Die digitale Realität in der österreichischen Hotellerie ist komplex und vielschichtig, wie die neue ÖHV-Technologieumfrage 2025 der Österreichischen Hotelvereinigung (ÖHV) aufzeigt. Generalsekretär Markus Gratzer präsentierte die zentralen Ergebnisse der Studie auf LinkedIn. Die Analyse beleuchtet, wie digital die Betriebe wirklich sind – vom Marketing über die interne Organisation bis zur IT-Sicherheit. Die Ergebnisse widerlegen gängige Annahmen und identifizieren die aktuellen Herausforderungen der Branche.
Einsatz Künstlicher Intelligenz: Pragmatische Helfer im Fokus
Entgegen der Vermutung, Künstliche Intelligenz (KI) sei in der Hotellerie noch ein Zukunftsthema, ist sie laut Umfrage bereits im operativen Einsatz. Überraschende 63 Prozent der Hotels nutzen bereits aktiv KI-Anwendungen oder befinden sich in einer Testphase (31 Prozent im aktiven Einsatz, 32 Prozent testen).
Der Fokus liegt dabei auf praktischen Werkzeugen zur Effizienzsteigerung. Die Top-Anwendungsfälle sind die automatisierte Texterstellung (zum Beispiel Marketing) mit 60 Prozent, Chatbots mit 46 Prozent sowie automatisierte Übersetzungstools für die Gästekommunikation mit 43 Prozent.
Die größten Hürden bei der Implementierung sind nicht primär die Kosten. Vielmehr nannten die Hoteliers das „fehlende Fachwissen“ (48 Prozent) und die „Angst vor dem Verlust der ‚menschlichen Note‘“ (41 Prozent) als zentrale Herausforderungen. Dies deutet darauf hin, dass die Sorge um die persönliche Gästebetreuung wächst, je stärker KI in die gästeorientierte Kommunikation integriert wird.
Kontrast: Hohe Digitalisierung beim Gast, Nachholbedarf intern
Österreichs Hotels haben stark in die Digitalisierung des Gästeerlebnisses investiert. Zwei Drittel (67 Prozent) automatisieren bereits die Kommunikation mit dem Gast mittels Pre-, In- und Post-Stay-E-Mails. Die digitale Fassade präsentiert sich demnach modern und gut ausgebaut.
Im Gegensatz dazu wird die Digitalisierung der internen Prozesse, wie die Studie feststellt, „stiefmütterlich behandelt“. Hier klafft eine deutliche Lücke, die auf ungenutztes Effizienzpotenzial hinweist. Die Zahlen belegen den internen Nachholbedarf: Nur 55 Prozent nutzen ein dediziertes System für die Personalverwaltung, lediglich 51 Prozent setzen auf ein digitales System für die Warenwirtschaft und digitale Housekeeping-Checklisten kommen nur bei 43 Prozent der Hotels zum Einsatz.
Dieses Ungleichgewicht kann laut ÖHV dazu führen, dass ein modernes digitales Gästeerlebnis durch ineffiziente, manuelle Prozesse im Back-Office untergraben wird.
Familienbetriebe zeigen strategisches Datenmanagement
Eine positive Überraschung liefert die Studie im Bereich des Gästedatenmanagements. Während insgesamt 51 Prozent der Hotels ein Customer-Relationship-Management-System (CRM) verwenden, zeigt die Analyse nach Unternehmensstruktur einen überraschenden Gleichstand: Bei Hotelgruppen und -ketten setzen 69 Prozent ein CRM ein. Bei den familien- und einzelgeführten Betrieben liegt die Nutzungsrate ebenfalls bei beeindruckenden 69 Prozent.
Diese Erkenntnis widerlegt das Klischee, dass gerade kleinere, inhabergeführte Häuser technologisch im Hintertreffen sind. Die hohe CRM-Nutzungsrate in diesem Segment deutet auf eine strategische Investition in personalisierte Gästebindung hin.
Cyber-Risiken: 40 Prozent der Hotels betroffen
Die Bedrohung durch Cyberkriminalität ist für die Branche bereits betriebliche Realität. Eine alarmierende Zahl belegt: 40 Prozent der befragten Hotels hatten in den letzten zwei Jahren einen IT-Sicherheitsvorfall.
Die häufigsten Angriffsarten sind demnach Phishing-Angriffe mit 23 Prozent und Malware-Befall mit 16 Prozent.
Obwohl Hotels bei der Basisabsicherung gut aufgestellt sind (zum Beispiel 89 Prozent nutzen aktuelle Antiviren-Software), nennen 53 Prozent der Hoteliers als größte Herausforderung, „up-to-date bleiben mit stetig wachsender Bedrohungslage“. Cybersicherheit ist somit eine kontinuierliche strategische Herausforderung, die vor allem die Sensibilisierung der Mitarbeiter betrifft, welche Hauptziel von Phishing-Angriffen sind.
Hosting-Modelle: Der On-Premise-Server dominiert noch
Entgegen dem branchenweiten Trend zum „Cloud-First“-Ansatz zeigt die österreichische Hotellerie eine Zurückhaltung bei Cloud-Lösungen.
Die Verteilung der Hosting-Modelle für die zentrale Hotelsoftware (PMS) ist eindeutig: 42 Prozent setzen auf lokale On-Premise-Server. Nur 28 Prozent nutzen eine reine Cloud-Lösung, während 25 Prozent eine hybride Kombination aus beidem verwenden.
Diese Präferenz deutet darauf hin, dass viele unabhängige Hoteliers die Datenhoheit und die Abhängigkeit von der Uptime Dritter als entscheidende Risiken bewerten.
Investitionen fließen in die „digitale Fassade“
Die Studie zeigt ein klares Bekenntnis zur Digitalisierung: 69 Prozent der Hotels investieren jährlich bis zu 50.000 Euro in IT und digitale Lösungen. Ein Großteil dieses Kapitals fließt jedoch in die „digitale Fassade“, während kritische interne Systeme für Prozesse und Datenmanagement zurückliegen. Die zentrale Herausforderung liegt laut ÖHV darin, von isolierten Einzelanwendungen wegzukommen und eine IT-Gesamtstrategie zu entwickeln, um das volle Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen.












