Bier aus Brot: Bauer retten Lebensmittel

| Industrie Industrie

Felix vom Endt öffnet den Zapfhahn und frisches Bier sprudelt aus dem Tank direkt ins Glas: noch etwas trüb, aber mit einer cremigen Schaumkrone. «Das sieht schon sehr brotig aus», sagt der 35-Jährige und lacht. Denn seinen außergewöhnlichen Inhaltsstoff sieht man dem Bier nicht an. Die kleine Craftbier-Brauerei Orca Brau in Nürnberg braut Bier aus Brot, das sonst in der Mülltonne landen würde.

Das mag ungewöhnlich klingen. Für den jungen Brauerei-Chef ist es aber nur konsequent: «Man spart mit etwas, das sonst weggeworfen würde.» Etwa 30 Prozent des Braumalzes ersetzt vom Endt mit Brot, das in den 35 Filialen der Bäckerei Fehl in der Region nicht verkauft wurde. Vieles gehe an die Tafeln, an Wärmestuben oder Bauern, sagt Geschäftsführer Andreas Feihl. «Aber die können nicht alles abnehmen.»

Zusammen mit Felix vom Endt fand er eine Lösung, die in Deutschland, dem Land von Brot und Bier, eigentlich nur logisch ist. Während des Lockdowns backten Bäcker vielerorts Bierbrote, damit das wegen der geschlossenen Gastronomie übrig gebliebene Fassbier nicht weggeschüttet werden musste. Nun setzen Feihl und vom Endt auf umgekehrte Weise mit dem Brotbier «Der Rebell» ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung - und damit sind sie nicht alleine.

Brotbier hat laut vom Endt im skandinavischen und baltischen Raum eine lange Tradition. In den vergangenen Jahren ist diese Idee auch in Deutschland, Großbritannien und anderen europäischen Ländern verstärkt aufgekommen, um zumindest einen Teil der unzähligen Tonnen Brot, die niemand mehr essen will, vor dem Abfall zu retten. Meist sind es Start-ups, die die Spezial-Biere in kleiner Auflage brauen.

Deren Zahl ist in Deutschland nach Angaben des Deutschen Brauer-Bunds sehr überschaubar. Im Vergleich zu den großen Brauereikonzernen besetzt der Frankfurter Daniel Anthes mit seinem Brotbier «Knärzje» nur eine Nische, diese aber wächst. Waren es anfangs noch 400 Liter, die er pro Abfüllung braute, sind es inzwischen bis zu 5000 Liter alle drei bis vier Wochen. Inzwischen ist sein Bier sogar in Supermärkten vertreten, ab Herbst wahrscheinlich sogar bundesweit.

Anthes freut sich über den Erfolg, gibt aber auch zu: «Wir werden mit dem Bier nicht die Welt retten.» 500 Laib Brot verwendet er pro Brauvorgang. Umgerechnet rette eine Flasche Bier damit eine Scheibe Brot, sagt Anthes. Es gehe ihm vor allem darum, ein Zeichen zu setzen und den großen Brauereien zu zeigen, dass es auch anders gehe.

Die Idee für «Knärzje» kam Anthes bei einem Wochenendtrip in London, wo er zum ersten Mal «Toast Ale» trank. Die 2016 gegründete Brauerei verwendet für ihre Biere eigenen Angaben nach die Enden von Toastbroten, die die Industrie normalerweise entsorgen würde, und Brot, das in lokalen Bäckereien nicht verkauft wurde. Mehr als zwei Millionen Scheiben Brot seien dadurch schon gerettet worden, heißt es auf der Homepage.

Abfälle vermeiden und gleichzeitig Rohstoffe sparen - der Nürnberger Felix vom Endt sieht im Brotbier viel Potenzial für mehr Nachhaltigkeit. «Das wäre eine Möglichkeit nicht nur für uns, auch für die großen Brauereien.»

