Hotelier Otto Lindner hat mit der FAZ über die Lage seiner Hotelkette und die Situation der Branche gesprochen. Auch der Vorsitzende des Hotelverbandes kämpft um das Überleben seines Unternehmens, spricht aber zudem von einem „heilsamen Schock“ für manchen Betreiber in der Hotellerie.
„Die vergangenen Monate haben uns an die Grenze der Belastbarkeit geführt“, sagt Lindner in dem Interview und geht davon aus, dass der Verlust bei Lindner in diesem Jahr dem Gewinn des letzten Jahres entsprechen werde. Der Hotelverbandschef geht aber auch mit seiner Branche ins Gericht und führt aus, dass die Hotellerie im vergangenen Jahrzehnt von Rekordzuwächsen verwöhnt gewesen sei, was viele Hoteliers berauscht und einige zu teuren Einkäufen verführt hätte. Nun würden einige Betreiber zum Gefühl für Normalität zurück finden, das zeitweise verlorengegangen sei.
Linder nimmt aber auch die Verpächter in die Pflicht und sagt, dass Vermieter ihre Verantwortung in dieser Krise erkennen und zum Verzicht auf Zahlungen bereit sein sollten. Darüber hinaus müssten die Beschränkungen bei der Gewährung von staatlichen Finanzierungshilfen für einzelne Betriebsstätten endlich fallen.
Die noch vermeidbare Insolvenz von bis zur Corona-Pandemie kerngesunden Unternehmen sei nicht nur eine Frage der ökonomischen oder haushalterischen Vernunft, sie sei auch eine Frage der Gerechtigkeit und menschlich für die in der Hotellerie tätigen Arbeitnehmer und Unternehmer das Gebot der Stunde, schrieb Lindner neulich in einem Blogpost.
Neben der gerade verlängerten Überbrückungshilfe müsse die Politik zwei Themenkomplexe unverzüglich angehen Insbesondere mit institutionellen Eigentümern wie Immobilienfonds sei bislang in vielen Fällen keine Pachtminderung und somit keine faire Lastenteilung erreicht worden. „Wenn nicht jetzt § 313 BGB („Störung der Geschäftsgrundlage“) auf gewerbliche Mieten anzuwenden ist, wann dann?“, fragt Lindner. Zwar werde in der juristischen Fachwelt mehrheitlich ein Anspruch auf Pachtminderung bejaht, doch bis es hier zu höchstrichterlichen Entscheidungen kommt, würden noch wertvolle Jahre vergehen. Folglich sollte der Gesetzgeber jetzt im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten kurzfristig eine entsprechende gesetzliche Klarstellung aktiv herbeiführen.
Ferner sei die von der Bundesjustizministerin vorgeschlagene Aussetzung des Überschuldungstatbestandes im Insolvenzrecht bis zum 31. März 2021 unabdingbar, um eine volkswirtschaftlich verheerende Insolvenzwelle ab dem 1. Oktober 2020 einzudämmen. Aber die Hotels bräuchten ja auch zwingend eine Perspektive nach dem 1. April 2021. Glücklicherweise befinde sich das Insolvenzrecht gerade ohnehin auf dem parlamentarischen Prüfstand, denn die EU-Restrukturierungsrichtlinie müsse bis Juli 2021 ins deutsche Recht umgesetzt werden. Das sei eine gute Gelegenheit, das Verfahren nicht nur zu beschleunigen, sondern den Überschuldungstatbestand gleich ersatzlos aus dem Insolvenzrecht zu streichen, wie es übrigens bei fast allen westeuropäischen Ländern schon heute der Fall sei, sol Lindner.
Viel Zeit bleibe nicht mehr, um die schlimmsten Sturmflutschäden des pandemischen Herbstes noch abzuwenden. Die Themen müssten nach der parlamentarischen Sommerpause daher ganz oben auf der politischen Agenda stehen, fordert Lindner.