant. Das gibt es so noch nicht.“

Unterstützung für die nächste Generation

Ganter unterstützt junge Gastronomen und Hoteliers beim Schritt in die Selbstständigkeit. Zwei seiner Immobilien werden inzwischen von ehemaligen Mitarbeitern selbstständig betrieben. Sein Rat an die nächste Generation: früh anfangen, diszipliniert arbeiten, Mut beweisen und Durchhaltevermögen entwickeln. „Wer jeden Tag an sich arbeitet, bodenständig bleibt und seine Gäste liebt, der hat hier jede Chance.“

Zum Einfluss auf die Entwicklung der Region äußerte sich Ganter abschließend zurückhaltend: „Ich sehe mich als Verwalter auf Zeit. Wir sind alle nur auf der Durchreise. Aber wenn ich etwas hinterlassen kann, das bleibt – ein Haus, eine Atmosphäre, eine Erinnerung – dann war es die Reise wert.“

Ausführliches Interview mit Matthias Ganter

Herr Ganter, Sie sind einer der prägenden Köpfe an der Mosel – und investieren seit Jahren konsequent in Ihre Häuser. Was treibt Sie an?

Matthias Ganter: Ich bin nicht mit dem goldenen Löffel aufgewachsen und war daher auch nie jemand, der mit der Gießkanne investiert hat. Aber ich habe immer daran geglaubt, dass man auch in kleinen Orten große Geschichten schreiben kann – wenn man es richtig macht. Ich bin überzeugt: Preiskampf findet nur dort statt, wo nichts Besonderes ist. Ich wollte etwas Besonderes schaffen – und das ist mir, glaube ich, gelungen.

Ich habe Traben-Trarbach vor über 30 Jahren zu meiner Lebensaufgabe gemacht. 1992 habe ich das Bellevue gepachtet – und bin seither Schritt für Schritt gegangen. In erster Linie sehe ich mich als Hotelier und Gastgeber, schließlich bin ich in einem Landgasthof aufgewachsen. Mein Treiber war nie das Geld, sondern immer der Kreis an Menschen, der mich umgibt. Als Hotelier ist es wichtig, herzliche und zufriedene Mitarbeiter zu haben. Denn sie sorgen dafür, dass die Gäste im Hotel glücklich sind.

Traben-Trarbach – das klingt für manche nach Kurstadt-Charme vergangener Tage. Für Sie nicht?

Matthias Ganter: Ganz im Gegenteil! Ich habe früh erkannt, dass Traben-Trarbach eine echte Perle ist. Die Stadt hat Substanz, Geschichte und Potenzial. Mein Ziel war es nie, gleich mehrere Hotels zu besitzen. Ich wollte von Beginn an ein Gegengewicht zu den günstigen, beliebigen Angeboten an der Mosel schaffen. Ein eigenes Profil. Der Tourismus der 1980er und 90er Jahre war hier ähnlich wie in Rüdesheim von günstigen Busreisen geprägt. Zu viel Wein, zu wenig Klasse. Heute gibt es hier großartige Restaurants, zeitgemäße Weinbars, lebendige Strukturen – und ich freue mich, dass ich mit meiner Arbeit auch einen Anstoß dafür geben konnte. Als ich anfing, war ich der erste Hotelier an der Mosel, der das ganze Jahr geöffnet hatte. Damals haben viele gelacht. Aber ich wusste: Wer auch im Winter Gäste empfängt, bekommt besseres Personal, loyalere Gäste  und bleibt am Markt. Diese Entscheidung war sicherlich mutig, aber genau richtig, wie es sich im Nachhinein herausgestellt hat.

Was macht das Romantik Jugendstilhotel Bellevue für sie so besonders?

Matthias Ganter: Es ist ein einzigartiges Haus. Direkt am Wasser, mit dem fantastischen Charme der Belle Époque. Es wurde 1903 von Bruno Möhring entworfen – und ist das einzige Jugendstilhotel in Deutschland, das wirklich im Originalzustand erhalten geblieben ist. Genau deshalb investieren wir jetzt noch einmal gezielt – aber mit Gefühl. Wir wollen das Bellevue sanft revitalisieren, ihm ein modernes Facelift geben, ohne seinen Charakter zu zerstören.

Was bedeutet Ihnen das Thema „Werterhaltung“ generell?

