Die Lage im Schweizer Lötschental bleibt angespannt: Ein drohender Felssturz am Birchgletscher hält das Dorf Blatten weiterhin in Atem – und schneidet das traditionsreiche Hotel Fafleralp komplett von der Außenwelt ab. Während die rund 300 Einwohner von Blatten bereits vor über einer Woche evakuiert wurden, sitzen zehn Hotelmitarbeiter weiterhin auf 1.789 Metern Höhe im Hotel fest – isoliert, aber in Sicherheit.
Die Ursache für die prekäre Lage: Massive Kippbewegungen und Risse im Gletscher, die sich in den vergangenen Tagen dramatisch verstärkt haben. Laut dem „Regionalen Führungsstab Lötschental“ bewegt sich der Gletscher derzeit mit etwa vier Metern pro Tag talwärts – zuvor waren es nur 50 Zentimeter. Teile des Gipfels des Kleinen Nesthorns sind bereits abgestürzt. Im schlimmsten Fall könnten fünf Millionen Kubikmeter Gestein ins Tal stürzen und das bereits geräumte Dorf Blatten verschütten.
Das Hotel Fafleralp, in dem einst Charlie Chaplin urlaubte und Altkanzler Gerhard Schröder bei einem Besuch einen Schnaps trank, befindet sich außerhalb der unmittelbaren Gefahrenzone – die Straßen dorthin sind jedoch unpassierbar. „Uns geht es gut, es fehlt uns an nichts – aber emotional ist es eine Herausforderung“, sagt Hotelchefin Barbara Achrainer in mehreren Interviews. Die Stimmung sei durch die Isolation stark belastet, obwohl alle Mitarbeiter in Sicherheit seien.
Bereits zwei Mitarbeitergruppen konnten über Höhenwanderwege in sichere Nachbardörfer gebracht werden. Doch für den Rest des Teams gilt: Ausharren im Ausnahmezustand. Der ursprünglich für vergangenes Wochenende geplante Saisonstart wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Achrainer erklärt: „Je länger es dauert, desto mühsamer wird es. Die Gefahr bleibt bestehen, doch es passiert nichts – man fühlt sich langsam eingesperrt.“
Ein weiteres Problem: Die Lieferketten sind unterbrochen. Zwar wurden am Freitag Grundnahrungsmittel per Helikopter zur Alp geflogen, doch für die gewohnte Gastlichkeit fehlt es an vielem. „Wir würden zum Beispiel gerne unsere hausgemachten Spezialitäten vorbereiten. Zeit hätten wir genug, aber uns fehlen die Zutaten“, so Achrainer.
Ihre Hoffnung: „Dass jetzt endlich herunterkommt, was naturgemäß herunter muss.“ Gleichzeitig zeigt sie Mitgefühl für die Menschen aus Blatten: „Ich habe großes Mitgefühl mit denen, die ein Haus in Blatten besitzen, denn so bleibt das Leben in ständiger Ungewissheit.“
Selbst wenn sich die Lage entspannen sollte, bleiben die Aussichten für das Hotel ungewiss. Achrainer befürchtet, dass viele Gäste angesichts der anhaltenden Unsicherheit ihren Urlaub absagen könnten: „Unsere Gäste möchten sich im wohlverdienten Urlaub keiner Gefahr aussetzen.“
Bis sich die Lage am Birchgletscher beruhigt, bleibt das Team der Fafleralp weiterhin im Ausnahmezustand – mit viel Geduld, einem Hauch Galgenhumor und dem Wunsch, dass die Natur bald zur Ruhe kommt.