Schleswig-Holsteins Landesregierung sieht sich in ihrem Corona-Kurs von Gerichtsentscheidungen bestätigt und bereitet die Verschärfung von Schutzmaßnahmen vor. Zwei wichtige Vorschriften bleiben vorerst unangetastet: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) wies Eilanträge gegen das Beherbergungsverbot für Touristen aus Risikogebieten und gegen die Maskenpflicht an Schulen zurück.
Nach der Beherbergungsregel dürfen Touristen aus Gebieten mit hohen Corona-Zahlen - ab 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen - nur dann in Hotels oder Ferienwohnungen übernachten, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Test vorlegen.
Eine Familie aus Nordrhein-Westfalen, die auf Sylt Urlaub machen wollte, hatte gegen das Beherbergungsverbot geklagt, dessen Aufhebung andere Länder wie zuletzt Bayern und Hessen beschlossen haben; in einigen Ländern wurde es von Verwaltungsrichtern gekippt.
Ohne das Verbot könnten Touristen aus Risikogebieten unkontrolliert ins Land kommen, argumentierten die Schleswiger Richter in der Nacht zum Freitag. Dies könne bei den vielen Neuinfektionen das Gesundheitswesen gefährden. In Niedersachsen und Baden-Württemberg wurde das Verbot für rechtswidrig erklärt.
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Laut OVG muss die Regierung nicht warten, bis sich die Situation im Land ähnlich entwickelt wie in Risikogebieten. In der Gesamtbetrachtung überwiege das Interesse der Gesamtbevölkerung am Schutz vor dem Virus das Interesse an einer Urlaubsreise. Auch könne die Familie mit einem negativen Test den Urlaub zeitnah machen.
Das Beherbergungsverbot des Landes sei ein verhältnismäßiges Mittel, kommentierte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). «Wir müssen eben präventive Maßnahmen auf den Weg bringen, um es gar nicht dazu kommen zu lassen, dass das Infektionsgeschehen außer Kontrolle gerät.» Ein zweiter Lockdown wäre für Gastronomie und Hotels existenzbedrohend und viel schlimmer als das Testgebot für Touristen, sagte Garg. Deutschlandweit seien die Infektionszahlen hoch wie nie. Die Intensivbetten würden zunehmend wieder mit Covid-19-Patienten belegt.
Die OVG-Begründung sei politischer Natur, sagte für den Hotel- und Gaststättenverband Hauptgeschäftsführer Stefan Scholtis. Deshalb sei die Entscheidung «fast schon ein Skandal». Auch die Industrie- und Handelskammern der Nord-Länder forderten das Aus für das Verbot.
Das Gericht bestätigte vorerst auch die Pflicht zum Tragen einer Maske im Unterricht, auf dem Schulgelände und bei schulischen Veranstaltungen außerhalb. Eine Schülerin hatte geltend gemacht, die Regelungen seien zu streng. Der 3. Senat wies darauf hin, dass die - ab Montag geltende - Maskenpflicht im Unterricht ab der 5. Klasse «unterhalb der Schwelle einer Schulschließung als Maßnahme» liege. Dass mehrstündiges Tragen einer Alltagsmaske gravierende körperliche Einschränkungen auslösen könne, sei medizinisch nicht belegt.
Klassenräume müssen künftig im Unterricht alle 20 Minuten gut gelüftet werden und durchweg in den Pausen. Seit Schuljahresbeginn wurden laut Bildungsministerium 141 der 365 000 Schüler positiv auf Corona getestet - das entspricht ebenso 0,04 Prozent wie 13 Positiv-Tests bei 28 000 Lehrern. Maskenpflicht gilt für zunächst zwei Wochen auch an den Hochschulen.
Die von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) angekündigte Verschärfung der Maskenpflicht in Gaststätten und auf Wochenmärkten soll laut Sozialministerium nächste Woche beschlossen werden. Nach den Vereinbarungen von Bund und Ländern sollen zudem in Kreisen und kreisfreien Städten ab 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen Gaststätten um 23.00 Uhr schließen, ab 50 müssen sie es.
Die Zahl der gemeldeten Corona-Infizierten im Land stieg um 55 weitere Fälle. Bisher haben sich hier laut Landesregierung 5510 Menschen nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 angesteckt. Auf Sylt sind vier weitere Tests von Teilnehmern einer Party mit einem infizierten Gast negativ, wie der Kreis Nordfriesland mitteilte. Damit gab es in 103 von 108 Fällen Entwarnung. Die letzten vier Testergebnisse sollen am Sonntag kommen.
Verschärfte Maskenpflicht gilt seit Freitag in der Innenstadt von Neumünster, nachdem dort der Warnwert von 35 Neuinfektionen berechnet auf 100 000 Einwohner überschritten wurde. Auf dem Wochenmarkt habe das schon gut funktioniert, sagte ein Stadtsprecher.
Im Kreis Dithmarschen gibt es in zwei Tagespflege-Einrichtungen neun Corona-Fälle. Beide bleiben bis 28. Oktober geschlossen. Im Klinikum Bad Bramstedt hat eine Mitarbeiterin Corona, wie der Kreis Segeberg mitteilte. Kontaktpersonen sind 20 Kollegen und 10 Patienten. (dpa)