Die Berliner MCH Management & Consulting for the Hospitality Industry GmbH (MCH), zu der die Hotelmarke mein.lieblingsort gehört, hat beim Amtsgericht Charlottenburg einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. (Tageskarte berichtete) Unternehmensgründer Friedrich W. Niemann äußerte sich in zwei offenen LinkedIn-Beiträgen zur persönlichen und branchenweiten Situation. Er reflektiert die Gründe für die wirtschaftliche Schieflage und thematisiert tiefgreifende Herausforderungen in der Arbeitswelt.
Vom Wachstum zur Krise: Der Weg in die Eigenverwaltung
Friedrich W. Niemann beschreibt seine Selbstständigkeit, die er vor rund zehn Jahren begann, als einen Schritt in die eigene Verantwortung, Gestaltungskraft und das eigene Risiko. Im Jahr 2016 eröffnete er das Landhaus mein.lychen mit der Vision, daraus eine Marke besonderer Hotels zu entwickeln. Diese Strategie führte zu einem Portfolio von anfänglich einem bis später neun Betrieben in verschiedenen Konstellationen (managed, leased und owned) und zu einem Team von rund 100 Mitarbeitern. Niemann spricht von einer "kleinen Erfolgsgeschichte", die auf Kreativität und dem Glauben an die Kraft der Gastfreundschaft basierte.
Die wirtschaftliche Wende führt er auf eine Anhäufung externer Belastungen zurück. Die Pandemie, Inflation, Energiekrise und die Geopolitik hätten sich, so Niemann, "wie Sedimente übereinander geschoben, bis am Ende die Luft zum Atmen fehlte." Die MCH-Hotelgesellschaft, deren Geschäftsbetrieb laut dem Bericht von Tageskarte.io trotz des Insolvenzantrags uneingeschränkt weiterlaufen soll, strebt nun eine Sanierung an, um eine Zerschlagung zu verhindern. Besonders der Standort Wolfsburg gilt laut Medienberichten als betroffen, da branchenweite Herausforderungen wie steigende Personalkosten und der Fachkräftemangel die Betriebe belasten. Ungeachtet der aktuellen Situation beendet Niemann seine Botschaft mit dem Mantra: „Never give up“ – auch Krisen könnten ein Anfang für neue Wege sein.
„Bipolarität“ und der Arbeitsmarkt in der Hotellerie
Neben den wirtschaftlichen Krisen spricht Niemann einen tiefer gehenden Wandel in der Arbeitswelt an, den er als "Bipolarität" beschreibt. Er betont die Loyalität und Leidenschaft vieler langjähriger Mitarbeiter. Dem gegenüber stehe jedoch eine Haltung, welche Arbeit nicht als "Möglichkeit, sondern als Zumutung empfindet", Ansprüche kenne, aber keine Verpflichtungen. Er kritisiert eine Entwicklung, bei der weniger Zeit, mehr Geld und maximale Flexibilität gefordert würden, jedoch im Zweifelsfall einfach krankgemeldet werde.
Niemann äußert sich nachdenklich über diese gesellschaftliche Entwicklung und fragt, ob die vielbeschworene Work-Life-Balance nicht Ausdruck davon sei, dass Arbeit nicht mehr identitätsstiftend wirke, sondern "bestenfalls erträglich sein soll". Die Selbstständigkeit sei, so Niemann, mehr als ein Geschäftsmodell; sie sei ein Abenteuer und ein Spiegel unserer Gegenwart und ihrer Gesellschaft. Er ergänzt seine Beobachtung zur Arbeitswelt mit dem Pareto-Prinzip (80/20-Regel) in Bezug auf sein Team: "80% der Menschen, die dich umgeben sind wunderbar; 20% sind unendlich Energie raubend."
Branchenzuspruch und geteilte Erfahrungen
Die offene Kommunikation Niemanns wurde in der Hotellerie und darüber hinaus mit großem Zuspruch aufgenommen. Zahlreiche Kommentare auf LinkedIn sprachen ihm Kraft und Erfolg für den Neuanfang zu. Viele zeigten Verständnis für die geschilderten Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitskultur. Niemann bedankte sich für die Unterstützung und das Verständnis, das ihm auch von ihm unbekannten Personen zuteilwurde.
Die Beobachtung der "Bipolarität" in der Arbeitswelt wird von Branchenkollegen geteilt, was sich in den Kommentaren widerspiegelt. So schreibt ein Manager: "Die Bipolarität, die Die schildern, erlebe ich in einigen Unternehmen ähnlich: Auf der einen Seite enorme Loyalität und Leidenschaft, auf der anderen Seite Anspruchshaltung ohne echtes Commitment." Eine andere Führungskraft aus der Hotellerie bestätigt Niemanns Eindrücke: "Auch wenn ich nicht selbstständig bin, kann ich vieles, was du schreibst, nur bestätigen. Der Arbeitseinstellung einiger mitarbeitende lässt sich manchmal fragen, wie es weitergehen soll." Eine Geschäftsführende Gesellschafterin merkt an, dass man "den harten Kern an loyalen und leistungsfähigen/leistungswilligen Mitarbeitern fordern und fördern" müsse, da "alle anderen kommen und gehen leider…."
Weitere Nutzer äußerten tiefen Respekt für die offene Kommunikation und den Mut. Ein Hotelier kommentiert: "Ein wichtiger, öffentlich mutiger, aber konsequenter Schritt, lieber Frieder. Genau dafür gibt es diese Tools im Interesse aller." Ein Experte für die Zukunft der Hospitality-Branche schreibt: "mein respekt für die klare Analyse und den kühlen Kopf, den Sie sich bewahrt haben." Und eine weitere Nutzerin bemerkt: "Was für ein kraftvoller, ehrlicher und tiefgründiger Einblick. Es braucht Mut, so offen darüber zu sprechen." Viele sehen in der Situation eine Chance zum Neubeginn und wünschen Niemann Zuversicht und Kraft für den Sanierungskurs.