Der Deutsche Brauerbund ist da skeptisch. «Aus unserer Sicht lässt sich der Malzbedarf aus verschiedenen Gründen nicht einfach durch Brot ersetzen», sagt Sprecher Marc-Oliver Huhnholz. Neben den technischen und lebensmitteltechnologischen Herausforderungen spreche auch dagegen, dass Brot für größere Produktionsmengen und längere Produktionszeiten eingelagert werden müsste. «Ein Aufwand, der aus unserer Sicht nur in einem kleineren Rahmen realisierbar erscheint.»

In Nürnberg füllt vom Endt gerade neues Brotbier in Flaschen ab, mit 2000 Litern diesmal doppelt so viel wie bei der ersten Abfüllung. Diese sei innerhalb von drei Tagen an der Brauerei ausverkauft gewesen, sagt er.

Interessant scheinen die Kundinnen und Kunden das Spezial-Bier jedenfalls zu finden. Aber schmeckt es auch? «Es ist vollmundiger und vom Mundgefühl cremiger», meint vom Endt. Wie Brot schmecke es nicht, eher wie ein Märzen oder ein Festbier. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Niedersachsens Landwirte ernten den ersten Grünkohl der Saison. Kunden müssen sich dieses Jahr jedoch auf etwas höhere Preise einstellen. Zudem wird mit weniger Ertrag als noch im Vorjahr gerechnet.

Italiens Finanzpolizei hat Aktien des weltweit tätigen Spirituosenkonzerns Campari im Wert von annähernd 1,3 Milliarden Euro beschlagnahmt. Hintergrund sind Vorwürfe, dass bei Geschäften im Ausland in großem Stil Steuern hinterzogen worden seien.

Pressemitteilung

Am 1. und 2. März 2026 steht die dritte Ausgabe der EUROVINO in der Messe Karlsruhe an: Potenzielle Besuchende können sich schon jetzt ihr Ticket für das Messewochenende buchen und vom Frühbucherrabatt bis Ende Dezember profitieren, potenzielle Ausstellende jederzeit ihren Standplatz sichern!

Eine neue Chefin mit internationaler Erfahrung und eine Million Euro vom Bund. Was das Deutsche Weininstitut gegen die Absatzprobleme der Branche unternimmt.

Die Kaffeepreise sind zuletzt stark gestiegen - nun geben sie erstmals nach längerer Zeit leicht nach. Für Verbraucherinnen und Verbraucher wird das beliebte Heißgetränk wieder etwas günstiger.

Vor Jahrzehnten tobte um die Biermarken «Bud» und «Bit» ein Rechtsstreit. Jetzt bringt der weltgrößte Braukonzern AB Inbev unter dem Namen «Anheuser-Busch Bud» sein Lagerbier zurück auf den deutschen Markt. Der Verkaufsstart erfolgt bei einer Supermarktkette.

Die diesjährige bundesweite Weinmosternte wird die kleinste Menge seit dem Jahrgang 2010 erreichen. Dies geht aus den finalen Ernteschätzungen des Deutschen Weininstituts hervor. Das Statistische Bundesamt ging in seiner Schätzung vom 20. September 2025 noch von einer Zunahme der Erntemenge aus.

Die BMC Hotelservice & Dienstleistung GmbH hat beim Amtsgericht Landshut einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Als Ursache für die wirtschaftliche Schieflage nannte das Unternehmen mit Sitz in Freising vor allem stark gestiegene Lohnkosten und eine nur verzögerte Preisweitergabe an die Auftraggeber.

Der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé plant den weltweiten Abbau von 16.000 Stellen innerhalb der nächsten zwei Jahre. Konzernchef Philipp Navratil teilte diese Entscheidung bei der Veröffentlichung der Neunmonatszahlen mit.

Pressemitteilung

Gelungene Premiere am Viktualienmarkt in München: Am 15. Oktober brachte das 370GRAD Pop-Up in der Kustermann Eventlocation rund 30 Aussteller und zahlreiche Entscheider aus Hotellerie, Gastronomie und Catering zusammen – für einen Tag voller Innovationen, Austausch und neuer Impulse.