Matthias Ganter: Der Erhalt historischer Bausubstanz ist für mich ein echter Wert. Wir haben in den letzten Jahren über 20 Häuser in Traben-Trarbach saniert. Ich sehe es als meine Verantwortung, historische Substanz zu bewahren – nicht aus Nostalgie, sondern weil sie die DNA unserer Region ist. Dafür haben wir sogar eine eigene Baufirma gegründet: Historical Buildings. Dort arbeiten Menschen, die sich auf die Revitalisierung alter Gebäude spezialisiert haben. Eine unserer Malerinnen beherrscht noch traditionelle Techniken und restauriert Möbel. Ich kann es nicht ertragen, Dinge wegzuwerfen, die noch funktionieren – wir haben zwei riesige Lager voll mit Kunst, Artefakten und Möbeln. Ein Fundus voller Zeitzeugen, die alle ihre eigenen Geschichten erzählen.

Wie definieren Sie moderne Gastlichkeit im Bellevue?

Matthias Ganter: Herzlich, aber nicht anbiedernd. Authentisch, aber nicht provinziell. Wir pflegen einen respektvollen Umgang mit unseren Gästen – auf Augenhöhe. Unsere Mitarbeiter sind echt. Das ist mir wichtig. Keine Show, kein Getue. Wir setzen auf Qualität – bei den Produkten, in der Küche, beim Service. Frisch, hochwertig, aber nicht trendy um jeden Preis. Das würde nicht zu uns passen. Wer zu uns kommt, soll sich aufgehoben fühlen. Und nach der Reise idealerweise sogar inspiriert in den Alltag zurückkehren.

Und dabei helfen Sie selbst mit – auch mal ganz unkonventionell...

Matthias Ganter: Ja, ich glaube, ich bin in gewisser Weise Teil des Erlebnisses. Viele unserer Stammgäste kenne ich seit Jahren. Ich fahre mit Gästen gerne im Amphicar über die Mosel oder erzähle bei einer Flasche Wein, was es an der Mosel zu entdecken gibt. Das ist für mich moderne Gastlichkeit: eine Verbindung von Tradition, Erleben und echter Präsenz.

Was wünschen Sie sich von Politik und Tourismusverantwortlichen?

Matthias Ganter: Mehr Mut. Mehr Verständnis für Qualität. Viele Tourismusstrukturen sind zu schwerfällig, zu bürokratisch und einfach zu wenig im Thema. Häufig sitzen in den Tourismusbüros Geologen anstelle von Reise-Experten. In Traben-Trarbach haben wir zum Glück eine sehr kompetente Hotelexpertin als Ansprechpartnerin.

Grundsätzlich fehlen uns an der Mosel aus meiner Sicht schlüssige Konzepte für hochwertigen Oenotourismus. Ein durchdachtes und kuratiertes Reiseprogramm: Drei Top-Weingüter pro Tag, eine Wanderung durch die Weinberge, ein gutes Restaurant. Das gibt es so noch nicht. Eine Marktlücke für junge Reiseunternehmer! 

Sie sind kein Investor im klassischen Sinn – sondern ein Unternehmer mit Herz. Wie begegnen Sie heute jungen Unternehmern?

Matthias Ganter: Ich habe schon viele junge Menschen dazu ermutigt, sich selbstständig zu machen. Mir ist es wichtig, dass es bei uns eine vielfältige Gastronomie gibt. Jede neue Gastronomie ist für mich und für die Region ein Geschenk. Als alter Hase im Geschäft ist es doch selbstverständlich, dass ich junge Unternehmer, die mutig und beherzt zu Werke gehen, unterstütze. Sei es finanziell, beratend oder mit meinen Immobilien. Zwei meiner Hotelimmobilien betreiben mittlerweile ehemalige Mitarbeiter auf selbstständiger Basis – das ist doch großartig!

Was würden Sie jungen Menschen raten, die heute an der Mosel durchstarten wollen?

Matthias Ganter: Früh anfangen. Diszipliniert bleiben. Fleißig sein. Und Schulden nicht fürchten. Wer an der Mosel investieren will, muss mutig sein. Es gibt aktuell einige Betriebe, die man günstig übernehmen könnte. Aber man braucht Durchhaltevermögen. Wer jeden Tag an sich arbeitet, bodenständig bleibt und seine Gäste liebt, der hat hier jede Chance.

Herr Ganter, eine letzte Frage: Wie fühlt es sich an, mit Ihren Häusern das Bild einer ganzen Region mitzuprägen?

Matthias Ganter: Demütig. Ich sehe mich als Verwalter auf Zeit. Wir sind alle nur auf der Durchreise. Aber wenn ich etwas hinterlassen kann, das bleibt – ein Haus, eine Atmosphäre, eine Erinnerung – dann war es die Reise wert.


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