Bund und Länder verlängern Kontaktbeschränkungen bis Jahresmitte

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Wegen der Coronavirus-Pandemie müssen sich alle Menschen in Deutschland bei Treffen im Freien mindestens bis zur Jahresmitte weiter stark zurückhalten. Die Kontaktbeschränkungen werden bis zum 29. Juni verlängert, wie Bund und Länder am Dienstagabend vereinbart haben. Schon ab dem 6. Juni können allerdings die Länder weitere Lockerungen gestatten - etwa, dass sich künftig maximal zehn Menschen oder Angehörige zweier Haushalte in der Öffentlichkeit treffen dürfen.

Verabredet wurde der Kompromiss von den Staatskanzleien der Länder und dem Kanzleramt. Thüringen hält sich aber einen Sonderweg für weitergehende Lockerungen offen - und gab dies zu Protokoll. Auch Niedersachsen und Hessen wollen nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» anders verfahren - allerdings strenger.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat Verständnis, dass die Länder selbst die Beschränkungen steuern wollen. «Das Ziel haben wir gemeinsam, die Zahl der Neuinfektionen zu reduzieren und im Griff zu behalten. Aber die unterschiedlichen Lagen erlauben dann natürlich auch eine unterschiedliche Herangehensweise», sagte der CDU-Politiker der «Augsburger Allgemeinen» (Mittwoch).

Mitten in der Debatte über Lockerungen der Corona-Beschränkungen berät Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch mit den sechs ostdeutschen Regierungschefs. Bei der Videokonferenz soll es unter anderem um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und um die Stärkung der Wissenschafts- und Forschungslandschaft im Osten gehen. Thema dürften aber auch Bestrebungen einiger der Länder sein, die Corona-Auflagen deutlich zu lockern und mehr mit Geboten als mit Verboten zu arbeiten.

Bundesweiter Vorreiter ist hier Thüringen: Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte sich in den vergangenen Tagen für eine neue Strategie ausgesprochen, wonach es keine vom Land zentral verordneten Corona-Beschränkungen mehr geben sollte, sondern nur lokale Regeln. Dieses Vorpreschen war bundesweit auf viel Kritik, aber auch auf Zustimmung gestoßen.

Bund und Länder bekräftigten am Dienstagabend ihre Empfehlung, die Zahl der Menschen, zu denen man Kontakt hat, möglichst gering und den Kreis möglichst konstant zu halten. Auch bei privaten Zusammenkünften zu Hause in geschlossenen Räumen sollen die Hygiene- und Abstandsregeln beachtet werden, hieß es. Die Zahl der Personen sollte der Größe der Räume entsprechen «und für ausreichend Belüftung gesorgt werden». Wo die Möglichkeit bestehe, sollten private Zusammenkünfte im Freien erfolgen, wegen des erheblich geringeren Infektionsrisikos. «In jedem Falle soll die Nachvollziehbarkeit der Teilnehmer gewährleistet sein», hieß es.

Die Umsetzung der Maßnahmen liegt wie bisher bei den Ländern. Auch strengere Beschränkungen sind möglich, «wo die regionale Dynamik im Infektionsgeschehen dies erfordert».

Dem Beschluss liegt nach der Mitteilung die Einschätzung zugrunde, dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland auch einen Monat nach Beginn der Lockerungsmaßnahmen auf niedrigem Niveau ist. Dieser Erfolg beruhe wesentlich darauf, dass in allen relevanten Bereichen Abstands- und Hygieneregeln umgesetzt und eingehalten worden sind, stellen Bund und Länder fest.

Der baden-württembergische Innenminister und stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl mahnte aber zur Vorsicht. «Natürlich verstehe ich, dass sich die Menschen nach Normalität sehnen», sagte Strobl der «Rhein-Neckar-Zeitung» (Mittwoch). Die Einschränkungen seien aber notwendig, um Menschenleben zu schützen. «Die ernste Wahrheit heißt: Wir dürfen uns noch nicht auf ein Leben nach Corona freuen, sondern müssen uns auf ein Leben mit Corona einstellen.» Strobl verwies auch darauf, dass die Einschränkungen in Deutschland weniger einschneidend waren als in anderen Ländern.

In der Protokollerklärung Thüringens heißt es unter anderem, man behalte sich vor, abweichende Regelungen für den Aufenthalt im öffentlichen Raum zu beschließen, sofern dies das Infektionsgeschehen zulasse. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte erklärt, staatliche Verordnungen seien Noteingriffe, die nur berechtigt seien, wenn das Infektionsgeschehen das erfordere.

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch), der Föderalismus habe gerade in der Krise bewiesen, agiler zu sein als zentrale Strukturen. Gerade das Saarland und Bayern hätten als erstes Schulen geschlossen und Ausgangsbeschränkungen erlassen. «Durch diese Schnelligkeit haben wir Maßstäbe in der Pandemie gesetzt, als viele noch zögerten.» (dpa)


 

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