Nach wochenlangen Verboten und Beschränkungen hat das bayerische Kabinett eine weitreichende Lockerung der harten Anti-Corona-Maßnahmen beschlossen. «Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für ein vorsichtiges Öffnen. Die Erfolge sind eindeutig», sagte Ministerpräsident Markus Söder nach der Kabinettssitzung am Dienstag in München. Insbesondere dürfen Hotels und Gaststätten noch vor Pfingsten wieder öffnen. Gaststätten und Hotels dürfen schrittweise wieder öffnen: Außenbereiche von Gaststätten am 18. Mai, Speiselokale im Innenbereich am 25. Mai, Hotels am 30. Mai. Das beschloss das Kabinett am Dienstag in München.«Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für ein vorsichtiges Öffnen. Die Erfolge sind eindeutig», sagte Söder nach der Kabinettssitzung am Dienstag in München.
In Bayern sind laut Söder aktuell nur noch rund 6400 Menschen am Coronavirus erkrankt. Alleine im Vergleich zur vergangenen Woche habe sich die Zahl der Erkrankten halbiert. Nun sei es daher entscheidend, aus der Krise herauszukommen, langsam und sicher - das bleibe das oberste Gebot. «Heute ist Zeit zum Handeln», betonte der CSU-Chef. Ab kommenden Montag dürfen auch alle Geschäfte wieder öffnen, also auch alle größeren. Die bisherige Beschränkung auf eine Verkaufsfläche von maximal 800 Quadratmetern entfällt.
Das bayerische Konzept sei mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) abgestimmt. Söder betonte mit Blick auf die Konferenz von Bund und Ländern am Mittwoch, dass der bayerische «Pfad der Vernunft» auch für andere Länder eine Blaupause sein könne, die wie Bayern nicht überstürzt handeln wollten.
Noch vor der nächsten Telefonkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten preschen immer mehr Bundesländern mit eigenen Plänen für weitere Lockerungen von Corona-Beschränkungen vor. Nachdem Niedersachsen am Montag einen Stufenplan vorlegte, zog Mecklenburg-Vorpommern am Abend mit eigenen Vorstellungen nach. Das nordöstliche Bundesland öffnet wieder seine Gaststätten und beendet noch vor Pfingsten das mehrwöchige Einreiseverbot für auswärtige Touristen. Ein halbes Dutzend Landeskabinette will sich an diesem Dienstag mit Lockerungsschritten befassen.
PFINGSTURLAUB AM MEER - MECKLENBURG-VORPOMMERN WILL REISEN ERLAUBEN
Nach der Verständigung zwischen der Schweriner Landesregierung und dem Gastgewerbe sollen Gaststätten im Land von Samstag (9. Mai) an von 6 bis 21 Uhr unter strikten Hygieneauflagen und mit maximal sechs Erwachsenen je Tisch für Einheimische öffnen dürfen. Am 18. Mai sollen auch Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen für Einheimische öffnen. Zum 25. Mai soll dann das seit Mitte März geltende Einreiseverbot für Touristen aus anderen Bundesländern aufgehoben werden. Den Hotels soll eine Vermietung von maximal 60 Prozent ihrer Bettenkapazitäten erlaubt werden. Damit wäre nach dem verpassten Ostergeschäft Pfingsturlaub von Ende Mai an der Ostsee oder in der Mecklenburgischen Seenplatte wieder für alle Bundesbürger möglich.
Die entsprechenden Verordnungen sollen bei einer Kabinettsklausur am Donnerstag beraten und beschlossen werden. Bereits an diesem Dienstag will das Landeskabinett wohl den Startschuss zur Wiedereröffnung von Museen und Gedenkstätten geben. Auch soll darüber beraten werden, wann und unter welchen Bedingungen etwa auch Kosmetiksalons oder Nagelstudios wieder öffnen dürfen.
PERSPEKTIVE FÜR GASTSTÄTTEN AUCH IN SACHSEN-ANHALT
Die Landesregierung in Magdeburg will am Dienstag entscheiden, ob Restaurants, Bars und Cafés in Sachsen-Anhalt noch im Mai unter Auflagen wieder Gäste bewirten dürfen. In Aussicht steht der 22. Mai. In der Sitzung des Kabinetts soll es auch um Perspektiven für den Tourismus gehen. Bundesweit vorgeprescht war Sachsen-Anhalt zudem bei der Lockerung von Kontaktbeschränkungen. Seit Montag gilt eine Verordnung, wonach sich wieder fünf statt zwei Menschen treffen dürfen.
HAMBURG und BAYERN BLEIBEN VORSICHTIG
Der Hamburger Senat will am Dienstag in seiner Sitzung zunächst Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz aus der vergangenen Woche umsetzen. Dabei geht es um die Öffnung von Spielplätzen, Museen, Kirchen und Moscheen. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat bisher einen zurückhaltenden Kurs verfolgt. In einem «ARD extra» am Montagabend sagte der SPD-Politiker ferner mit Blick auf die Gastronomie: «Ich denke, wir können uns dort auch weitere Schritte erlauben.» Er warb zugleich für ein weiteres gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern.
Auch in der Sitzung des bayerischen Kabinetts geht es um die Umsetzung der Beschlüsse der vergangenen Woche. Zugleich will sich die Landesregierun in der bundesweiten Debatte um weitere Exit-Pläne für Schulen, Kindertagesstätten, Handel und Gastronomie positionieren. In Baden-Württemberg will das Landeskabinett über die Gewährleistung der Energieversorger in Corona-Zeiten sprechen.
BERLIN WILL KULTUREINRICHTUNGEN HELFEN
Der Berliner Senat will voraussichtlich ein Hilfsprogramm für Kultureinrichtungen in der Corona-Krise beschließen. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hatte bereits vor vier Wochen angekündigt, dass im Zuge des Programms 30 Millionen Euro zumeist in Form von Zuschüssen fließen sollen. Inzwischen sind die Details ausgearbeitet. Thema im Senat könnte auch eine Maskenpflicht für das Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen sein.
NIEDERSACHSEN SETZT ANDERE LÄNDER UNTER ZUGZWANG
Mehrfach hatte Ministerpräsident Stephen Weil (SPD) andere Bundesländer für ihr Vorpreschen kritisiert, am Montag ging seine Regierung in die Offensive und stellte einen Fünf-Stufen-Plan zur schrittweisen Öffnung vor. Demnach sollen vom 25. Mai an Hotels mit Einschränkungen wieder öffnen dürfen, Gastronomiebetriebe mit Einschränkungen bereits am 11. Mai. Beschlossen werden sollen die Maßnahmen aber erst nach der Bund-Länder-Schalte. Weil warb in den ARD-«Tagesthemen» am Montagabend für eine bundesweite Lockerungsstrategie, die alle Bereiche umfasst. Derzeit sei jeder getrieben vom Druck durch das vereinzelte Vorpreschen bei Einzelthemen, beklagte Weil. (dpa)